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Somniferus

Somniferus

Titel: Somniferus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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nannte meinen Namen und sagte dann rasch: »Bitte schlagen
Sie mir nicht die Tür vor der Nase zu.« Dabei versuchte
ich, einen treuen Hundeblick aufzusetzen. »Ich muss mit Ihnen
reden.«
    »Ich… ich kenne Sie!«
    »Ja, wir sind uns schon einmal ganz kurz begegnet –
unter schrecklichen Umständen, die Sie missverstanden
haben.«
    »Missverstanden!?« Ihre Stimme wurde schrill.
    »Ich bin nicht der Mörder Ihres Vaters! Lassen Sie es
mich doch bitte erklären!« Ich bemerkte eine gewisse
Unsicherheit in ihrem Blick. Hatte ich etwa schon gewonnen? Schnell
setzte ich nach: »Ich kann die ganze Sache aufklären, wenn
Sie es mir erlauben. Glauben Sie mir, ich trauere genauso um Ihren
Vater wie Sie.«
    »Haben Sie ihn etwa gekannt? Das ist mir neu. Ich kenne all
seine Freunde.«
    »Ich bin ihm… vorher schon begegnet, ja. Wir hatten eine
Unterredung in seiner Bibliothek. Und deshalb war ich an diesem Abend
zurückgekommen. Aber… müssen wir das hier
draußen besprechen?«
    Langsam schwanden Hass und Abscheu aus ihrem Blick. »Was
wollen Sie von mir?«, fragte sie leiser.
    »Nur ein kurzes Gespräch, damit ich einen
grässlichen Verdacht von mir abwenden kann. Bitte!« Ich sah
sie an wie ein geschlagener Dackel. Sie machte einen Schritt von der
Tür zurück und ließ mich hinein.
    Sie führte mich in die Bibliothek. Unwillkürlich fiel
mein Blick auf den Pfosten, an dem Adolphi zu Tode gekommen war.
Jemand hatte an ihm herumgescheuert. Nun war zwar kein Blut mehr zu
sehen, aber er besaß eine helle, wie abgebeizte Stelle, die
sich beinahe schmerzhaft von dem dunklen Holz der Umgebung abhob.
    »Setzen Sie sich doch.« Die junge Frau Adolphi wirkte
nun beinahe schüchtern. Sie hatte rote Flecken im Gesicht.
»Darf ich Ihnen… etwas zu trinken anbieten?« Sie
strich sich eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht und kratzte
sich kurz am Nacken.
    »Ein Wasser wäre nicht schlecht.«
    Sie verließ sofort die Bibliothek. Was für eine absurde
Situation. Hatte ich sie wirklich schon überzeugt? Ich schien
gewonnen zu haben, denn sonst hätte sie mich doch sicherlich
hier nicht allein gelassen. Kurze Zeit später kam sie mit einem
Glas Sprudel zurück. In dem Wasser schwammen sogar zwei
Eiswürfel. Lisa Adolphi ließ sich in den Sessel mir
gegenüber fallen – als ich zuletzt hier gewesen war, hatte
ihr Vater darin gesessen.
    Ich nahm einen Schluck, dann versuchte ich, die Situation zu
erklären. Ich gab zu, in dieses Haus eingestiegen zu sein, legte
aber Wert auf die Feststellung, dass das Kellerfenster offen gewesen
war. Ich erzählte ihr von dem Buch und davon, dass Friedrich
Adolphi bei unserem ersten Treffen auf irgendetwas gelauscht zu haben
schien.
    »Ist Ihnen das auch aufgefallen?«, unterbrach sie mich.
»Ich habe es schon seit einiger Zeit bemerkt.«
    Jetzt war sie ganz ruhig; nur an ihren glitzernden Augen war zu
sehen, dass sie vor kurzem geweint hatte. An ihren schönen,
sanften, rehbraunen Augen. Wie sie so dasaß, hätte ich sie
am liebsten in den Arm genommen und getröstet. Sie wirkte
schrecklich hilflos.
    »Er war ganz anders geworden – so nervös. Er
verhielt sich so, als würde sich andauernd am Rande seines
Blickfeldes etwas abspielen, das er nicht richtig erkennen konnte.
Aber natürlich war da nichts. Und er hat auf Geräusche
gehorcht, die es nicht gab.«
    »Seit wann war er denn so?«
    »Das kann ich nicht genau sagen. Seit einigen Monaten, glaube
ich.«
    Seit einigen Monaten. Wie mein Onkel Jakob, wenn man der
Beobachtung von Frau Junk Glauben schenken durfte. Ich erzählte
der jungen Frau Adolphi alles, was ich von dem Enchiridion
Mythologicum wusste. Es war ihr jedoch nicht einmal bekannt, dass
ihr Vater dieses Buch besaß. Ich sah es von meinem Platz aus in
der Vitrine stehen – dort, wo Adolphi es nach unserem
Gespräch hingestellt hatte. Es stand ganz harmlos da, aber mir
war, als habe es einen Mund; als grinse es mich an und verhöhne
mich. »Sie wissen nicht zufällig, wann Ihr Vater dieses
Buch gekauft hat?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe mich nie für
seine Bücher interessiert. Das war sein eigenes Revier, das er
sowieso nicht gern mit jemandem teilte – außer mit anderen
Bibliophilen, zumindest dann, wenn er sie mit seinen Schätzen
übertrumpfen konnte.« Sie hielt kurz inne und sah mich tief
und fragend an. Dann sagte sie. »Wenn Sie es nicht waren, wer
hat ihn dann umgebracht?«
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete ich
wahrheitsgemäß. Das Buch konnte

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