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Titel: Sonderauftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. Heidenreich; T. Trczinka
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und Vermögenswerte? Wer bereicherte sich an ihrem Eigentum, nachdem sie in dieses unvorstellbare Grauen abgeschoben worden waren? Der Holocaust hatte viele Väter und Mütter!«
    »Und er richtete sich nicht nur gegen Juden.« Ewa sprach ebenso leise wie Dr. Neumann, aber nicht weniger eindringlich.
    »Leider haben Sie recht. Alles, was die deutschen Rassenfanatiker als nicht arisch ansahen, wurde gequält, gefoltert, ausgebeutet und ausgelöscht. Kommen Sie mal mit.«
    Er ging zu einer Schautafel am Ende des Saales.
    »Hier haben wir dargestellt, wie es nach dem Krieg um die jüdische Gemeinde bestellt war. Genauer gesagt, es gab sie nicht mehr. 1947 versammelten sich schließlich 22 Juden in Stralsund, um eine neue Gemeinde zu gründen. Da keine zehn männlichen Juden anwesend waren, misslang dieses Vorhaben.«
    »Warum zehn?«
    »Die braucht man, um einen vollständigen jüdischen Gottesdienst abzuhalten.«
    Kröger fragte: »Keine zehn Männer oder Knaben lebten mehr in Stralsund?«
    »Oh, nicht in Stralsund, Herr Kröger. Wir reden von einem Gebiet, das von Rügen über Stralsund und Greifswald bis nach Ückermünde und Randow reicht. Eingeschlossen Anklam, Grimmen und Demmin.«
    Er tippte auf eine Landkarte, die Auskunft über die genannten Kreise gab.
    »Oh, Gott!« Kröger und Vollert betrachteten entsetzt die Karte.
    Als sie sich umdrehten, waren sie umringt von Jugendlichen, die genauso aufmerksam die Tafel anschauten. Leise verließen sie den Saal.
    »Ich glaube, ich sollte meine Frau über die Ausstellung informieren. Sie ist Lehrerin!« Kröger war sichtlich betroffen.
    »Das machen Sie unbedingt! Wir haben zwar alle Schulen im Umland informiert, aber gegen Werbung haben wir nichts einzuwenden. Geschichte muss zum Anfassen sein!«
    Kröger nickte. »Sonst können Sie uns nicht weiterhelfen?«
    Die beiden Spezialisten wechselten einen kurzen Blick und Ewa meinte dann: »Leider noch nicht, aber wir geben uns Mühe. Wir melden uns, wenn wir eine neue Spur haben. Sagen Sie mal, Herr Kröger, Sie sprachen vorhin von weiteren Kunstobjekten, zumindest glaube ich, das aus Ihren Andeutungen herausgehört zu haben. Wäre es möglich, auch diese in Augenschein nehmen zu können?«
    Kröger musterte die vor ihm stehende Frau.
    »Dazu müssten wir sie erst haben, aber ich denke, das wird kein Problem werden.«
    Als Kröger und Vollert wieder auf der Straße standen, strahlte die Sonne wie zuvor, und doch kam es beiden so vor, als wäre es dunkler geworden.

18
    Am darauffolgenden Vormittag fuhren sie wie verabredet zum alten Fenske. Als sie klingelten, öffnete ihnen die Tochter und bat sie freundlich herein.
    »Soll es losgehen?« Der alte Fenske war aufgestanden.
    »Einen Moment noch, Herr Fenske. Wir haben erst noch ein paar Fragen.«
    Der alte Herr ließ sich wieder in den Sessel fallen. »Dann fragen Sie mal.«
    Er wirkte heute nicht mehr ganz so unglücklich. Wahrscheinlich hatte ihn das gestrige Geständnis erleichtert und auch mit seiner Tochter schien er gesprochen zu haben.
    »Mein Vater hat lang genug geschwiegen«, fügte sie wie aufs Stichwort hinzu.
    »Herr Fenske, Sie sagten gestern aus, dass von Schleyersdorf in der besagten Nacht vor das Schloss gefahren kam und dort die erste Kiste abladen ließ.«
    Fenske bestätigte das.
    »Meine Frage ist nun: Warum fuhr er nicht gleich zum See und versenkte die Kisten dort, sondern ließ sie am Schloss abladen?«
    Der Alte stopfte bedächtig seine Pfeife, bevor er antwortete.
    »Es gab früher nur einen schmalen Weg vom Schloss zum See. Erst im Winter des Jahres 1944/45 wurde dieser verbreitert, sodass ein Fuhrwerk oder ein LKW dort durchfahren konnte. Wernher von Schleyersdorf wusste davon nichts.«
    »Schön, dass wir das klären konnten. Wir haben Informationen, dass Göring des Öfteren auf dem Schloss weilte. Wissen Sie etwas davon?«
    Fenske kaute auf dem Mundstück herum. Kröger hoffte, dass er die Pfeife nicht anzündete.
    »Der Dicke kam meist zur Jagd oder zu einer großen Feier, aber soweit ich mich erinnere, höchstens drei- oder viermal.«
    »Haben Sie eine Ahnung, ob dort über Kunstwerke oder über Judenverfolgung gesprochen wurde?«
    Langsam nahm Fenske die Pfeife aus dem Mund, sein Blick schweifte erst zu seiner Tochter und dann zu Kröger.
    »Also, davon weiß ich nichts.«
    »Sie waren aber der Kutscher?«
    »Ja, war ich. Nur dass ich selten die Herrschaft kutschierte. Die von Schleyersdorfs hatten doch ein Auto und meistens wurden sie damit

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