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Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Stoye
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einen Tunnel, der über und über mit knochigen, toten Klettergewächsen behangen war. Ein schwaches Licht glimmte durch die Zweige und erzeugte eine drückende Atmosphäre. Hier und da krabbelten kleine Käfer durch das Gestrüpp, Fledermäuse hingen kopfüber von der Decke und kleine Schlangen wanden sich durch den Gang. Und obwohl dieser Ort durchaus mit Leben gefüllt war, roch es mit jedem Schritt stärker nach Tod.
    „Führt dieser Weg in den Holunderwald?“, fragte Emily emotionslos.
    „Eigentlich nicht“, entgegnete Arrow, während sie Wände und Decke kritisch beäugte. „Deine Frage ist allerdings nicht ganz unberechtigt. Weniger unheilvoll ist es hier nämlich ganz bestimmt nicht.“
    Während die Perseiden voraus flogen, gingen sie überaus wachsam den beinahe endlos scheinenden Pfad entlang. Schließlich konnte niemand sagen, ob sich hinter dem Gestrüpp nicht auch noch etwas anderes versteckte, und selbst wenn es ziemlich klein wäre, sollte man die Gefahr, die davon ausgehen könnte, nicht unterschätzen.
    „Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden“, sprach Smitt plötzlich den Gedanken aus, den auch die anderen schon die ganze Zeit über im Kopf hatten.
    „Denkt ihr, dass es der Henker sein könnte?“, fragte Neve verunsichert.
    „Der Henker?“, ertönte unerwartet eine durchdringende Stimme nicht weit entfernt. „Der sollte wohl euer kleinstes Problem darstellen, so ihr denn in Erwägung zieht, diesem Pfad weiter zu folgen.“
    „Wer spricht da?“, entgegnete Bon mit donnernder Stimme, doch eine Antwort blieb aus.
    Mit zusammengekniffenen Augen schritt der Riese bedacht voran, bis er endlich die Umrisse eines an der Decke sitzenden Tieres erblickte.
    „Wer bist du?“
    „Niemand von Bedeutung“, entgegnete das Tier. „Viel wichtiger ist, dass ihr euch darüber im Klaren sein solltet, dass am Ende dieses Weges noch ganz andere Gefahren auf euch lauern.“
    „Zeig dich“, forderte Bon in scharfem Ton.
    Das Tier erhob sich und tapste problemlos kopfüber die Decke entlang und dann die Wand hinunter.
    „Eine sprechende Ziege?“, sagte Arrow verblüfft.
    „Ein Puka“, entgegnete Smitt abschätzig.
    „Ist er gefährlich?“
    „Nicht, wenn du ihn als solchen erkennst und dich nicht von seiner Einladung zu einem Ritt auf seinem Rücken überreden lässt. Ansonsten lungern diese Biester meist irgendwo in der Gegend rum und erzählen ahnungslosen Wanderern überwiegend irgendwelchen Unfug. Einer von denen hat mir vor vielen Jahren fast einmal den letzten Nerv getötet. Er fand es wohl lustig, mir den halben Tag lang auf Schritt und Tritt zu folgen und mich dabei mit seinem Geschwafel zu belästigen.“
    „Unfug, ja“, erwiderte der Puka beschämt. „In jedem Satz, den ein Puka spricht, steckt auch immer ein gewisses Fünkchen an Wahrheit.“
    „Ja, ungefähr genauso viel, wie Süßes in einer Zitrone steckt.“
    Griesgrämig verzog der Ziegenbock sein Gesicht, bevor er den Reisenden seinen Rücken zukehrte und in der Dunkelheit verschwand. „Ihr werdet an meine Worte denken, lasst euch das gesagt sein!“, hallte es noch aus der Ferne, dann verstummte auch das Klappern seiner Hufe.
    „Na das sind ja tolle Aussichten“, bemerkte Neve. „Der Henker ist also unser geringstes Problem.“
    „Mach dir nicht so viele Gedanken um dieses Geschwätz“, versuchte Dewayne sie zu beruhigen. „Der Zwerg hat recht, immerhin stammt diese Warnung von einem Puka und diesen Biestern ist nie ganz zu trauen.“
    Als sie ihre Reise fortsetzten, wurde der Weg immer steiniger und der Tunnel immer größer. Alles an diesem Ort wirkte erschreckend ruhig und es gab nicht das geringste Anzeichen dafür, dass sie bereits erwartet wurden. Ein paar Geräusche hätten in diesem Fall weitaus beruhigender gewirkt, denn so wäre vielleicht wenigstens die Entfernung abzuschätzen gewesen, die sie noch bis zum Moor zurückzulegen hatten. Doch es herrschte Totenstille, und nicht einmal die Fledermäuse oder das andere Getier, das in dem Gestrüpp wimmelte, gaben einen Laut von sich.
    Plötzlich stoppte Bon und deutete mit einer Handbewegung an, es ihm gleichzutun.
    „Was ist?“, fragte Dewayne flüsternd.
    „Ich denke, dass wir gleich am Ziel sind. Dort hinten wird das Licht ein wenig stärker. Ich nehme an, dass es am Moorkraut liegt.“
    Noch wachsamer, als sie ohnehin schon waren, schritten die Wanderer nun voran, bis sie tatsächlich endlich das Ende des Tunnels erreichten. Die

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