Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
Brückenboden vibrierte unter seinen Schritten.
»Komm jetzt! Steh endlich auf!«
Alena wagte nicht, sich zu bewegen. Er blieb vor ihr stehen, sie konnte es am Knirschen des Splitts hören.
»Hörst du schlecht?« Er trat ihr auf die Finger, nicht mit dem ganzen Gewicht, und sie schrie.
»Steh auf!«
Alena hob langsam den Kopf. Er fühlte sich an, als wäre er mit kiloschweren Gedanken gefüllt.
»Was hast du vor?«
»Das fragst du noch?« Er ging in die Hocke, seine Knochen knackten. Alena drehte sich weg, da spürte sie seine Hand in ihren Haaren. Er riss ihren Kopf hoch, drehte ihr Gesicht zu sich. Fauliger Atem schlug ihr entgegen. Wie er sie anstierte. Der Hass in seinen Augen. Sie fragte sich, was sie ihm nur angetan hatte.
Alena wandte den Blick ab und sah an ihm vorbei. Die Polizeisirenen kamen näher.
»Schau mich an«, spie er ihr regelrecht zu. Speicheltröpfchen kribbelten an ihren Wangen. »Und präg dir mein Gesicht gut ein.« Er zog den Griff fester und Alena konnte spüren, wie sich Haare von der Kopfhaut lösten. Sie musste die Zähne zusammenbeißen. Tränen trieben ihr in die Augen. »Bitte … hör auf damit …«
»Ja. Winsle nur!« Er ließ los, und Alena spannte die Nackenmuskeln an, mit letzter Kraft, konnte so verhindern, dass sie ungebremst mit dem Kinn aufschlug. Sie zog den Arm zurück, bettete den Kopf darauf und hoffte, dass die Polizei nach ihr suchen würde.
»Steh auf«, knurrte Martin und stieß mit der Schuhspitze gegen ihre Schulter.
»Ich hab dir doch …«
»Halt die Fresse, Schlampe!«
Alena wollte sich aufraffen, aber es ging nicht. Kein Gefühl im Körper, keine Kraft.
»Hörst du schlecht? Aufstehen!«
»Bitte tu mir nichts.«
»Hattest du Mitleid, als ich fast ersoffen wäre?«
»Was meinst du?«
»Ach, leck mich!«
»Martin, du …« Alena musste husten, etwas kam die Speiseröhre hoch, sie schluckte es zurück. »… du machst es nur noch schlimmer.«
»Um so besser!« Er trat ihr in die Seite, heftig. Wieder kam etwas hoch, wellenartig. Alena erbrach die halb verdauten Gemüsenudeln und spuckte den bitteren Geschmack auf die zerkauten Erbsen. Bevor sie den Kopf ins Erbrochene sinken lassen musste, packte er sie unter den Achseln und zog sie hoch. Sollte sie ihm das Messer entreißen und in seinen Bauch rammen? Nein. Ihn mit dem Messer bedrohen, auf Distanz halten? Ihr fehlte die Kraft. Sie konnte sich nicht einmal auf den Beinen halten. Er lehnte sie an das Geländer, der Kaugummi verfing sich in ihren Haaren.
»Alles hätte ich für dich getan. Alles! Aber du hurst durch die Gegend und demütigst mich. Über meinen Brief hast du dich bestimmt lustig gemacht.«
»Martin, bitte. Ich …«
»Halt die Fresse, hab ich gesagt.« Er presste sie an das Geländer. Eine Sprosse drückte gegen ihre schmerzenden Rippen, sie biss sich auf die Lippen, unterdrückte den Schrei. In einiger Entfernung kreiselte blaues Licht durch die Dunkelheit, begleitet von dem Sirenengeheul. Er fuhr ihr mit einer Hand zwischen die Beine und hob sie an. Sie presste die Schenkel um seinen Arm, ihre Füße verloren den Halt. Sie umklammerte das Geländer, wollte sich wehren, erfolglos. Sie wollte leben. Mit Ondrej! Sie schlug mit dem Fuß aus, traf Martin, vielleicht am Oberschenkel. Er gab keinen Ton von sich, als hätte er es gar nicht registriert. Wieder schlug sie aus, so fest es ging, und zappelte ein wenig.
»Denkst du, das hilft dir was? Bist doch nicht so schlau.« Er lachte und schob sie noch ein Stück weiter hoch. Gleich würde er sie übers Geländer werfen. Es war ihr nun egal, sie wollte nur noch Ruhe haben. Sie sah auf den Felsen, der aus der Apolena ragte, und entschwand in ihre Märchenwelt, wie damals, bei Milan.
Martins Gebrabbel holte sie aus ihren Gedanken zurück. Er murmelte etwas von Ondrej, dass er ihm den Kopf eingeschlagen hatte, mit Freude, und er daran bestimmt verrecken würde.
Ondrej? Tot? Ihre Muskeln spannten sich. Von Hassgefühlen angepeitscht schlug sie mit dem Ellenbogen nach hinten, und traf Martin ins Gesicht.
Er stöhnte auf, ließ etwas lockerer. Sie konnte den Polizeiwagen erkennen, der angebraust kam, da versetzte ihr Martin einen Schlag in den Rücken. Sie steckte es weg, wand sich um ihn und bekam sein Messer zu fassen. Er ließ sie los, sie kam zum Stehen, wischte mit dem Messer nach ihm und streifte seinen Oberarm.
»Du Biest!« Er setzte drei Schritte zur Seite.
»Komm mir ja nicht mehr zu nahe!« Von Bauchschmerzen gebeugt
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