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Sommerzeit

Titel: Sommerzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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Tonnen Gesteins sich lösten und in das riesige Loch, das jetzt vor ihm klaffte, hineinstürzten, wurden enorme Kräfte entfesselt.
    Es bestand die Gefahr, dass Steine umherflogen. Im vergangenen Jahr war ein Arbeitskollege von einem Irrläufer am Kopf getroffen worden und auf diese Weise ums Leben gekommen.
    Morgan trat ganz nah an den Abgrund heran und folgte mit seinen Blick dem Kraterrand. Der war neunhundert Meter lang und sechshundert Meter breit. Die Felswände, die ihn umgaben, waren sechzig Meter hoch. Dies war einer der größten Steinbrüche Schwedens, und er war stolz darauf, hier zu arbeiten. Er war seit fast zwanzig Jahren Sprengmeister und liebte diese Arbeit. Er hatte eine verantwortungsvolle Aufgabe. Dafür zu sorgen, dass die Bohrlöcher an genau den richtigen Stellen angelegt wurden und genau die richtige Tiefe aufwiesen, und sie dann mit zwei-, dreihundert Kilo Sprengstoff zu füllen.
    An die zwanzig Meter vom Rand des Abgrundes entfernt stand eine runde Holzhütte, in der er während der eigentlichen Sprengung Schutz suchte. Darin befand sich auch die Leitung, die er gleich mit dem Zünder verbinden würde, den er in der Tasche hatte.
    Er schaute auf die Uhr, noch zehn Minuten. Auf der anderen Seite des Steinbruchs leuchtete ein Licht auf. Jetzt war der Wagen mit den Kollegen eingetroffen. Sie standen auf gegenüberliegenden Seiten, fast einen Kilometer voneinander getrennt, und überprüften, dass alles in der Nähe frei war. Er schaltete das Funkgerät ein.

    »Hallo, hier Morgan. Alles in Ordnung?«
    »Sicher, scheint alles leer zu sein«, hörte er Kjells Stimme.
    »Dann noch fünf Minuten.«
    »Gut. Wollen wir dann zusammen essen?«
    »Aber klar doch. Bis gleich.«
    Er steckte das Funkgerät wieder in seine Brusttasche, drehte sich um und spazierte zu den vielen tiefen Löchern, die am Rand des Steinbruchs gebohrt worden waren. Bückte sich und überzeugte sich davon, dass alles seine Richtigkeit hatte.
    Als er sich wieder aufrichtete, glaubte er, vor der Hütte eine Bewegung zu sehen. Zum Teufel. Die Überraschung war gelinde gesagt unangenehm. Hier durfte sich niemand Unbefugtes aufhalten. Vor allem nicht so kurz vor der Sprengung. Er lief zur Bude und rief laut. Die Kollegen waren zu weit weg, deren Aufmerksamkeit würde er nicht erregen können. Er griff nach dem Funkgerät und rannte auf die Öffnung der Hütte zu. Seltsamerweise war drinnen alles leer. Überrascht lief er um die Hütte herum, konnte aber niemanden sehen. Er schaute zum Waldrand hoch. Nichts. War es ein Trugbild gewesen? Vielleicht hatte die Hitze ihm einen Streich gespielt. Und jetzt wurde es Zeit zum Sprengen. Er schaute zum Himmel hoch. Der war ganz und gar wolkenlos, die Sonne brannte ihm ins Gesicht. Seine Mundhöhle war wieder wie ausgedörrt, und die Zunge klebte ihm am Gaumen. Das Funkgerät knackte.
    »Alles so weit, Morgan?«
    »Japp. Ich dachte, ich hätte hier jemanden gesehen, aber das muss ein Irrtum gewesen sein. Euch ist nichts aufgefallen?«

    »Nein, der Bruch ist leer. Aber ich kann ja sicherheitshalber noch mal durchs Fernglas schauen. Wir haben doch noch ein paar Minuten.«
    »Okay, danke.«
    Er schaute durch die Öffnung der Hütte und wartete. Der Schweiß strömte. Er war verstört und empfand nicht die übliche Erwartung, er wollte nur, dass alles vorüber war und er Mittagspause machen konnte.
    »Hallo, Morgan. Sieht alles normal aus, scheint alles ruhig zu sein.«
    »Gut, dann geht’s los.«
    Als er wieder aufblickte, fuhr er zusammen. Unbemerkt war jemand vor ihn hingetreten, mitten in den Eingang der Hütte. Er fing den kalten Blick des Eindringlings auf. Plötzlich zeigte ein Pistolenlauf auf ihn.
    »Was ist denn los?«, stammelte er.
    Die Wände der engen Hütte schienen zusammenzurücken.
    In Morgan Larssons Tasche knackte das Funkgerät.
    »Hallo, Morgan … bist du da? Morgan … Morgan?«
    »Ausschalten«, kommandierte der Eindringling. »Sonst schieße ich.«
    Mit zitternden Fingern schaltete Morgan das Funkgerät aus. Dann war alles still.
    Die Gedanken jagten kreuz und quer durch sein verwirrtes Gehirn. Die Sprengladung hätte inzwischen detoniert sein müssen. Er achtete immer genau auf den Zeitpunkt, normalerweise ging es auf die Sekunde präzise los. Er fragte sich, wie lange es dauern würde, bis die anderen beiden darauf reagierten, dass sein Funkgerät ausgeschaltet worden war und die Sprengung nicht erfolgte.
    Vor seinem inneren Auge flimmerte Peter Bovides Gesicht
vorbei.

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