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Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition)

Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition)

Titel: Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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des KP-Chefs von Lettland, nicht das Umstürzen des Lenin-Denkmals.
    ZDF war wesentlich anschaulicher.
    Kopf der«Iswestija»geändert, seit 1917.
    «Dieser Putsch hat wie unter dem Vergrößerungsglas gezeigt, wie die Menschen wirklich sind»(Redakteurin der«Iswestija»).
     
    ARD, 20.15 Uhr
    KPdSU sei bereits hirntot gewesen (Ruge).
    Gorbatschow sei ein gebrochener Mann. SU werde ein lockerer Staatenbund. Starken Mann markiert habe Jelzin.
     
    3Sat zeigte derweil in ganzer Länge einen widerlichen Hundekampf. Der besiegte Hund wurde zerfleischt. (Das war zu sehen!)
     
    Ruge über Gorbatschow:«Ein Mann kämpft mit eingelernten Formeln.»
    Pleitgen: 74 Jahre nach Gründung sei die KP am Ende. Und Honecker werde wohl ausgeliefert.
    22 Uhr
    Krjutschkow hofft, bald wieder in Freiheit zu sein, wenn er die Zeit um sechs Tage zurückdrehen könnte.
    Alle kommunistischen Zeitungen sind verboten.
    Die alte Fahne aus der Vorrevolutionszeit. Kosaken in ihren Uniformen.
    Die ganze Partei sitzt auf der Anklagebank. 16 Mio. Mitglieder.
    Die Putschisten hätten die Atomcodes für die Atombomben in Händen gehabt. Daran hat niemand gedacht.
     
    Um 22.15 Uhr bekamen wir auch die Niederlegung des Lenin-Denkmals in Riga zu sehen.
    In diesen Zeiten Chef eines Regierungssenders zu sein, ist keine leichte Sache.
    TASS hat sich auch für unabhängig erklärt.
    3Sat: Die Österreicher haben Bilder aus Archiven gezeigt, die bekamen wir nicht zu sehen.
    «Die Putschisten haben die SU zerstört.»
    Gorbatschow sei zu krank gewesen, um Präsident zu sein, aber er sei nicht zu krank gewesen, Generalsekretär der Kommunistischen Partei zu sein.
    Genscher:«Wir erleben die nächste Stufe der Freiheitsrevolution. SU wird ein gänzlich anderer Staat sein.»
    Ruge gibt den Tagen Fasson.
    Er könne aber noch lange Präsident sein.
    «Schön ist das nicht, wie Jelzin gegen Gorbatschow auftrumpft – schrecklich, aber vielleicht politisch notwendig»(Ruge).
    Rote Fahnen werden eingeholt.
    Was sie wohl mit dem roten Stern machen, der den Kreml krönt?
    Spießrutenlaufen der Angestellten des ZK. Sie machen sich durch einen Hinterausgang«aus dem Staub».
    Gott sei Dank hat Kohl Jelzin schon am Mittwoch zu einem Besuch eingeladen.
    Mich wundert, daß die Russen niemanden«kaltmachen»in dieser Situation. Ähnlich wie 1989 in der DDR, da geschah das ja auch nicht.
    «Gorbatschow begreift sehr langsam, und dann beginnt er unverzüglich zu zögern»(Jelzin).
    Lettland und Litauen: Kommunistische Partei verboten. Lenin-Denkmal in Wilna demontiert.
    «Ältere Frauen müssen den Mut haben, eine Farbe zu tragen»(3Sat, Modesendung).
     
    «270 000 Sowjetsoldaten in Ostdeutschland ließen sich notfalls durch die Gewährung des Aufenthaltsrechtes bei uns entwaffnen. »
    Dies allen Ernstes von Theo Sommer in der ZEIT. Da reicht das Wort«weltfremd»nicht mehr aus. Er bewegt sich außerhalb des Universums. Man stelle sich diese Horden vor!

Nartum Sa 24. August 1991, Sonne/Wind = köstlich
     
    Boxersprache: Gorbatschow sei«angeschlagen». Er sei der Gregor Gysi der SU.
    Es hört sich beinahe so an, als machten die Medien den Putschisten den Vorwurf, sie hätten den Putsch nicht richtig vorbereitet.
    Labiles Gefüge, wir müßten lernen, mit einem l. G. am anderen Ende Europas zu leben.
     
    2007: Was ist«l. G.»? Nicht mehr nachzuvollziehen.
     
    Island, Schweden, Dänemark wollen die baltischen Staaten anerkennen.
     
    Charité hat sich an Menschenversuchen beteiligt.
    Trauerfeier in Moskau, für die vier Toten. Gorbatschow ernennt sie zu Helden der SU. – Ehrlich gesagt: Die vier leichten Panzer, die da durchbrechen wollten, das war doch wohl mehr so ein Leichtsinnsakt, keine ernste Sache. Und die jungen Leute haben sich nicht vor die Panzer geworfen, sie sind raufgeklettert und runtergefallen und dabei zwischen die Ketten geraten. Einen ernsthaften Vorstoß von Panzern hätte niemand aufhalten können.
    Einer hat vorgeschlagen, die vier an der Kremlmauer zu beerdigen, da könnte man gut welche wegnehmen, die da nicht hingehörten.
    Wann sie wohl das Lenin-Mausoleum abschaffen werden?
    In der Nacht wurde ein weiteres Denkmal in Moskau umgerissen.
     
    15 Uhr
    Heute früh gut gearbeitet.
     
    Eine Lehrerin zur Wiedervereinigung:
    Ich kam gar nicht so schnell mit, wie das gekommen ist. Und als jetzt die Sache mit Gorbatschow war, dachte ich: Siehste, dein altes Mißtrauen siegt doch. In Weißenfels, die«Straße des Friedens», die heißt jetzt

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