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Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Stoye
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sondern um sie. Einerseits kämpfte sie gerade für ihre Zukunft und für die ihres Volkes. Gleichzeitig wurde sie wieder einmal mit der Vergangenheit konfrontiert. Und irgendwie musste sie auch noch die Gegenwart meistern. Es war anstrengend, sich andauernd mit all diesen Facetten des Lebens auseinandersetzen zu müssen. Aber gehörte das nicht auch irgendwie zum Leben dazu?
    Arrow schmerzte der Kopf. Sie fühlte sich vollkommen ausgelaugt und doch wusste sie, dass sie in diesem Zustand nicht in den Schlaf finden würde. Kraftlos erhob sie sich von ihrem Bett und betrachtete einen Moment lang die Schatten, die das schwache Licht an die Wand warf. Sie hatten etwas Unbehagliches. Doch war das verwunderlich? Immerhin war nahezu alles an diesem Ort ungemütlich. Und bevor sie sich dazu hinreißen ließ, sich auch noch darüber Gedanken zu machen, verließ sie das Zimmer.
    Obwohl sie nicht damit gerechnet hatte um diese Zeit jemanden anzutreffen, war sie kaum überrascht, den schwachen Schein einer Kerze in der Eingangshalle des Schlosses zu erspähen. Ebenso wenig verblüffte sie die Tatsache, dass es Elon war, die dort auf dem Rand des verwahrlosten Brunnens saß und durch den Eingang nach draußen schaute. Doch sie schien mit ihren Gedanken weit entfernt zu sein, denn obwohl Arrow mit lauten Schritten auf sie zuging, machte sie keine Anstalten, Notiz von ihr zu nehmen.
    „Elon?“, sprach Arrow sie besorgt an. „Ist alles in Ordnung mit dir?“
    Als würde sie gerade aus einem Traum erwachen, schaute sie zu ihr auf. Sie lächelte verlegen, ein Lächeln, das auszudrücken versuchte, dass ihr nichts fehlte. In ihrem Inneren jedoch wusste sie, dass sie Arrow nichts vormachen konnte.
    „Ich frage mich die ganze Zeit, wie es wohl sein wird, das erste Mal auf sie zu treffen“, erwiderte sie verlegen. „Und gleichzeitig überlege ich, ob sie sich wohl dieselbe Frage stellt.“
    Arrow nahm neben ihr auf dem kalten Stein Platz. Sie wusste, dass Elon von ihrem Nyriden sprach und suchte nach den richtigen Worten. Doch was sollte sie sagen? An die Begegnung mit ihrem Geisterselbst konnte sie sich nicht erinnern. Sie wurde bewusstlos geschlagen und somit mehr oder weniger ihrem Schicksal überlassen.
    Sie ließ ihren Blick nach draußen schweifen. Auf der anderen Seite des Eingangs stand einer der Perchten und beobachtete das Gebiet. Die Nyriden durften sich überall in Nebulae Hall aufhalten, davon ausgenommen war das Schloss. Noch immer wusste Arrow nicht, wie sie die Geister einschätzen sollte. Bisher waren sie ihr wie ein Schwarm farbloser Fische erschienen, die emotionslos hintereinander her eilten. Wirklich identifizieren konnte sie sich nicht mit diesen Wesen, weshalb es ihr auch schwer fiel, sie als ihr Volk zu begreifen. Zwar sprach sie immer so, als würde sie zu ihnen gehören, doch sie fühlte es nicht.
    „Wie ist es, vollständig zu sein?“, fragte Elon mit verträumten Augen.
    „Die Wahrheit?“, entgegnete sie prüfend.
    Elon nickte.
    „Ich kann es dir nicht sagen“, antwortete sie kraftlos. „Mir ist zwar bewusst, dass ich etwas in mir habe, das ein Teil von mir und nicht immer da gewesen ist. Doch es fühlt sich nicht anders an als vorher. Ich hatte nie die Gelegenheit meinem Gegenstück in die Augen sehen zu dürfen. Einerseits sind wir zwar eins, doch auf der anderen Seite hätte ich sie gern kennengelernt.“
    „Denkst du denn, dass sie so viel anders ist als du?“
    „Ich kann es nur vermuten. Immerhin sind wir beide unterschiedlich aufgewachsen, haben unterschiedliche Dinge gesehen und erlebt. So etwas prägt doch. Außerdem sind wir, im Gegensatz zu allen anderen Nyriden, zuvor nicht vereint gewesen. Genau genommen hat es im Grunde nichts gegeben, das uns verbunden hat. Deshalb kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass sie genauso denkt und fühlt wie ich.“
    „Was, wenn sie es aber doch tut?“, fragte Elon hoffnungsvoll. „Immerhin wart ihr doch füreinander bestimmt. Das Schicksal hat euch dazu auserkoren, zusammen eins zu sein. Ich für meinen Teil möchte mir nicht vorstellen, dass ich bald mit einem Wesen vereint sein werde, das so viel anders ist als ich. So etwas kann doch nicht gut gehen, oder? Wie wäre das wohl? Könnte man Kompromisse finden oder würde es einen zugrunde richten?“
    Arrow staunte nicht schlecht, denn über all die interessanten Fragen, die Elon da stellte, hatte sie selbst nie zuvor nachgedacht.
    „Warum machst du dir darüber so viele Gedanken?“,

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