Sonea - Die Heilerin: Roman
verspürte lange vergessenen Abscheu und Ärger über ihre Situation, gefolgt von Neugier. War einer dieser Männer vielleicht ein Spion der Verräterinnen?
»Ich bin Lord Lorkin, Botschafter Dannyls Assistent«, sagte er. »Bringt mich zu Botschafter Dannyl.«
»Botschafter Dannyl ist nicht hier«, sagte der Türsklave.
»Oh. Nun. Bringt mich hinein. Ich würde mich gern waschen und saubere Roben anziehen.«
Der Türsklave winkte und ging auf das Gildehaus zu. Lorkin folgte ihm. Beim Anblick des Herrenzimmers und der sanft gekrümmten Wände bemächtigten sich seiner machtvolle, sentimentale Empfindungen.
Ich habe es geschafft. Ich bin endlich wieder dort, wo alles begonnen hat.
Der Mann, der ihn durchs Haus geführt hatte, blieb stehen, um mit einer Sklavin zu flüstern. Sie nickte und eilte davon. Eine weniger angenehme Erinnerung setzte ihm zu, als der Türsklave ihn in seine alten Räume führte: die Erinnerung an eine tote Frau, die nackt auf seinem Bett lag. Dieser Raum war dunkel. Der Sklave führte ihn zu einem anderen Schlafzimmer in dieser Gruppe von Räumen, dann warf er sich zu Boden. Lorkin schickte ihn weg.
Er schuf eine Lichtkugel, schaute sich um und nickte. Es war sehr rücksichtsvoll von dem Sklaven gewesen, einen anderen Raum auszuwählen.
Die Sklavin kehrte mit einer großen Wasserschüssel und einigen Handtüchern zurück, dann ging sie wieder. Eine weitere Sklavin brachte frische Roben. Lorkin erwärmte das Wasser mit Magie, dann streifte er das Jägergewand ab und begann sich zu waschen.
Ein Geräusch lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die Tür. Er erwartete einen weiteren Sklaven, aber stattdessen fand er sich einer Frau in grünen Roben gegenüber. Sie starrte ihn mit dem gleichen Erstaunen und einer Spur Feindseligkeit an.
Dann begriff er, wer sie sein musste.
»Ihr seid meine Nachfolgerin«, rief er aus. Eine weibliche Assistentin? Hier in Sachaka? Sofort verspürte er Bewunderung für ihren Mut, sich freiwillig für eine solche Aufgabe zu melden.
Sie blinzelte, dann dämmerte ihr die Erkenntnis. »Lord Lorkin! Ihr seid zurück!«
Er nickte. »Ja. Wo ist Botschafter Dannyl?«
Sie verdrehte die Augen. »In Duna, wo er sich damit amüsiert, die Einheimischen kennenzulernen. Er hat mich ganz allein zurückgelassen, damit ich mich um alle anfallenden Dinge kümmere.« Sie senkte den Blick auf die Jägerhose, dann schaute sie ihm wieder ins Gesicht. »Wie zum Beispiel um Euch.«
Duna! Es könnte Wochen dauern, bis er zurückkommt. Was werde ich tun, wenn der König mich vor Dannyls Rückkehr rufen lässt?
»Ich heiße übrigens Merria«, sagte sie und lächelte. »Ich lasse Euch jetzt allein, damit Ihr Euch ankleiden könnt. Wenn Ihr fertig seid, schickt einen der Sklaven zu mir. Ich werde im Herrenzimmer sein. Wir sollten uns besser überlegen, was wir tun wollen. Braucht Ihr zuerst ein wenig Schlaf?«
»Nein, aber etwas zu essen wäre schön.«
Sie nickte. »Ich werde dafür sorgen.«
Dannyl, der gerade aus einem Nickerchen erwacht war, blickte sich in der Kajüte um. Von Tayends Bett kam ein leises Schnarchen. Das Stampfen und Rollen des Schiffes war immer noch sehr deutlich, aber es hatte jetzt schon vor einiger Zeit aufgehört, in allen Fugen zu beben und zu ächzen. Dannyl hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war. Mehr als nur einige wenige Tage, vermutete er.
Er hörte schwere Schritte, dann wurde ihm bewusst, dass dies das Geräusch war, das ihn geweckt hatte. Die Tür der Kajüte wurde geöffnet. Achati hielt auf der Türschwelle inne, dann ließ er den Rahmen los, taumelte vorwärts und hielt sich an der Kante seines Bettes fest. Er kroch hinein und ließ sich mit dem Gesicht nach unten auf die Matratze fallen.
Dannyl erhob sich aus dem Sessel und ging auf den Sachakaner zu. »Ist alles in Ordnung mit Euch?«, erkundigte er sich.
Achati stöhnte, dann seufzte er. »Ja. Nur … müde.« Mit Mühe rollte er sich auf den Rücken. »Der Sturm ist weitergezogen. Seht es Euch auf Deck an, wenn Ihr wollt.«
Dannyl, der sich ein Kichern verkniff, verließ die Kajüte durch die offene Tür und zog sie hinter sich zu. Dann ging er die kurze, steile Treppe zum Oberdeck hinauf und trat durch die Luke ins Sonnenlicht.
Die wenigen Sklaven, die noch auf Deck waren, standen mit herabgesunkenen Schultern da und hielten sich an Seilen oder an der Reling fest, als seien sie zu schwach, um ihr eigenes Gewicht zu tragen. Der Kapitän schaute zu, während ein anderer
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