Sommerprickeln
fügte Sophie hinzu. »Annajane mag den Flitzer auch gern.«
Mason tauschte einen Blick mit seiner Exfrau. Ihre Wangen wurden rot, sie schaute zur Seite. Er fragte sich, ob sie sich erinnern konnte.
Bei der zweiten wichtigen Begegnung mit Annajane Hudgens war Mason den Chevelle gefahren. Wie alt war sie damals gewesen? Neunzehn vielleicht? Dementsprechend müsste er dreiundzwanzig gewesen sein.
Es war Sommer, und aus irgendeinem Grund hatte er sich überreden lassen, mit dem Cabrio beim Umzug zum Unabhängigkeitstag am vierten Juli mitzufahren und die örtliche Schönheitskönigin Tamelah Dorman zu chauffieren, die zur Miss Passcoe gekrönt worden war, obwohl sie eigentlich Miss Bräunungsspray hätte heißen müssen. Er hatte mit Sicherheit noch kein Mädchen gesehen, das eine künstlichere Bräune hatte als sie.
Dennoch hatten Tamelah und er sich damals einen schönen Tag gemacht. Sie saß hinten auf der Abdeckung des Chevelle in einem kurzen, tief ausgeschnittenen knallroten Glitzerkleid, das ihre figürlichen Vorzüge zur Geltung brachte, Mason trug Shorts und ein weißes Poloshirt mit dem Aufdruck von Quixie. Er hatte einen Flachmann mit Rum, Quixie und gecrushtem Eis dabei, den er mit der guten Tamelah geleert und neu gefüllt hatte, noch bevor sie ein Viertel der Umzugsstrecke zurückgelegt hatten.
Der Umzug anlässlich des Unabhängigkeitstags war immer eine große Sache in Passcoe, aber in jenem Jahr war er noch größer als sonst, weil es der hundertste Jahrestag der Stadtgründung war. Tausende säumten die Main Street, saßen auf Liegestühlen, standen im Schatten der Geschäfte oder hockten auf der Bordsteinkante.
Mason hatte gehofft, einen Platz entweder ganz vorn oder am Ende des Umzugs zu bekommen, aber er hatte kein Glück gehabt. Er war genau in die Mitte gesetzt worden, zwischen die wilden Wirbelwinde von Patti-Jean – drei Dutzend steppende und mit Stöcken wirbelnde Kindergartenkinder – und die Clowngruppe der Freimaurerloge, zehn Männer im mittleren Alter mit weißen Gesichtern, weiten Hosen und hässlichen roten Perücken, die auf aufgemotzten Rasenmähern fuhren.
Es ging nur quälend langsam voran. Die Nummern der Wirbelwinde beschränkten sich auf zwei Lieder, die unablässig aus einem riesigen Lautsprecher dröhnten, der auf einem von Patti-Jean persönlich gezogenen Bollerwagen montiert war: ein Sousaphon-Marsch und I’m a Yankee Doodle Dandy . Hinter Mason fuhr die Clowngruppe im Zickzackkurs über den Asphalt, vollführte Wheelies und schwindelerregende Achten, die eine beißende Dieselwolke in der Luft hinterließen.
Die Sonne brannte vom Himmel, und Mason machte sich Sorgen, bei dem Schneckentempo könne der getunte Motor des Chevelles zu heiß werden.
Aufgrund der großen Hitze hatten Tamelah und er inzwischen eine ganze Flasche Rum gekillt und beglückwünschten sich dazu, obwohl sie noch fast einen Kilometer vor sich hatten, ehe sie den Memorial Park erreichten, wo der Umzug zu Ende war und sich ein großes Volksfest anschloss. Wenn Mason sich recht erinnerte, war Tamelah da schon so voll, dass sie nicht mehr majestätisch winkte, sondern den braven Bürgern von Passcoe, die in Liegestühlen entlang der Main Street saßen, den Stinkefinger zeigte. Zweimal hatte sie männlichen Bewunderern, die neben dem Wagen herliefen, um Fotos von ihr zu machen, den Gefallen getan, den Ausschnitt so weit runterzuziehen, dass man ihre Brüste sehen konnte. Mason hatte bereits mit ihr verabredet, sich nach dem Umzug in seiner Wohnung zu treffen.
Irgendwann auf der Umzugsstrecke hatte er nach rechts geschaut und bemerkt, dass er nicht der einzige Repräsentant von Quixie war, der an dem Umzug teilnahm.
Mit einem Handkarren lief das Firmenmaskottchen Pixie höchstpersönlich mit und verteilte Quixie-Dosen und Fünfzig-Cent-Gutscheine.
Irgendjemand in der Firma hatte einen armen Idioten gefunden, der in das Pixie-Kostüm gestiegen war. Wer auch immer darin steckte, musste inzwischen knietief im eigenen Schweiß waten. Das Kostüm bestand aus einem langärmeligen grünen Filzgewand, knallroten Strümpfen, riesengroßen grünen Stiefeln mit nach oben weisenden Spitzen und einem großen Pixie-Kopf aus Schaumgummi, gekrönt von einer spitzen rot-grünen Elfenkappe.
Mason schmolz bei den fünfunddreißig Grad im Schatten schon dahin, dabei trug er nur eine kurze Hose, Flipflops und ein Poloshirt.
Er ließ den Wagen ausrollen und wartete, bis das Maskottchen direkt neben ihm war. »He,
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