Sonea - Die Heilerin: Roman
denen sie und Lorandra sich aufgehalten hatten. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand, nur dass sie irgendwo in der Stadt war.
Als Erstes waren sie in das gleiche Glühhaus in der Inneren Stadt gegangen, in das auch Naki Lilia gebracht hatte. Man hatte Lorandra sofort erkannt und sie mit Respekt behandelt. Während ein Mann sie beiseitegenommen hatte, war ein anderer erschienen, hatte Lilia gesehen, innegehalten und sie angestarrt und gegrinst. Er hatte nichts gesagt, sondern nur grinsend dagestanden, bis Lorandra zurückgekehrt war. Dann war er erbleicht und davongeeilt.
Eine Kutsche hatte Lilia und Lorandra zu einem Ort außerhalb der alten Stadtmauern gebracht. In den Räumen dort war viel gelacht worden, und das scheinbar unheilverkündende Stöhnen, das sie hinter einer Tür gehört hatte, hatte Lilia beunruhigt, bis sie an einer offenen Tür vorbeigingen und sie einen Blick auf die spärlich bekleidete Frau in dem Raum werfen konnte.
Danach kam sie sich sehr naiv und einfältig vor, aber es sollte noch schlimmer werden. Ein Fußmarsch führte sie durch kalte, mit Schlamm und Abfällen übersäte Gassen, gelegentlich vorbei an einem zitternden, in einer Tür kauernden Menschen. Am Ende versteckten sie sich in der Dunkelheit und warteten, bis drei Straßenräuber damit fertig waren, einen anderen Mann besinnungslos zu schlagen. Lilia war entsetzt, als Lorandra die Männer ansprach, aber ihr Entsetzen steigerte sich noch, als sich herausstellte, dass sie die alte Frau kannten.
Die Männer hatten Lorandra in ein Haus eingeladen, das sich als das Heim einiger Mitglieder einer Bande erwies, die sich gegen Bezahlung bereitfanden, »schwere Arbeit« zu tun. Lilia, die stumm lauschte, vermutete, dass diese Männer gelegentlich Dinge heben und tragen mussten, dass ihre Arbeit im Allgemeinen jedoch auch darin bestand, Menschen zu schlagen und zu töten.
Sie waren überraschend freundlich zu ihr, fragten sie, ob sie Hunger habe, und boten ihr den am wenigsten abgenutzten Sessel im Gästezimmer an. Obwohl sie Lorandras Beispiel folgte und behauptete, keinen Hunger zu haben, schickte ihr Anführer einen Mann der Gruppe aus, um bei dem Bäcker um die Ecke warmes Brot zu kaufen, und als er ihr einen Becher Bol in die Hand drückte, kam sie zu dem Schluss, dass es nicht klug wäre abzulehnen.
Das Bol war widerlich süß und machte sie schläfrig. Die späte Stunde schien Lorandra nichts auszumachen, denn die alte Frau redete unermüdlich und ging im Raum auf und ab. Es folgte ein längerer Weg, und Lilia ging hinter ihrem Führer durch eine verwirrende Abfolge von Räumen, Fluren und Tunneln und trat gelegentlich für einige Schritte hinaus an die frische Luft. Zu guter Letzt machten sie in einem warmen Raum Halt, und als Lorandra auf einen Sessel deutete, ließ Lilia sich hineinfallen.
Der Sessel war überraschend bequem. Und er war auch nicht so alt wie die in den anderen Häusern, durch die sie gekommen waren. Lilia schaute auf und bemerkte, dass die Möbel und die Einrichtung des Raums teuer waren. Dann hörte sie ihren Namen und stellte fest, dass der Mann, der ihr gegenübersaß und sie mit schmalen Augen beobachtete, in der Tat sehr gut gekleidet war. Er lächelte, und sie zwang sich, sein Lächeln zu erwidern.
»Die Freundin dieses verschwundenen Mädchens«, erklärte Lorandra ihm.
Er nickte, und seine Miene wurde ernst, als er sich zu ihr umwandte. »Dann müssen wir Naki finden. Die Sonne steht bereits hoch am Himmel. Eure Flucht liegt viele Stunden zurück. Ich habe hier Zimmer, in denen Ihr schlafen könnt, wenn Ihr wünscht.«
Lorandra zögerte.
Die Sonne ist schon aufgegangen? Lilia fuhr hoch. Der letzte Teil ihres Weges hatte sie durch lange Gänge und Tunnel geführt, und sie begriff, dass sie seit Stunden den Himmel nicht mehr gesehen hatte. »Aber wir müssen zurück!«, rief sie.
»Es tut mir leid, Lilia«, sagte Lorandra. »Die Morgendämmerung ist schon seit Stunden vorbei. Wir haben unsere Chance verpasst zurückzukehren. Ich habe nicht geglaubt, dass es so lange dauern würde, jemanden zu finden, der uns helfen kann. Wollt Ihr jetzt zurückkehren?«
Lilia starrte die Frau an. Wenn wir jetzt zurückkehren, wird die Gilde dafür sorgen, dass wir nie wieder entkommen. Wir werden Naki nicht helfen können.
Sie hätte wissen sollen, dass dies geschehen würde. Sie hatte erwartet, dass sie jede Nacht Nachforschungen anstellen und in den Ausguck zurückkehren würden, bevor man ihre
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