Sommerzeit
glaube, er trug eine dunkle Hose und ein weites dunkles Hemd.«
Knutas sah den Mann auf der anderen Seite des Tisches mit ernster Miene an.
»Was Sie hier sagen, ist ungeheuer wichtig. Sie haben den Täter mit eigenen Augen gesehen. Versuchen Sie, sich an so viel wie möglich zu erinnern, jedes kleine Detail ist von Bedeutung.«
»Und lassen Sie sich Zeit«, fügte Karin hinzu. »Denken Sie nach.«
»Ich habe ihn doch nur für ein paar Sekunden und aus der Ferne gesehen. Er kam aus Morgans Sprenghütte, gleich, nachdem es geknallt hatte. Er bewegte sich auf eine ungewöhnliche Weise, ein bisschen schwerfällig. Vielleicht hat er ein wenig gehinkt. Er war kleiner als Morgan,
und der war, glaube ich, eins fünfundachtzig. Der andere war mindestens zehn Zentimeter kleiner. Da bin ich mir ziemlich sicher.«
»Und sonst?«
»Das ging so schnell.«
»Was haben Morgan und dieser andere gemacht?«
»Ich glaube, sie haben miteinander geredet. Da Morgan sich nicht meldete, habe ich die Hütte die ganze Zeit durch das Fernglas beobachtet. Als die Sprengladung hochging, verschwand die ganze Hütte in einer Staubwolke, und dann kam der andere heraus und ging zum Wald hinüber.«
»Und dann?«
»Das war alles. Ich machte mir Sorgen um Morgan, deshalb sind wir sofort hingefahren.«
»Und da war der andere verschwunden?«
»Ja.«
»Wissen Sie, ob Morgan Peter Bovide gekannt hatte, den Bauunternehmer, der vor zwei Wochen erschossen worden ist?«, fragte Karin.
Kjell Johanssons Gesicht verdüsterte sich.
»Ich glaube nicht, aber mir ist aufgefallen, dass er komisch wurde, wenn wir anderen bei der Arbeit über diesen Mord auf Fårö gesprochen haben.«
»Ach, inwiefern komisch?«
»Natürlich wurde viel darüber geredet. Peter Bovide hat doch hier in Slite gewohnt, und seine Firma hatte einige Jobs für die Fabrik erledigt, unter anderem haben sie die Baracken renoviert. Morgan war der Einzige, der nie etwas über den Mord gesagt hat. Zuerst habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht, aber nach ein paar Tagen fiel mir auf, dass er verstummte oder hinausging, wann
immer davon die Rede war. Und da habe ich ihn gefragt, ob er Peter Bovide gekannt hat.«
Karin beugte sich vor.
»Ja?«
»Er hat das abgestritten und wollte wissen, wieso ich das glaubte. Er sah richtig besorgt aus, als ob allein schon die Frage ihn nervös gemacht hätte.«
»Und was haben Sie gesagt?«
»Ach, nichts. Ich hatte ja gemerkt, dass ihm das naheging, deshalb habe ich es gelassen. Und jetzt ist Morgan auch ermordet worden. Verdammt.«
Kjell Johansson schien verzweifelt zu sein.
»Können Sie uns noch mehr über Morgan erzählen?«, fragte Knutas. »Etwas, das ihnen auffiel oder das Ihnen seltsam vorkam? Hatte er vielleicht irgendwelche neuen Bekannten?«
Der Vorarbeiter rieb sich die Augen und schaute dann Knutas und Karin an.
»Ja, da war schon etwas.«
»Was denn?«
»Er wirkte hysterisch, als es um seine Fahrt nach Gotska Sandön ging.«
»Gotska Sandön?«
»Ja, er war jetzt am Wochenende da. Er fuhr in regelmäßigen Abständen hin, obwohl er gar kein Naturtyp war. Er verabscheute Waldspaziergänge und Freiluftleben, und wenn wir unter den Kollegen was unternehmen wollten, kam er nie mit. Morgan saß am liebsten auf dem Sofa und trank Bier und sah sich Sportsendungen im Fernsehen an. Das war seine Art, sich zu entspannen. Trotzdem fuhr er immer wieder nach Gotska Sandön. Und jetzt am Wochenende hatte er sich dort angemeldet,
und obwohl wir eine echte Krise beim Job hatten, weil mehrere von uns krank waren, weigerte er sich, diese Tour zu verschieben. Ich weiß, dass der Chef versucht hat, ihn mit allerlei Prämien zu ködern, aber das war unmöglich. Morgan wollte dahin, und später sei das absolut nicht möglich.«
»Was hatte er denn auf Gotska Sandön vor?«, fragte Knutas.
»Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass er ab und zu hingefahren ist, er war schon einige Male dort gewesen.«
»Fuhr er dann allein?«
»Ja, das glaube ich. Er war ein einsamer Wolf. Hatte keine Familie und keine Freundin. Er wohnte allein, und ich glaube, er machte fast alles allein.«
»Wann genau war er dort?«
»Er ist am Freitag gefahren und gestern Abend zurückgekommen.«
»Das war also das Letzte, was er gemacht hat, ein Besuch auf Gotska Sandön. Und er war schon häufiger dort gewesen?«
»Ja, einige Male jedenfalls.«
»Wissen Sie, warum er dorthin gefahren ist?«
»Keine Ahnung, wie gesagt. Ich hatte mir auch noch nie über diese Reisen
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