Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
auch nicht erwarten können.
»Ja!«, rief Tarabas dem Himmel zu, der sich von Blitzen zerreißen ließ. »Mehr kann man auch nicht erwarten?« Er ging schneller, riss die Hände aus den Hosentaschen und ballte sie zu Fäusten. Bald lief er, immer schneller, bis er das letzte Stück zu seinem Heimatdorf rannte. Niemals würde er aus dem Schatten seines Vaters treten können. Niemals! Vor einem ungefährlichen Untoten fürchtete er sich und Vincent hätte er auch nicht helfen können.
Ein Nichts bist du! Ein Nichts! Und wirst es immer bleiben!
Er stürmte ins Haus, ignorierte den Ruf seiner Mutter aus dem Küchenraum und warf die Tür seines Zimmers ins Schloss. Er hörte sich schnauben und bemerkte, dass Wasser von ihm auf den Boden tropfte. Am Holzbottich klebte noch ein wenig Farbe seiner Gedankenbilder. Davor lagen Glasscherben verstreut. Sich die Pulsadern aufschneiden – danach war ihm jetzt. Aber selbst dazu war er zu feige.
***
Eine Heerschar an Drachen schwang sich über Uldin hinweg in die Höhe zu den nachtschwarzen Wolken. In ihren Klauen hielten sie Äxte, abgerissene Arme und Kettenhemden umkrallt. Sie flogen höher und höher und schmolzen ins Dunkel. Uldin hörte ihren Flügelschlägen nach, bevor er auf einer Baumkrone landete und Ausschau nach Zwergen hielt, die noch zu kämpfen in der Lage waren und die Niederlage vielleicht doch noch abwenden konnten.
Am Schlachtfeldrand taumelte einer. Sein Körper war in Flammen gesteckt. Er gurgelte mehr, als dass er schrie. Bald stürzte er, das Gurgeln erstarb. Nur verzweifeltes hin- und herwälzen, bis schließlich die Bewegungen des Zwerges erlahmten und nur das Feuer am Züngeln blieb. Der flackernde Lichtschein umriss eine Vielzahl an toten Zwergen, die von Drachenmäulern zerrissenen worden waren. War die Schlacht verloren? Dort vorn! Uldins bester Kampfzwerg, noch lebend. Er kniete vor einem gefallenen Kameraden und entriss diesem die Axt.
Kämpfe! Ja! Kämpfe! Uldin wollte es ihm zurufen, ihm zeigen, dass er an ihn glaubte. Da stürzte ein Drache auf den Zwerg hinab und fegte seinen krallenbewehrten Schwanz über dessen Kopf. Er riss Hautfetzen mit, noch bevor der mit der Axt ausholen konnte. Die Waffe glitt ihm aus der Hand, während er zu Boden ging. Blut quoll aus seinem Hinterkopf, tropfte auf die ausgebrannte Erde, und als er sich auf den Bauch wälzte, floss das Blut über sein Gesicht. Er wischte die Augen frei und robbte zu seiner Waffe. Der Drache landete auf dem Rücken des Zwerges, drückte ihn in die heiße Erde, Rauch stieg qualmend auf und der Drache fixierte mit gelb glühenden Augen den Kopf seines Feindes. Der Zwerg stöhnte gequält, tastete nach seiner Axt, dann biss der Drache zu und der Zwerg erschlaffte. Ein anderer Zwerg, vielleicht Uldins letzter Krieger und Zeuge des Kampfes, warf die Axt von sich. Er wandte sich ab und trat fast auf einen verkohlten Artgenossen. Schnell hastete er darüber, einen entfernten Wald im Blick.
Du Feigling, dachte Uldin und flatterte ihm in den Weg.
»Kämpfe! Kämpfe! Für die Sache!«, brüllte er und drohte mit seinem Stachel. Der Zwerg stolperte rückwärts über den gefallenen Kameraden. Da tauchte ein anderer Drache auf, nur ein Auge flackerte gelb und er spuckte Feuer auf den Zwerg, der sogleich in Flammen stand, schrie, sich wälzte und doch verloren war, während sich Uldin in die Höhe schwang und dem Drachen mit seinem Stachel lähmendes Gift ins gelbe Auge stach.
Ein Donnerschlag schreckte Uldin aus den Gedanken. Er lag auf dem Boden in seinem Bau und spürte etwas auf seine Flügel tropfen. Einige der Chitinpanzer, die als Dach dienten, hatten sich gelockert und ließen Regen durch. Das Schweineleder am Fenster flatterte, auch das Spinnennetz in der Deckenecke mit den darin versponnenen Glühwürmchen. Mit dem nächsten Donnerschlag zitterte das Glas, in dem Uldin seine Orden aufbewahrt hatte und das hinter ihm auf einem Regal stand. Wenn Unwetter über dem Hornissenstaat tobten, versank er gern in Erinnerungen. Das Gefühl, einige Drachen erledigt zu haben, tröstete ihn nicht über den Schmerz seiner ersten verlorenen Schlacht als Hornissengeneral hinweg. Er hatte noch Zwergfleisch im Maul, das er mit ein paar schnellen Bissen zerkleinerte und schluckte. Hätte er nur eine Kleinigkeit zu trinken dazu. Elfenmilch, Einhornsaft oder etwas anderes. Mühselig stellte er sich auf seine vier Hinterbeine. Er war müde, durstig, sein gelb-schwarzer Bauch vom vielen
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