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Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Stoye
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Anspannung wurde immer größer, denn auch auf den ersten Blick in die Höhle, die dahinter lag, war mit bloßem Auge nichts und niemand zu erkennen, dem es die Stirn zu bieten galt.
    Das Moor selbst wirkte allerdings anders als erwartet, gar nicht so tot und unheilvoll, wie der Name annehmen ließ. Die Knolle befand sich in der Mitte des Sees. Vom Grund aus streckte sie viele feine Tentakel aus, die mit ihren sternförmigen, saftig grünen Blättern in unzähligen Richtungen an die Wasseroberfläche führten. Zudem tauchte sie alles in ein dämmriges Licht. Fledermäuse und Nachtfalter zogen ihre Bahnen, und das knochige Gestrüpp aus dem Tunnel durchzog darüber hinaus Decke und Wände der gesamten Höhle. Ebenso erstrecken sich Stalagmiten und Stalaktiten zu allen Seiten.
    An der gegenüberliegenden Wand ragte eine halbe Eiche mit unglaublich großen Ausmaßen aus dem Felsgestein hervor. Fast wirkte es, als wäre der Baum zuerst an diesem Ort gewesen und das Gestein habe sich seinem Vorrecht beugen und ihn umschließen müssen. Oder aber die Eiche wurde der Länge nach aufgeschnitten und dann auf die Wand gesetzt.
    „Und wie geht es nun weiter?“, fragte Adam.
    „Wir müssen den Henker finden“, entgegnete Arrow. „Soweit ich weiß, kann man die Knolle nur mit seiner Waffe ernten.“
    „Ah ja“, erwiderte er sarkastisch. „Das hatte ich schon völlig verdrängt. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn wir hier einfach reinspaziert wären, die Pflanze geschnappt und uns dann ohne größere Probleme auf den Heimweg gemacht hätten.“
    „Vielleicht sollten wir uns erstmal umsehen“, schlug Smitt vor. „Wer weiß, ob er sich nicht gerade hinter irgendeinem Felsen versteckt hält und auf uns lauert.“
    Wachsam schauten sich die beiden Zwerge zwischen den Stalagmiten um, während Dewayne und Keylam die übrige Höhle in Augenschein nahmen und Arrow mit Neve, Emily und Adam einen Blick auf den See warfen.
    „Besonders sauber scheint mir das Wasser hier aber nicht zu sein“, bemerkte Emily. „Im Schein der Pflanze lassen sich unter der Oberfläche zwar dunklere Stellen erkennen, doch wäre es nicht so trüb, könnte man bestimmt bis auf den Grund schauen.“
    „Das liegt daran, dass es kein richtiger See, sondern ein Moor ist“, erklärte Adam. „In Mooren wird Torf abgelagert. Das macht das Wasser schummrig.“
    Als plötzlich ein Geräusch ertönte, zuckten alle zusammen. Etwas passierte mit der Eiche. Es schien, als würde sich unter den Wurzeln ihres Stammes ein Übergang öffnen, der auf die andere Seite führte.
    Sogleich versteckte sich alle hinter den nächst gelegenen Stalagmiten und beobachteten von dort das Geschehen.
    Ein großer, voll beladener Karren, der von einer abgemagerten Kuh mit roten Augen und Klauen, wie sie sonst nur Wölfe haben, gezogen wurde und dessen abgenutzte Räder unheilvoll quietschten, kam zwischen dem Unterholz zum Vorschein. Geführt wurde er von einer in einen schwarzen Mantel gehüllten Gestalt, deren Gesicht vom Schatten einer Kapuze bedeckt war. In der einen Hand hielt sie die Zügel und in der anderen ein großes Beil, dessen messerscharfe Klinge bis in die hinterste Ecke der Höhle glänzte.
    „Der Henker“, flüsterte Neve ehrfürchtig.
    „Na, dann kann es ja losgehen“, entgegnete Adam. Doch gerade, als er hinter dem Stalagmiten vortreten wollte, hielt Arrow ihn zurück.
    „Warte. Lass ihn uns noch einen Moment beobachten. Vielleicht legt er irgendwann seine Kapuze ab und wir können sehen, mit wem genau wir es zu tun haben. Das könnte es uns womöglich einfacher machen.“
    Der Karren machte direkt vor dem Moor Halt, und der Henker stieg, gebrechlich wie ein alter Mann, ab. Mühsam ging er zur hinteren Seite des Gefährts, lud Pakete ab, die mit blutgetränkten Leinentüchern umwickelt waren, und warf sie, eines nach dem anderen in das Moor.
    „Sind das die Toten?“, fragte Adam mit kreidebleichem Gesicht. All der Mut und die Entschlossenheit, mit denen er gerade eben noch dem Henker gegenüber treten wollte, waren auf einmal gänzlich verschwunden.
    „Ich denke schon“, erwiderte Arrow, ohne ihren Blick von dem schaurigen Schauspiel zu nehmen.
    Der Henker machte weiter, bis der Karren leer war. Anschließend setzte er sich auf einen Felsen am Rande des Moors, nahm die Kapuze ab und wischte sich mit seiner Knochenhand über seine ebenfalls knöcherne Stirn.
    „Das ist nur ein Skelett“, bemerkte Neve überrascht. „Ein einfaches, menschliches

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