Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
weil sie die Gaffer ge-wohnt war, und spielte mit der Reißverschlusslasche. »Du willst mit mir über gestern reden?«
»Ja.«
»Aber ich kann nicht.«
Er hielt sie am Arm fest, sie blieben stehen. »Alena«, seufzte er. Sie stand mit dem Rücken zur Straße, sah ihn an. Er wollte sie nicht unter Druck setzen, denn er fürchtete, sein Misstrauen könnte sie nerven und dem Kontakt die Leichtigkeit stehlen. Er sah an ihr vorbei, sah auf den Mofafahrer, der am Pflaster entlangtuckerte und einen Schlenker um die Taube machte, sah sie dann wieder an.
»Ich hab heute Nacht ziemlich mies geschlafen.«
Nun wich sie seinem Blick aus, als ob er in ihren Augen etwas lesen konnte, was ihm nicht gefiel.
»Mich macht diese Ungewissheit fertig.«
Sie schwieg ihn weiter an.
»Und sag jetzt nicht, dass du nicht weißt, wovon ich spreche.«
»Ich kann es mir denken«, murmelte sie.
»Du musst es mir erklären, damit ich es verstehen kann.«
Sie nickte unmerklich und rieb über ihre Nasenspitze.
»Warum wolltest du gestern alles beenden?« Er strich über ihren Arm. »Erklär es mir.«
Sie trat einen Schritt von ihm weg und drehte ihm den Rücken zu. Er stellte sich hinter sie, ohne sie zu berühren und hauchte ihr Gänsehaut auf den Nacken. »Hallo? Ist da jemand?«
Sie griff hinter sich, fasste seine Hände und zog sie nach vorn um ihren Bauch. Er gab nach und umarmte sie.
»Frag nicht weiter nach«, flüsterte sie. »Vertrau mir, bitte.«
***
»Soll ich an der Brücke vorbeifahren, damit du die verbeulte Mauer sehen kannst?« Magdalena schaltete einen Gang hoch und drehte dann Olympic leiser.
»Wenn ich nachher Vlado vom Bahnhof abhole, sehe ich es ja.« Petr gurtete sich an, die Papiertüte mit den zwei Wurstsemmeln wäre fast von seinem Schoß gefallen. »Und Papa hat dir einfach so den Benz geliehen?«
»Ich hab mit ihm geschlafen.«
»Ha, ha!«
»Fährt sich gut, der Schlitten«, lobte Magdalena. »Und sogar mit CD-Anlage.«
»Olympic mag ich nicht besonders.« Er drückte den Radioknopf. »Worüber redet ihr eigentlich so?« Er strich über die Steinkette um sein Handgelenk und hörte Magdalena zu. Er achtete auf den Klang ihrer Stimme, der ihm so vertraut war, den er so lieb gewonnen hatte.
Sie bog in den Kundero-Weg ein. Gute zwei Minuten, dann bin ich endlich wieder daheim, dachte er. »Magdalena?«
»Hm?«
»Ich muss dir was sagen.«
»Ja?« Zögerlich stupste sie ihn mit dieser Frage an.
»Du hast mir doch mal erzählt, was Alena über dich gesagt hat … dass du dem Richtigen das Leben wohnlich gestalten wirst oder so …«
»Und weiter?«
»Ich weiß nicht, ob ich für dich der Richtige bin, aber ich fühle mich durch dich bei mir wieder zu Hause.« Er sah halb zu ihr hinüber, bekam ihr Lächeln mit und freute sich. Aus den Augenwinkeln nahm er eine Schwarzhaarige wahr. Alena? Das war sie doch. Mit einem Typen im Arm. War das nicht Ondrej?
»Sieh mal!« Magdalena deutete auf die andere Seite. Eine Taube saß auf dem Sitz eines Mofas, der Junge davor fütterte sie mit Krümeln.
»Ja … schön …« Er sah nach hinten, sah zurück. Es waren Alena und dieser Ondrej. Sie küssten sich.
»Was hast du?«
»Hm?«
»Nach wem hältst du Ausschau?«
»Ach, nach niemandem.« Petr setzte sich wieder bequem hin und ver-sank in Gedanken.
Der beste Freund von Vlado mit Alena, dessen Zukünftiger. Über diese Nachricht würde er nicht erfreut sein. Dann kann ich ja Ondrejs Rolle übernehmen, dachte Petr und mampfte eine Wurstsemmel.
»Du hast doch was … bist plötzlich so anders.«
Petr winkte ab. »Ich hab nur noch nicht gefrühstückt.«
Magdalena schaltete einen Gang zurück und legte eine Hand auf sein Knie. »War übrigens sehr schön, was du vorhin gesagt hast. Hat mich ungemein gefreut.«
Petr erzählte seinem Vater, dass er Magdalena zu Hause absetzen würde, verschwieg aber den Abstecher zum Bahnhof.
Er parkte auf dem Bahnhofsvorplatz, legte eine CD ein, R. E. M., und sah auf die Uhr neben dem Drehzahlmesser. Eigentlich müsste Vlado längst herausgekommen sein, überlegte Petr, sah auf die andere Straßen¬seite und entdeckte ihn in einer Telefonzelle. Mensch, beeil dich, ich will hier keine Wurzeln schlagen.
Er strich ein paar Brösel vom Beifahrersitz, angelte ein Feuerzeug aus der Hosentasche und versengte die Härchen an den Fingerrücken. Dann wollte er den Rückspiegel einstellen, der verrutschte aber, weil Petr zusammenzuckte. Magdalena! Mit einem Kinderwagen?
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