Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
in Gedanken das Geräusch, nachdem Tarabas dagegengetreten hatte. Ich wünsche dir alles Gute! Während er das dachte, musste er sich eine Träne aus dem Augenwinkel blinzeln. Es tröstete ihn nicht einmal, dass er nun ungestört und ohne Reviergehabe um Rodelinda buhlen konnte. Wenige Wochen hatten sie noch zu leben, das musste genutzt werden. Aber erst einmal wollte er den Kummer verarbeiten, seinen langjährigen Freund verloren zu haben. Das Mundharmonikaspiel von Birinus unterstrich durch die schiefen Töne dieses traurige Kapitel seines Lebens.
»Maunz! Maunz! Maunz! Maunz!«
Er sah auf Sinibaldo, der es augenscheinlich sehr eilig hatte. »Schon gut. Lass uns gehen.«
»Da gehen ja die Blumen ein«, rief jemand vor der Baracke und Vincent war, als wäre es Tarabas’ Stimme gewesen. »Komm, lass dir zeigen, wie man mit einer Mundharmonika spielt.«
Das war Tarabas, ganz sicher. Vincent eilte mit dem Maulwurf zum Fenster und lugte hinaus. Tarabas schob ein abseits liegendes angekohltes Holzstück Richtung Lagerfeuerplatz und trat zu den anderen. Birinus hielt ihm die Mundharmonika entgegen und Waldipert trat einen Schritt beiseite.
»Jetzt zeig uns mal, ob du das auch kannst«, sagte Saxo von Falkenthal.
»Du musst mich führen«, erwiderte Tarabas, worauf sich der Ork umsah und sich nach einem Ast bückte. Er schwang ihn hoch in die Luft. »Eins, zwei.« Dann dirigierte er mit dem Ast Tarabas’ Mundharmonikaspiel. Birinus und Waldipert legten sich gegenseitig einen Arm um die Schultern und schunkelten mit.
»Maunz! Maunz! Maunz! Maunz!«, jammerte Sinibaldo, weil es anscheinend nun sehr dringend war.
Tarabas unterbrach sein Spiel und guckte über die Schulter zum Fenster, wo Vincent stand. Sie zwinkerten sich zu, dann spielte er von Neuem.
»Und jetzt«, meinte Vincent zu seinem Maulwurf, »suchen wir dir ein ruhiges Plätzchen für dein ‚Aa’.«
***
Rodelinda lag in ihrem Rosenblätterbett, in Gedanken bei Vincent, und wünschte sich, er wäre bei ihr. Sie könnte seine haarige Brust kraulen und sich ihm hingeben. Wie gern würde sie jetzt Tagebuch schreiben, die schönen Gefühle niederschreiben, Herzchen malen, doch ihre Mutter war ohne Zauberstab nicht mehr in der Lage, Wasser in Tinte zu verwandeln. Sie betrachtete ihren verheilten Daumen und dachte bei sich, dass sie sich nicht literweise das Blut aus der Haut ritzen konnte. Zudem wollte sie sich Vincent makellos zeigen. Es musste eine andere Möglichkeit geben. Da fiel ihr der Glatzköpfler ein, der konnte auch ohne Zauberstab zaubern. Wenn nötig musste sie ihm schöne Augen machen, dann würde er ihr die Bitte nicht abschlagen können. Schnell aus dem Bett gehuscht, angezogen, und aus dem Fenster zum Weiher gespäht. Alles ruhig. Nicht einmal die Meerjungfrau war zu sehen. Schade.
»Rodelinda! Kommst du bitte mal schnell?«
Ihre Mutter lehnte eine Mistgabel gegen die Wand und prüfte, ob die Tür gut verriegelt war. »Was ist denn?«
»Die Siamesische Zwillingswespe treibt sich draußen herum«, murmelte sie.
»Aber ich muss …«
»Bitte, Kind.« Sie ging gebeugt, als läge der Kummer schwer auf ihren Schultern. »Ich könnte es nicht ertragen, wenn sie dir was antun würde. Du bist doch mein größter Schatz.«
Ich bin kein kleines Kind mehr! Rodelinda verbiss sich den Satz aus Rücksicht und stapfte zurück in ihr Zimmer.
***
Goncko klopfte im Takt mit dem Stein, den er nach der Elfe geworfen hatte und wippte zu dem Lied, das sie vor der Baracke spielten. Der Geschmack von Regenwurm-Glühwürmchen-Algen lag ihm auf der Zunge und er musste unweigerlich lächeln. Ihm gefiel es, sich mit der Elfe solch neckischen Spielchen zu liefern, obwohl er das in ihrer Gegenwart natürlich niemals zugeben würde. Wann war ihm das letzte Mal so leicht ums Herz gewesen? Als er an eine Situation mit seiner Eisprinzessin dachte, fiel der Stein zu Boden. Er schlug ihn mit dem Fuß von sich und stellte sich vor, er hätte einen Kopf der Siamesischen Zwillingswespe getroffen und nicht den Bretterverschlag. Eines Tages würde er ihre beiden Oberkörper vom Rumpf reißen. Sie elendig verbluten lassen! Das schwor er sich, obwohl ihm seit dem Krieg mit Uldins Zwergen Gewalt ein Gräuel war. Ein paar schiefe Töne mischten sich in das Lied vor der Baracke, das brachte ihn auf andere Gedanken. Er nahm sich vor, Nohiel zu suchen, diese umtriebige Elfe, und sie ein bisschen zu ärgern.
Als er an einem Busch vorbeikam, stieg ihm ein leicht
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