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Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Stoye
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sie an und legte seine Hand auf ihre Schulter. „Du wirst deinen Weg gehen, da bin ich sicher. Das hast du immer getan und es wird sich auch in Zukunft nicht ändern.“
    Arrow lächelte müde. Mit seiner zuversichtlichen, gütigen Art schaffte es das Zwergenoberhaupt immer wieder, ihr Mut zu machen. Dies war einer jener Momente, in denen ihr zum wiederholten Mal bewusst wurde, dass sie ohne ihre Familie und ihre Freunde nie so weit gekommen wäre. Vermutlich hätte auch jeder andere die Prophezeiung erfüllen und die Dinge, die vor so vielen hundert Jahren schief gelaufen waren, wieder in Ordnung bringen können, wenn er so wunderbare Leute an seiner Seite gehabt hätte wie sie.
    „Du solltest dich ein wenig ausruhen“, sagte Bon. „Wir haben dir das Zimmer am Ende des Korridors zugeteilt. Ich dachte, es würde dich auf andere Gedanken bringen, wenn du zur Ruhe kommen möchtest.“
    „Warum?“, fragte Arrow ironisch. „Hat es etwa den schönsten Ausblick?“
    „Es ist das Zimmer, das einst von deinem Vater bewohnt wurde.“
    Sie erschrak. Skeptisch sah sie in Richtung der Tür, die in der Dunkelheit lediglich zu erahnen war. Nie zuvor hatte sie darüber nachgedacht, in einem dieser Räume ihrer Vergangenheit zu begegnen. Natürlich kamen ihr immer wieder die eine besagte Nacht und die qualvollen Schreie in den Sinn, doch das gehörte zu einer anderen Art von Vergangenheit. Das war jene, die sie so unendlich bereute und wieder gut zu machen hatte. Und nun, da sie die Gelegenheit hatte, den schönen Ereignissen aus ihrer Kindheit noch einmal gegenüber zu treten, jagten ihr diese weit mehr Angst ein als das grauenvolle Erlebnis, das sie bisher mit diesem Ort verbunden hatte. Doch woher kam dieses Gefühl? Hätte sie die Tatsache, hier der glücklichen Zeit ihres Lebens zu begegnen, nicht ebenso glücklich stimmen müssen? Immerhin könnte es die Gelegenheit sein, endlich etwas Positives mit Nebulae Hall zu verbinden. Befürchtete sie womöglich, etwas über ihren Vater zu erfahren, das sie bisher noch nicht wusste und das eine Seite an ihm offenbarte, die sie lieber gar nicht kennenlernen wollte? Oder war es vielleicht möglich, dass sie dort gar nichts über sich finden würde? Konnte es sein, dass ihr Vater hier ein Leben geführt hatte, in dem für sie kein Platz war?
    So viele Fragen schossen ihr in diesem Augenblick durch den Kopf, doch sie sollten nur den Moment hinauszögern, in dem sie sich eingestehen würde, dass sie längst wusste, warum sie sich so sehr davor fürchtete, den Raum am Ende des Ganges zu betreten. Sie wollte kein zweites Mal etwas verlieren, das sie schon vor langer Zeit verloren hatte.
    „Danke, Bon“, sagte sie zögerlich. „Aber ich denke, ich nehme ein anderes Zimmer.“
    Der Riese musterte sie besorgt. „Möchtest du, dass jemand anderes es so lange bewohnt?“
    „Nein!“, antwortete sie schnell. „Ich ... denke nur, dass ich von dort aus die Höhle schlecht überblicken kann. Daher sehe ich mich lieber nach einem anderen Raum um.“
    Bon wusste, dass es nur eine Ausrede war, doch er beließ es dabei. Wie es aussah, hatte Arrow mit diesem Thema noch nicht ihren Frieden gemacht, obwohl es den Anschein hatte, als sie aus der Unterwelt zurückgekehrt war. Jetzt fragte er sich allerdings, ob sie seinen Verlust jemals richtig verarbeiten würde und ob es für eine Tochter überhaupt möglich war, zu akzeptieren, dass ihr Vater sich das Leben genommen hatte.

    Arrow lag lange wach in ihrem Bett, denn ihre Gedanken kreisten fortwährend um das Zimmer am Ende des Korridors. Es war, als würde es nach ihr rufen. Doch während ihr Verstand sagte, dass dort nichts Schlimmes passieren konnte, bestanden ihre Gefühle auf dem Gegenteil.
    Ihrem Vater ging es jetzt gut, das wusste sie. Nachdem sie ihm in der Unterwelt begegnet war, war er zur Besinnung gekommen und hatte seinen rechtmäßigen Platz in Walhall eingenommen. Ihn nach seinem Tod noch einmal zu treffen hatte ihr gut getan, denn sie hatte gefühlt, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung gewesen war. Aber waren es tatsächlich ihre Empfindungen, die ihr das verraten hatten? Vielleicht war es auch nur Einbildung. Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass sie vom schlechtesten Fall ausging, nur um im Nachhinein nicht enttäuscht zu werden. Doch Empfindungen hin oder her, was seinen Gemütszustand nach seinem Ableben anging, hatte sie richtig gelegen.
    Im Moment spielte das jedoch keine Rolle, denn jetzt ging es nicht um ihn,

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