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Somniferus

Somniferus

Titel: Somniferus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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alles aus sein. Alles. Es sei
denn…
    Es sei denn, ich konnte Lisa Adolphi davon überzeugen, dass
ich ihren Vater nicht umgebracht hatte.
    Aber wer war der wahre Täter?
    Bisher hatte ich mir über diese Frage keine Gedanken gemacht,
doch nun traf sie mich mit der Wucht eines Dampfhammers. Es musste
noch jemand mit mir zusammen in Adolphis Haus gewesen sein. Warum
wurde er nicht in den Zeitungsberichten erwähnt? Warum hatten
weder Lisa noch die Polizei ihn entdeckt? Hielt er sich etwa noch
immer in dem Haus versteckt? Unwahrscheinlich, denn die Polizei hatte
es sicherlich vom Dachboden bis zum Keller durchsucht.
    Ein verrückter Gedanke, eines verrückten Mörders
würdig: War der Täter überhaupt aus Fleisch und Blut?
Ich erinnerte mich an die polternden Geräusche. Das waren keine
menschlichen Schritte gewesen. Adolphi hatte sich sonderbar benommen;
das hatte auch seine Tochter ausgesagt. Auch Jakob Weiler war in
seinen letzten Monaten sonderbar geworden. Bestand da ein
Zusammenhang? Verrückt. Wie verrückt war Adolphi gewesen?
Was hatte er getan? Ja, ich musste unbedingt mit der jungen Frau
sprechen.
    Ich bemerkte erst, dass ich mich endgültig entschieden hatte,
als ich bereits in meine Windjacke geschlüpft war und den
Haustürschlüssel in der Hand hielt.
    Zuerst aber musste ich erfahren, ob sich Lisa Adolphi noch im Haus
ihres Vaters aufhielt. Und wer war besser dazu geeignet, mir diese
Information zu geben, als Erika Junk? Also schellte ich bei ihr.
    Einen Augenblick lang befürchtete ich, ihr Mann könnte
die Tür öffnen, doch meine Furcht war unbegründet.
Frau Junk erschien in der Tür, die sie erst ganz aufzog, als sie
sah, dass nicht der irre Mörder von Manderscheid, sondern nur
ihr Nachbar geschellt hatte. Ich fragte sie, ob sie etwas Neues
über den Mordfall wisse. Sie erzählte mir lang und breit
die neuesten Theorien, in denen eigentlich nur noch das UFO aus den
X-Akten fehlte. Offensichtlich war sie froh darüber, sich
eingehend mit jemandem über diese Dinge unterhalten zu
können. »Ich würde Sie ja hereinbitten, aber mein Karl
ist da…«, sagte sie und ließ den Rest des Satzes in
der Luft hängen. Ich verstand.
    »Diese arme Tochter von Adolphi«, sagte ich, weil ich
endlich zum mich brennend interessierenden Teil kommen wollte.
»Ist sie noch hier?«
    »Stellen Sie sich vor: ja!«, stieß Frau Junk
hervor. »Können Sie das verstehen? Sie ist doch noch ein so
junges Ding. Ich sehe sie immer noch vor mir mit ihren langen braunen
Zöpfen, wie sie Hausers Georg eine ganze Gießkanne
über den Kopf geschüttet hat, nur weil er behauptet hatte,
sie wäre doof. Und dann hat sie ihn noch mit der leeren
Gießkanne vertrimmt.«
    Lisa wurde mir immer sympathischer.
    Frau Junk schien das jedoch anders zu sehen. »Ein freches
Gör, das kann ich Ihnen sagen. Jetzt tut sie mir ja doch Leid.
So etwas hat sie nicht verdient. Aber stellen Sie sich das doch mal
vor: ganz allein in dem Mordhaus und das auch nachts! Das ist ja
nicht zum Aushalten!«
    »Was soll denn jetzt noch passieren?«, meinte ich.
    »Vielleicht kommt er ja zurück…«
    »Um die ganze Familie auszulöschen? Wohl kaum.
Außerdem wird das Haus doch sicher von der Polizei beobachtet,
oder?«
    »Nein, soweit ich weiß, nicht. Sie wollte das angeblich
nicht. Komisch, nicht wahr?« Von drinnen drang eine brummige
Männerstimme. Ich verstand kein Wort von dem, was sie sagte.
    »Ja, sofort«, rief Frau Junk in das Haus hinein und
flüsterte mir dann zu: »Ich muss jetzt gehen. Karl, Sie
verstehen?« Sie machte eine entschuldigende Geste und schloss
die Tür.
    Ich wusste, was ich wissen wollte.
    Ich machte mich auf den Weg zur Dauner Straße. Als ich vor
Adolphis Haus stand, war ich mir plötzlich gar nicht mehr
sicher, ob es eine so gute Idee war, hier zu klingeln.
    Es war tatsächlich keine so gute Idee, wie sich bald
herausstellen sollte.

 
8. Kapitel
     
     
    Meine Hand zitterte. Ich wusste, dass ich in ein Wespennest
greifen würde, aber es musste sein. Meine Hand zitterte
über der Klingel.
    Ich drückte mit der Spitze des Zeigefingers ganz zaghaft auf
den Klingelknopf. Der Gong schlug an. Lange Zeit geschah nichts.
Vielleicht war Lisa Adolphi bereits wieder zurück nach Köln
gefahren. Vielleicht… Aber ihr Wagen stand noch in der
Einfahrt.
    Die Tür öffnete sich. Da war sie – und starrte mich
an. In ihrem Blick lag so vieles. Erkennen, Entsetzen, Abscheu, Hass
– aber auch ein Quäntchen Neugier und
Verständnislosigkeit.
    Ich

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