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Sommerzeit

Titel: Sommerzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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Baustelle in Stenkyrkehuk im Fernsehen gesendet worden war, war Knutas ihm gegenüber kurz angebunden und abweisend gewesen. Jetzt war er wütend.
    »Verdammt, wie soll man als Polizist arbeiten, wenn einem dauernd Reporter auf den Fersen sind? Wie sollen wir unsere Ermittlung durchführen, wenn ihr uns die ganze Zeit zwischen den Füßen herumrennt? Meint ihr vielleicht, dass das hier die Ermittlungen auf irgendeine Weise weiterbringt?«
    Johan wurde ebenfalls wütend.
    »Was redest du da eigentlich, zum Teufel? Das hier ist öffentlicher Raum, und wir machen nur unsere Arbeit. Genau wie ihr!«
    »Schert euch weg hier«, schrie Knutas. »Ehe ich euch festnehmen lasse.«
    »Ach, und mit welcher Rechtsgrundlage? Wegen Ruhestörung oder Gefährdung anderer vielleicht? Das hier nenne ich Bedrohung der Pressefreiheit, verdammt noch mal.«
    Die Polizisten, die Pia festgehalten hatten, ließen los, und sie kam zu Johan herüber und zog ihn am Arm.
    »Komm jetzt«, sagte sie leise. »Wir hauen ab. Wir haben, was wir brauchen.«
    Widerwillig folgte Johan ihr. Er sah Knutas an, schüttelte den Kopf und murmelte etwas Unverständliches.
    »Dein Glück, dass ich das nicht gehört habe«, fauchte Knutas. »Nimm dich verdammt gut in Acht!«

Sonntag, 23. Juli

    K nutas wiegte sich auf seinem abgenutzten Schreibtischsessel mit dem blankgescheuerten Ledersitz hin und her. Der Sessel bot einen schroffen Kontrast zu der übrigen Einrichtung. Die Wache war zwei Jahre zuvor renoviert worden, ganz in skandinavischem Stil mit weißen Wänden gehalten, die alte Einrichtung war durch schlichte Möbel aus heller Birke ersetzt worden. Aber Knutas hatte sich geweigert, sich von seinem Lieblingssessel zu trennen. Der Sessel regte sein Denken an. Der Sessel und die Pfeife, die er jetzt gerade sorgfältig stopfte. Er zündete sie nur selten an, aber die Beschäftigung mit dem duftenden Tabak half seinen Gedanken auf die Sprünge.
    Er war auf die Wache gefahren, obwohl es Sonntagabend war, um die während des Wochenendes mit der Besatzung des russischen Kohlentransporters durchgeführten Vernehmungen durchzugehen. Das Ergebnis des Einsatzes war mager gewesen, jedenfalls aus Knutas’ Perspektive. Sie hatten zwar mehrere Hundert Liter russischen Wodka beschlagnahmt und etliche Personen unter Verdacht auf Alkoholschmuggel in Gewahrsam genommen, aber der Einsatz hatte die Mordermittlung nicht weitergebracht.

    Die Suche nach der Tatwaffe ging weiter. Alle auf Gotland lebenden Besitzer eines entsprechenden Waffenscheins waren überprüft worden, aber nirgendwo war die beim Mord benutzte Korovin gefunden worden. Die Polizei wusste natürlich nur zu gut, dass unter schwedischen Dächern eine Menge illegaler Waffen aufbewahrt wurde. In regelmäßigen Abständen wurde für einige Monate eine Amnestie ausgerufen, und man konnte der Polizei illegale Waffen aushändigen, ohne eine Strafe fürchten zu müssen. Beim letzten Mal hatten sie auf diese Weise innerhalb von drei Monaten siebzehntausend Waffen sichergestellt.
    Knutas legte die Stirn in die Hände. Etwas an dieser Ermittlung lief durch und durch falsch. Er konnte nur einfach nicht begreifen, was das war.

Gotska Sandön, 22. Juli 1985

    G ekrümmt wie ein Wurm lag sie in ihrem Schlafsack, als die unbarmherzigen Sonnenstrahlen sie weckten. Sie brauchte eine Weile, um wirklich zu Bewusstsein zu kommen, aber ihre erste Empfindung war ein dumpfes Unbehagen im Bauch.
    Sie blinzelte im grellen Licht und hörte unten am Strand Stimmen. Mühsam setzte sie sich auf und hob einen Zipfel des Windschutzes an. Eine Gruppe von zehn, fünfzehn Personen wanderte vorüber. Mittleres Alter, Rucksäcke, Sonnenhüte und Gesundheitsschuhe. Hier und da drang ein Lachen durch das Stimmengewirr. Sorglos setzten sie ihre Wanderung fort, einige warfen einen Blick zu ihr hoch, wandten sich aber sofort wieder ab. Niemand kümmerte sich um sie.
    Der Schlafsack neben ihr war leer. Ihre Uhr zeigte Viertel nach elf. Herrgott, wie hatte sie nur so lange schlafen können? Sie schaute wieder hinaus. Tanja war nicht zu sehen. Vielleicht machte sie einen Spaziergang oder war baden gegangen? Aber dann stellten sich die Erinnerungen an den gestrigen Abend wieder ein. Diese Jungs aus Stockholm. Es war lustig gewesen, sie hatten gegrillt, gebadet, eine Menge Bier und Schnaps
getrunken. Einer hatte eine Gitarre bei sich gehabt, sie hatte sich fast ein wenig in ihn verliebt, als er gespielt hatte. Aber dann war ihr plötzlich schlecht

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