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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Nailik
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hier ein herrliches
Plätzchen sein. Es handelte sich um die Überbleibsel eines alten Rosengartens,
begrenzt von halb verfallenen Natursteinmäuerchen und Buchsbäumen, die jetzt
weiße Zipfelmützen trugen, ein Wasserbecken im Zentrum, das nun zugefroren war
und umgeben von alten, hohen Bäumen. Valeriu saß auf einer schmucklosen
Basaltbank ohne Rückenlehne, die wohl ebenso alt war, wie der Rest der Anlage.
Sie trat nahezu geräuschlos näher, doch trotzdem war sie überrascht, dass er
sie mit seinem feinen Gehör nicht kommen hörte. Jedenfalls drehte er sich nicht
nach ihr um und schien ganz in seine Gedanken versunken zu sein. Sie stand
jetzt direkt hinter ihm und überlegte, was sie als nächstes tun sollte. Sie
wollte ihn auf keinen Fall erschrecken, aber ihr fehlten auch die Worte, um ihn
einfach anzusprechen. Eliza fror und bei Valerius Anblick wurde ihr noch
kälter. Er hatte ebenfalls keine Jacke an und seine im Mondlicht schimmernde
Hals- und Nackenpartie lag völlig frei. Zärtlich setzte sie einen Kuss auf
diese Stelle. Nachdem er nur ein kleinwenig zusammengezuckt war und sie nicht
mit einem Angreifer verwechselt hatte, ließ sie dem ersten noch ein paar
weitere Küsse folgen und massierte dann vorsichtig seine verspannten
Nackenmuskeln. Valeriu stöhnte behaglich auf, dann griff er blitzartig nach
ihren Händen und zog sie neben sich auf die Bank.
     „Du bist viel zu dünn angezogen“,
befand er streng und sie musste ein wenig grinsen ob der Fürsorglichkeit, die
ihr hier allerorts entgegengebracht wurde. Schneller als sie schauen konnte und
viel schneller als sie überhaupt nur daran denken konnte, zu protestieren,
hatte er seinen Pullover ausgezogen und ihr um die Schultern gelegt. Das dunkle
T-Shirt und die schwarze Jeans, die er trug, bildeten einen dramatischen
Kontrast zu seiner weißen Haut, die förmlich mit dem Schnee verschmolz. Eine
Weile saßen sie einfach nur schweigend nebeneinander. Valerius Blick war in
eine unbestimmte Ferne gerichtet, aber es lagen weder Zorn noch Anklage in
seinen edlen Zügen. Eliza hatte sich genau zurechtgelegt, was sie zu ihm sagen
wollte, doch tatsächlich kamen nur vier schlichte, kleine Worte im Flüsterton
über ihre Lippen: „Es tut mir leid.“
    Valeriu drehte sich zu ihr, als hätte
sie ihn aus dem Schlaf gerissen. Dann schüttelte er bedächtig mit dem Kopf.
    „Es gibt nichts, das dir leid tun
müsste. Du hast dich ein einziges Mal verhalten, wie jeder normale Mensch. Das
kann ich dir wohl kaum zum Vorwurf machen.“ Obwohl diese Worte so versöhnlich
geklungen hatten, waren sein Tonfall und seine Körpersprache noch immer von
Distanz geprägt.
    Eliza griff nach seiner Hand. „Ich habe
dir einmal gesagt, dass ich dir mehr als jedem anderen vertraue. Daran hat sich
nichts geändert. Aber ich habe gefürchtet, du könntest den Mord aus Liebe zu
mir begangen haben“, erklärte sie.
    „Mich hat nicht verletzt, dass du mir
diesen Mord zugetraut hast. Es war dein Blick. Für einen Augenblick habe ich in
deine Augen gesehen wie in einen Spiegel und es erging mir wie Dorian Gray, der
sein entstelltes Portrait betrachtet. Ich wollte diesen Schrecken, dieses
Grauen nie in deinen Augen sehen müssen, das mir vor Augen führt, was ich bin.“
    Valerius Stimme hatte eher frostig, als
weichlich geklungen und aus seinen Worten sprach deutlicher die Selbstanklage
als das Selbstmitleid.
    Eliza unterbrach ihn, ehe er
weitersprechen konnte. Mit resoluter Stimme erklärte sie: „Du solltest deiner
Gattungszugehörigkeit nicht immer eine so kolossale Bedeutung beimessen. Meine
Unterstellung wäre die gleiche gewesen, wenn du ein sterblicher Mann wärest.
Und glaubst du ernsthaft, dass ich dich in diesem Fall weniger schockiert
angesehen hätte?“ 
    Ohne weitere Worte drückte Valeriu sie
fest an sich und sie sah das Lächeln in seinen Augen.
    „Habe ich dir schon einmal gesagt, wie
wunderbar du bist, pisică mea ?“ fragte er und sie nickte selbstzufrieden, während
er sie auf die Schläfe küsste.
    „Du bist ja völlig durchgefroren“, stellte
er besorgt fest und rieb ihr über Rücken und Arme, als könnten seine kalten
Hände sie wärmen. In der Tat hatte Eliza gar nicht bemerkt, wie sie zu zittern
und zu schnattern begonnen hatte.
    „Es wird höchste Zeit, dass ich dich ins
Warme bringe“, fügte er grinsend hinzu und hatte sie im nächsten Moment auf
seine Arme geladen. Eliza stellte fest, dass er sich deutlich sicherer durch
den nächtlichen Park

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