Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition)

Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition)

Titel: Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
Vom Netzwerk:
überlebte, älter und älter würde, wie die Karpfen bei Huxley? Dann kämen sie nicht umhin, ihn ins Museum zu schaffen, notfalls in ausgestopftem Zustand. Vesper gelesen, partiell gut. Die Abschnitte über das Brotbacken, Schlachten usw. Fast lehrbuchartig. Zwischendurch dann Ratlosigkeit. Und seine psychedelischen Anwandlungen sind auch nicht gerade hinreißend. -«Einfache Berichte»nennt er seine Erinnerungen.
     
    Eine Bremer Sparkasse fragt an, ob sie unser Grundstück in Rostock kaufen kann.
     
    Die Stewardessen sollen durch intensives Grinsen das wiedergutmachen, was die Fluggesellschaften und Flugzeugkonstrukteure an uns sündigen.
    Colani hat vorgemacht, wie man Sitze konstruieren könnte.
     
    Der Berufsstrafgefangene Benno von Heinitz hat geschrieben, daß es keine weltanschaulichen Gründe habe, wenn sie mich bis dato vom Bautzen-Komitee ignoriert haben. Welche dann? Die Namen, die in dem Komitee auftauchen, habe ich alle schon mal in Verbindung mit der SPD gehört.
     
    Ich mache mir jetzt abends immer ein warmes Fußbad. Aufwachen tu ich in der Nacht trotzdem. Aber ich brauche keine Pille zu nehmen.
    Paeschke hat in Florida ein Haus. Ich gönne es ihm, aber er könnte uns da mal wohnen lassen.
     
    «Echolot»blüht und gedeiht. Bin bis zum 17. Januar vorgedrungen.

     
     
    «Wir dürfen Sie bitten, die Sitzgurte geschlossen zu halten.»
    Der Soziologe Alphons Silbermann schätzt bei Frauen vor allem Dummheit (FAZ).
     
    2007: Im Internet-Lexikon steht, daß er ein Charmeur und Grandseigneur gewesen sei, bissig, ironisch. Außerdem Offenbach-Spezialist. Von ihm stammt auch das Buch«Von der Kunst der Arschkriecherei».

Augsburg Fr 12. April 1991
     
    Tag der jungen Techniker und Naturforscher
Internationaler Tag der Luft- und Raumfahrt
I96I: Juri Gagarin umkreist als erster Mensch die Erde
    Vorgestern hatte ich eine Lesung in Gräfelfing, wie schon vor acht Jahren war sie auch diesmal schlecht besucht, etwa 60 Leute. Hinterher mit Bittel allerhand durchgesprochen, spät ins Bett. – Im Postkartengeschäft am Münchner Hauptbahnhof allerhand für das«Echolot»ergattert. Darunter eine Farbkarikatur aus«Life», die ich nur ausgeliehen habe, weil sie 2000 Mark kosten sollte! Werde sie kopieren und zurückschicken.
    Hier in Augsburg rattern die Straßenbaumaschinen, das ganze Haus zittert.
    Lesung in halbbesetztem Kino. Bobby, ein halbwüchsiges Mädchen, war da, 12 Jahre alt, Zahnspange, vor Ehrgeiz fast ohnmächtig. Sie schreibt einen Roman über einen Wolf und weiß alles schon, kann alles schon. Also ist ihr nicht zu helfen. Was will sie von mir?
    Augsburg ist in schrecklichem Zustand. Häßlich, brutal wieder aufgebaut. Ein enthusiastischer Mensch, Halbleib, holte mich in die Wohnung, mit Halbantiquitäten vollgestopft. Ängste.
    Ich saß lange bei einem Antiquar. Seiner Tochter schenkte ich 50 Pfennig, weil sie Zöpfe trug. Außerdem kaufte ich ein großes Porträt (Radierung) von Gerhart Hauptmann.
     
    «Sirius»wird überall gut aufgenommen. Dadurch daß er einen Monat nicht lieferbar war, ist mir ein Schaden von 20 000 Mark entstanden.
    Verkaufszahl ca. 11 000.
     
    2007: 13 000 Exemplare, Endzustand. Neuerdings rappelt er sich wieder auf.
     
    Von Frau Pröhl hörte ich, daß die«Hundstage»nächstes Jahr produziert werden sollten.
     
    Herr Halbleib berichtete von üblen Mißhandlungen durch die Polen nach’45.
     
    Einen Festvortrag soll ich halten. Die Medien feiern , sagen wir also etwas Positives, ehe wir zum Negativen kommen.
     
    Ein Fotograf erzählte mir folgende Wiedervereinigungsgeschichte:
    Mit gemischten Gefühlen. Ich hatte eine Liaison mit einer Kusine in Ost-Berlin, die ist dadurch auseinandergegangen. Das hat nur funktioniert durch die Distanz, nach dem Mauerfall waren wir einander dann viel zu nah. – Als das erste Stück der Mauer fiel, so ein Stück rausgebrochen war, standen sich ein West- und ein Ostberliner Beamter gegenüber und haben sich sehr sportlich die Hand geschüttelt.

im Zug nach Göttingen Sa 13. April 1991
     
    Jahrestag der Pionierorganisation der VR Albanien
    «Muß es denn die ‹Hörzu› auch noch sein?»fragte mich heute ein ehemaliger Kollege, der sich noch daran erinnerte, daß ich eine Vorführstunde von ihm, in der es um zwei Herbstgedichte ging, positiv beurteilt hätte.
    «Hörzu»kam heute, wieder ohne Beitrag von mir, aber gezahlt haben sie.
    (Dies ist schwer herauszukriegen, da meine Umgebung absolut jede Übersicht verloren hat und

Weitere Kostenlose Bücher