Sommerzeit
bis zum Gehtnichtmehr, aber wie viel Mitgefühl hast du wirklich, wenn es ernst wird? Wenn es um dein Privatleben und die Menschen in deiner nächsten Nähe geht?«
Pia beendete ihre lange Rede mit einigen energischen Schlucken aus der Bierflasche.
Johan saß total verdutzt war und starrte sie an.
»Warum hast du mir das alles noch nie gesagt?«
»Das habe ich versucht, in kleinen Portionen, aber du hörst ja nicht zu.«
Johan brachte keinen Ton heraus. Dann klingelte Pias Telefon.
»Das war Viktor«, sagte sie, als sie das Gespräch beendet hatte. »Es ist so weit.«
Sie fuhren zum Hafen hinunter und hielten in gebührender Entfernung von den hohen Eisentoren, die ins eigentliche Hafengebiet führten.
Unter ihrem dünnen Hemd und der Jacke verborgen trug Pia Kamera und Mikrofon. Das Schiff legte jetzt gerade an. Es war eine Stunde früher als erwartet eingetroffen. Johan fragte sich, was es außer Kohlen wohl noch geladen haben mochte. Der Hafendirektor, mit dem er früher an diesem Tag gesprochen hatte, hatte berichtet,
dass der Brennstoff durch Röhren vom Schiff in große Silos innerhalb der Fabrik geleitet wurde. Dieser Vorgang nahm mehrere Stunden in Anspruch. Danach wurde die Ladung durch Zement ersetzt. Ein Schiff blieb jeweils ein oder zwei Tage im Hafen.
Johan steckte sich eine Zigarette an und merkte, wie sein Puls sich beschleunigte.
Weitere Menschen fanden sich am Kai ein. Schauerleute, der Hafendirektor und andere, die vermutlich Schnaps kaufen wollten, die aber wie Johan und Pia vorgaben, einfach nur zuzusehen.
Als das Schiff angelegt hatte, wurde eine Luke geöffnet, und mehrere vierschrötige Männer kamen heraus. Pia versetzte Johan einen Rippenstoß.
»Ganz schön brutale Typen«, flüsterte sie. »Es geht los. Ich seh mich mal ein wenig um.«
Sie zwinkerte ihm zu. Zwischen zwei Knöpfen in ihrer Jacke konnte er die Linse der Kamera ahnen.
Die Männer sprangen an Land. Einer gab sich Feuer und schaute sich abwartend um. Ein anderer hatte am Kai offenbar Bekannte entdeckt und umarmte sie freundlich. Sie plauderten und scherzten. Um das Schiff herum wurden nun eifrig Vorbereitungen getroffen, und der Hafendirektor erteilte Befehle. Das Löschen sollte in Kürze beginnen und schon dröhnte ein Motor auf. Johan nahm an, dass jetzt die Löschung der Kohlen begann.
Er hatte sich mit Sonnenbrille und einer tief ins Gesicht gezogenen Schirmmütze verkleidet, denn er wollte nicht riskieren, erkannt zu werden. Er war ziemlich oft auf dem Bildschirm zu sehen, auch wenn er Reporter war und kein Moderator.
Er sah sich um und richtig, dort stand eine Gruppe von
Männern und schaute erwartungsvoll zum Schiff hinüber. Für Johan gab es nicht sehr viel zu tun, deshalb setzte er sich auf eine Tonne und steckte sich eine Zigarette an. An der Laufplanke standen zwei Männer, die aussahen, als ob sie Geschäfte machten. Aus einem Karton holte der eine Schnapsflaschen, während der andere Geld entgegennahm. Banknoten wechselten den Besitzer, und das alles lief ganz offen ab. Johan hoffte, dass Pia filmte, und sah sich nach ihr um.
Gleich darauf sah er, dass sie neben Viktor stand, der von den Männern an der Laufplanke Schnaps kaufte.
Nachdem der Einkauf getätigt war, ging sie ganz einfach an Bord.
J ohan war unschlüssig – sollte er ihr folgen?
Er brauchte nicht lange zu überlegen. Im nächsten Moment waren Polizeisirenen zu hören, und vier Wagen hielten am Kai. Innerhalb weniger Minuten war ungefähr ein Dutzend Polizisten an Bord gegangen, während andere am Kai Festnahmen vornahmen. Knutas schien nicht dabei zu sein, aber Johan konnte Karin Jacobsson in der Menge erkennen.
Schon bald wurden die Festgenommenen an Land geführt. Pia wurde von zwei kräftigen Polizisten energisch über die Laufplanke gestoßen. Aber nun entdeckte Johan Knutas, der mit knallrotem Gesicht auf Pia zuging.
»Was in aller Welt machst du denn hier?«, brüllte er. »Was bildest du dir eigentlich ein?«
Sie war nicht auf den Mund gefallen.
»Wir haben das Recht, so viel wir wollen über alles zu berichten, worüber wir berichten wollen. Oder was meinst du – sollten wir die Polizei anrufen und um Erlaubnis bitten, ehe wir eine Reportage drehen?«
»Ihr könnt verdammt noch mal den ganzen Einsatz ruinieren. Weg mit ihr«, befahl er seinen Kollegen.
In der nächsten Sekunde entdeckte Knutas Johan.
»Und auch noch du! Dass du dich immer in unsere Arbeit einmischen musst!«
Seit Johans Reportage von der
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