Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Dämonen schutzlos ausgeliefert. Niemand ist jetzt noch vor ihnen sicher – weder deine Familie, noch dein Kind und nicht einmal deine Großmutter könnte eine solche Kreatur noch aufhalten.“
„So gut deine Worte auch gemeint sein mögen, Bon, jetzt ist sie hier und wir müssen uns irgendwie damit arrangieren. Bis zum Einbruch der Dunkelheit werden noch einige Stunden vergehen. Wir können später noch über ihren Verbleib beraten.“
„Trotzdem kann sie nicht hierbleiben solange wir reden“, schaltete Anne sich ein. „Und zum Wohle aller anderen Bewohner sollte sie sich am besten überhaupt nicht im Schloss aufhalten. Ihre Anwesenheit wird auch so schon genug Aufsehen erregen. Deshalb halte ich es für das Beste, wenn wir sie zusammen mit dem Leitwolf in das Labyrinth schicken.“
„Fenrir?“, fragte Arrow erstaunt. „Ist das wirklich notwendig?“
„Schneewölfe sind sehr sensible Tiere und außerdem entfernte Verwandte des Fenriswolfs“, erklärte Anne. „Sie haben eine besondere Verbindung zur Unterwelt. Sollte von dem Kind eine Gefahr ausgehen, wird der Wolf es zuerst bemerken.“
„Aber Emily hat mir gesagt, dass sie sich vor Hunden fürchtet, und ich fühle mich einfach nicht wohl bei dem Gedanken daran, ihr eine solche Last aufzubürden.“
„Das ist eine Sache, die du vorher hättest bedenken sollen“, entgegnete Bon. „Außerdem sitzen wir so gesehen nun auch mit ihr im selben Boot, denn ich versichere dir, dass es außer dir niemanden hier gibt, der sich nicht vor ihr fürchtet.“
Als Emily den Wolf erblickte, erstarrte sie. Mit geweiteten Augen betrachtete sie das schneeweiße Tier und flüchtete sich schutzsuchend hinter Arrow.
„Das hast du aber mit keinem einzigen Wort erwähnt! Wenn es nämlich so gewesen wäre, hätte ich mich niemals zu dieser Reise bereit erklärt.“
„Du hast mein Wort, dass er dir nichts tun wird“, versuchte Arrow sie zu beruhigen. „Er wird dich nur bei deinem Spaziergang begleiten und darauf achten, dass du dich nicht verirrst.“
„Aber ich verirre mich nicht. Das tue ich nie! Was das angeht, hat mein Gedächtnis mich noch nie im Stich gelassen.“
Arrow brach es fast das Herz. Die Kleine hatte wirklich unbeschreibliche Angst vor dem Tier und da sie es war, die Emily mit sich genommen hatte, fühlte sie sich für sie verantwortlich.
„Kann ich nicht einfach bei dir bleiben?“
Sie hockte sich zu ihr hinunter und versuchte, ihren ängstlichen Blicken mit Zuversicht zu begegnen.
„Das geht leider nicht. Es gibt da noch etwas, das ich tun muss, allein. Aber wenn es dir die Sache einfacher macht, lasse ich das bis morgen warten und verbringe den Tag mit dir. Sobald die Nacht über uns hereinbricht, nehme ich dich wieder mit an die Oberfläche, von wo aus die Perchten dich heimbringen werden.“
Emily musterte sie stirnrunzelnd. „Ich soll schon wieder gehen?“
„Natürlich nicht“, winkte Arrow ab. „Es ist nur so, dass ich diese Sache wirklich nicht länger als bis morgen aufschieben kann. Und in deiner Anwesenheit ist sie unmöglich zu erledigen.“
„Die anderen fürchten sich vor mir“, stellte das Mädchen unbeeindruckt fest.
„Das ist dir nicht entgangen, oder?“
„Naja, sie geben sich keine Mühe, das vor mir zu verbergen.“
„Oh Emily, das tut mir schrecklich leid. Es lag nicht in meiner Absicht, dich an einen Ort zu bringen, an dem du unerwünscht bist.“
„Es muss dir nicht leid tun“, entgegnete sie schulterzuckend. „Ich bin das gewohnt. Schließlich bin ich ein Geist und das ist nun mal die Art, wie Leute auf Geister reagieren. Vielmehr überrascht es mich, dass du mir so freundlich und aufgeschlossen begegnest.“
Arrow lächelte und strich der Kleinen über den Kopf. „Naja, wenn man dich erstmal kennengelernt hat, ist es schwer, dich nicht zu mögen. Also, was sagst du? Wollen wir beide auf Entdeckungsreise gehen?“
Emily senkte den Kopf und warf erneut schweren Herzens einen Blick auf Fenrir.
„Geh ruhig und tu, was immer so wichtig ist“, sagte sie tapfer. „Ich würde lieber noch eine Weile hier bleiben.“
„Bist du sicher?“, fragte Arrow verblüfft.
„Was den Wolf angeht nicht, diesen Ort betreffend schon. Nicht jeder bekommt in seinem Leben die Chance, durch die Gärten von Abaläss zu wandeln ... oder im Tod. Hier sein zu dürfen habe ich mir nicht einmal in meinen kühnsten Träumen ausgemalt. Es ist wunderschön und ich will die Gelegenheit nutzen.“
Dann lief Emily los und
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