Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
Er warf einen Blick über seine Schulter. Nein. Das war sie nicht. Diese zierliche Blon¬dine sah ihr sehr ähnlich, aber Petr hatte sich getäuscht. Jetzt war ihm ganz grummelig im Magen. Sie hatte vorhin nur kurz die Hand auf sein Knie gelegt und doch war es mehr. Er konnte Vlado nicht mehr helfen und er wollte es auch nicht. Losing my religion lief aus der CD-Anlage und die Blondine passierte Petrs Auto. Er sah ihr nach und stellte sich vor, wie Magdalena mit ihm zusammen einen Kinderwagen durch die Gegend schob, sein Baby, ein Mädchen. Dagmar würde es heißen, vielleicht. Wie seine Mutter. In Gedanken schob er das Deckchen zur Seite und hob Dagmar in die Luft. Hui! Mit großen, blauen Augen lächelte sie ihn an. Der Kopf wackelte. Er drückte das Baby an die Brust, legte seinen Zeigefinger in das Händchen und schaukelte es im Arm.
»Hey! Träumst du?« Vlado klopfte aufs Autodach, und Petr fiel das Feuerzeug aus der Hand. »Aufwachen.« Vlado verstaute die Reisetasche im Kofferraum und stieg ein. »Wem gehört der Benz?«
»Meinem Vater.«
»Und du nutzt ihn als Müllhalde?« Er schaute in Richtung seiner Füße. Petr beugte sich zu ihm hinüber. Vlado meinte die zerknüllte Papiertüte von den zwei Wurstsemmeln. »Alena hat mir erzählt, was passiert ist. Jetzt geht’s dir hoffentlich wieder besser.«
Petr nickte nur, weil er am Klang der Stimme hörte, dass es Vlado nicht sonderlich interessierte.
»Hey, wonach stinkt es hier?«
Petr zeigte die Hand mit den angeschwärzten Fingerrücken.
»Du bist doch krank.« Vlado kurbelte das Seitenfenster hinunter und fächerte die Luft hinaus. »Und was hörst du hier für einen Käse?« Vlado stellte Man on the moon ab, holte dann eine Schatulle aus der Hosentasche hervor und klappte sie auf. Zum Vorschein kam ein Gelbgoldring mit Brillanten. »Sieh mal her. Der ist für Alena.«
»Darf ich ihn mal nehmen?«
Petr hielt den Ring nah vor die Augen. So einen würde er Magdalena auch gern schenken. Sollte er Alena nicht doch verraten? Vlado würde es ohnehin erfahren. Und wenn er es durch ihn erfahren würde, behielt er sich die Chancen offen, Vlados bester Freund zu werden. Der Schlüssel zu mehr Einfluss. Aber was würde Magdalena dazu sagen? Sie musste es ja nicht erfahren.
»Was bedeutet die 585 im Ring?«
»Bis ich dir das erkläre …« Vlado schnappte sich den Ring.
»Das Teil muss ein Vermögen gekostet haben.«
»Haben meine Alten spendiert. Ich habe ihnen das Passbild von Alena gezeigt. Sie waren begeistert.« Vlado steckte den Ring zurück in die Schatulle und schnallte sich an. »Ich muss nachher weiter nach Prag.«
»Dann fahre ich dich jetzt nach Hause.« Petr startete den Wagen.
»Nein, mein Lieber. Die Fahrt geht nach Viska.«
»Viska? Zu Alenas Mutter?«
»Hab eben mit ihr telefoniert.«
»Aha … Kein Geld für ein Taxi?«
»Jetzt stell dich nicht so an.«
»Na toll«, seufzte Petr. Sein Vater würde sich Sorgen machen.
»Hey«, sagte Vlado, »sieht ja schwul aus.« Er meinte das Steinarm-band.
»Hat Magda mir geschenkt.« Petr überlegte tatsächlich, ob er es abstreifen sollte, dann entschloss er sich dagegen. Vlado musste es ja nicht gefallen.
»Demnächst schenkt sie dir Lippenstift.«
»Was soll das? Musst du dich immer über andere lustig machen?« Petr legte den ersten Gang ein. So ein blöder Arsch, dachte er. Halt einfach die Fresse! Am liebsten hätte er Vlado hinausgeworfen.
»Du magst die Zicke, hab ich recht?« Vlado steckte die Schatulle zurück in die Hosentasche und grinste selbstzufrieden.
»Ist das ein Problem für dich?«
»Nein, nein.« Vlado lachte. »Mich wundert nur, mit welch einfachen Mitteln dich das Knochengestell glücklich machen kann.«
»Dafür geht mir meine Freundin auch nicht fremd«, raunzte Petr und bemerkte, wie Vlado aufhorchte.
»Wie meinst du das?«
Petr erkannte, dass er damit etwas angedeutet hatte, und verkrampfte sich.
»Petr?«
»Ich … nein.«
»Wie, was nein?«
»Ich hab das nur so gesagt.«
Vlado packte Petrs Arm. »Freundchen, ich bin nicht blöd. Was wolltest du mir damit sagen? Dass Alena fremdgeht?«
Petr verstrickte sich, indem er schwieg.
Vlado trieb seine Fingernägel in Petrs Arm.
»Aua!«
»Nun red’ schon«, zischte Vlado.
»Na gut.« Petr stellte den Motor ab und erzählte, was er wusste. Er hielt Ausschau nach der Blondine mit dem Kind, doch sie war nicht mehr zu sehen.
»Gnade dir Gott, wenn du mir Schwachsinn erzählst.« Vlado ballte die Hände zu
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