Sonea - Die Heilerin: Roman
lächelte dünn. »Betrachtet es einmal so: Falls mein König mir befehlen sollte, Euch zu töten, würde ich gehorchen. Ohne zu zögern.«
Dannyl starrte den Mann an. Achatis Augen waren hart und seine Miene herausfordernd. Er meint ernst, was er sagt, aber andererseits – würde ich nicht das Gleiche tun, sollten wir zu Feinden werden? Vermutlich. Ich hätte ein schlechtes Gefühl deswegen, aber … wie wahrscheinlich ist das? Er schob diesen Gedanken beiseite. Eines stimmt allerdings: Ich hätte ein schlechtes Gefühl deswegen, ganz gleich wie nah wir uns stünden, und es ist nicht so, als könnten wir jemals etwas tun, das andere an unserer Loyalität zweifeln ließe – wir können zum Beispiel keine Kinder bekommen oder heiraten …
Es war nicht so, als wollte Achati überhaupt irgendeine Bindung. Ausnahmsweise einmal gefiel ihm das. Obwohl Dannyl eigentlich entsetzt über das Eingeständnis des Mannes sein sollte, dass er ihn töten würde, falls er den Befehl dazu bekäme … war es auch seltsam erregend.
»Also … Ihr würdet nicht zögern? Nicht einmal ein klein wenig?«, fragte er.
Achati lächelte, stieß sich von der Wand ab und bewegte sich in die Mitte des Beckens.
»Nun, vielleicht ein klein wenig. Ihr könntet hierherkommen und mich davon überzeugen, wie lange ich zögern sollte.«
Mit einem leisen Lachen angesichts der Einladung seines Freundes rutschte Dannyl ebenfalls in die Mitte des Beckens. Für einige Herzschläge sahen sie einander an. Die Zeit schien stehen zu bleiben.
Dann erstarrten beide, als vom Eingang des Badehauses gedämpfte Stimmen erklangen. Sie rückten hastig auseinander und standen auf, damit sie sehen konnten, wer sich dort näherte. Dannyl war erleichtert festzustellen, dass die Tür noch immer geschlossen war.
Die Stimmen verstummten, dann erklang ein Klopfen an der Tür. Achati sah Dannyl an, und sein Ärger war befriedigend offenkundig. »Ich habe den Sklaven den Befehl gegeben, uns auf keinen Fall zu stören, es sei denn, es wäre dringend.«
»Dann solltet Ihr besser herausfinden, was los ist«, erwiderte Dannyl.
Achati stieg aus dem Becken und holte sich mithilfe von Magie einen Umhang heran. Er warf ihn sich über und ging zur Tür.
»Herein.«
Die Tür wurde geöffnet. Dannyl bemühte sich hastig um einen neutralen Gesichtsausdruck, als er Tayend durch die Öffnung spähen sah. Je verärgerter ich wirke, desto argwöhnischer wird er sein. Im Innern hatte er das Gefühl, als koche sein Blut vor Zorn.
»Störe ich?«, fragte Tayend. »Die Sklaven sagten, Ihr wärt hier, und nachdem Ihr erzählt habt, wir müssten diese Bäder ausprobieren, schien es mir unhöflich, nicht herzukommen und sie mir anzusehen.«
»Natürlich stört Ihr nicht«, antwortete Achati. Er führte Tayend zu dem Reinigungsbad und erläuterte die Prozedur.
Als er dann zu Dannyl zurückkehrte, lächelte er und formte mit den Lippen lautlos ein Versprechen.
Später.
Nicht lange nachdem er auf der Krankenstation eingetroffen war, kam eine Magierin, um Lorkin zu den Höhlen der Steinemacher zu begleiten. Es widerstrebte ihm ein wenig fortzugehen, da die Frau, die an Kalias Stelle getreten war, immer noch dabei war, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wo alles aufbewahrt wurde und von welchen Gebrechen sich die Patienten in den verschiedenen Betten erholten. Aber als die Begleitung eintraf, scheuchte sie Lorkin davon.
»Geh«, befahl sie. »Ich komme schon mit allem klar.«
»Ich werde später zurückkehren«, versprach er.
Die Magierin, die ihn begleiten sollte, lächelte ihn schüchtern an und sprach wenig, während sie ihn zu den Höhlen führte. Es war so ungewöhnlich, dass eine Verräterin scheu und verlegen war, dass er der Versuchung widerstand, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Wenn eine Jugend an einem Ort, an dem Frauen Macht besaßen, ihr nicht geholfen hatte, kühn und selbstbewusst zu werden, dann musste die Verlegenheit sehr tiefe Wurzeln haben – und es würde vielleicht mehr schaden als nutzen, diesbezüglich etwas zu unternehmen.
Sie führte ihn weit in die Stadt hinein, in eine Tiefe im Berg, in der die meisten Verräterinnen nicht mehr gern lebten. Der Gang wurde kurvig, und sie kamen an Öffnungen von Höhlen zu beiden Seiten vorbei. Bei seinem letzten Besuch hier, als man ihn aus der Höhle eskortiert hatte, die Evar ihm gezeigt hatte, war es ihm nicht klug erschienen, allzu großes Interesse an diesen Höhlen zu zeigen. Jetzt stand es ihm frei
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