Sonea - Die Heilerin: Roman
erboten hatten, nachts über die Patienten zu wachen, um genau das zu vermeiden.
Als er aufbrach, rief Kalia seinen Namen. Er drehte sich um.
»Du darfst gehen«, sagte sie. »Besuche Velyla nicht ohne mich.«
Er nickte zum Zeichen, dass er verstand. Als er sich auf den Weg zur Wohnung des kranken Mädchens machte, fragte er sich, was sein Ungehorsam ihn wohl kosten würde.
Er kam nicht bis zu der Wohnung.
Eine Frau trat aus einem Nebenraum und winkte ihn heran. Er wusste, dass sie eine von Savaras Anhängerinnen war, aber trotzdem zögerte er, bevor er ihr in den Raum folgte. Dann sah er die vier Menschen, die dort warteten, und seine Zweifel zerstoben.
Der Raum war ein großer, halb leerer Lagerraum für Nahrungsmittel. Auf einem improvisierten Bett lag Velyla, und sie war bewusstlos. Ihre Eltern beugten sich über sie. Neben ihnen stand Savara.
»Lorkin.« Savara lächelte. »Ich dachte schon, sie würde dich niemals gehen lassen«, sagte sie.
Er verzog das Gesicht. »Ich denke, sie hat gehofft …« Er riss sich zusammen und sah die Eltern an. Gehofft, dass das Mädchen sterben würde, bevor ich eine Chance hatte, es zu heilen. Aber das kann ich vor ihnen nicht laut aussprechen. Er ging zu dem provisorischen Bett hinüber, dann blickte er zu dem Ehepaar auf. »Ich werde versuchen, sie mit Magie zu heilen, aber ich kann nicht versprechen, dass ich in der Lage sein werde, sie zu retten. Eine magische Heilung hat nicht immer Erfolg, obwohl ich nie erlebt habe, dass sie Schaden angerichtet hätte. Ich werde es nur versuchen, wenn Ihr mir die Erlaubnis dazu gebt.«
»Die geben wir«, sagte der Vater, und seine Frau nickte.
»Und ich werde das Geschehen bezeugen«, ergänzte Savara leise.
Lorkin sah sie an. Tyvara musste Savara von seinen Plänen erzählt haben. Vielleicht hatte Savara die Eltern überredet, ihr Kind aus der Krankenstation zu holen, damit Kalia seine Heilung nicht verhindern oder in den Prozess eingreifen konnte. Vielleicht hatte sie auch erraten, dass Kalia ihm verbieten würde, Velyla allein aufzusuchen, und dafür gesorgt, dass das Mädchen stattdessen hierher gebracht wurde.
Savara lächelte, und in ihren Augen stand ein Leuchten, das sowohl Selbstgefälligkeit als auch Zustimmung ausdrückte.
Lorkin wandte sich wieder dem Kind zu, legte der Kleinen eine Hand auf die Stirn und sandte seine Sinne in ihren Körper. Was er sah, bescherte ihm eine Gänsehaut. Die Krankheit war überall, griff überall an. Ihre Lungenflügel waren voll davon, und ihr Herz war schwach.
Er begann, indem er ihr einfach Körperenergie sandte. Oft war das genug – der Körper benutzte die Energie automatisch, um sich selbst zu heilen. Diese Krankheit, die sie im Griff hatte, war zu heftig für ihre Abwehrkräfte. Wenn er in die Verräterinnen geschaut hätte, die nicht allzu schlimm vom Kältefieber betroffen waren, hätte er gesehen, wie ihre Körper sich gegen die Krankheit wehrten. Aber Velylas Körper verlor diesen Kampf.
Es konnte sein, dass die Abwehrkräfte ihres Körpers langsam und schwach waren und dass sie lediglich zusätzliche Energie brauchte, um lange genug durchzuhalten, um die Schlacht zu gewinnen. Oder es konnte sein, dass sie sie niemals gewinnen würde, ganz gleich wie viel zusätzliche Zeit er ihr verschaffte. Kalia wird sagen, ich hätte ihren Schmerz in die Länge gezogen, wenn ich keinen Erfolg habe. Aber ich muss es versuchen.
Als Nächstes zwang er die Flüssigkeit aus ihrer Lunge – was für niemanden angenehm war, es dem Mädchen jedoch für eine Weile erlauben würde, richtig zu atmen –, dann heilte er so viel von dem Schaden, wie er konnte. Dieser letzte Schritt kostete ihn einiges von seiner Kraft, aber bei der Arbeit in der Krankenstation brauchte er ohnehin nicht viel von seiner Macht, und ein paar Stunden Schlaf sollten ihn wieder auf die Beine bringen.
»Benutzt weiter Kalias Heilmittel«, erklärte er Velylas Eltern. »Sie werden helfen, ihre Lunge freizuhalten und ihre Halsschmerzen zu lindern.« Als er hinabschaute und sah, dass die Lider des Mädchens flatterten, fügte er hastig hinzu: »Ich habe alles getan, was man mit Magie tun kann, was bedeutet, dass ich ihrem Körper noch eine Chance verschafft habe, gegen das Kältefieber zu siegen. Ich kann es noch einmal tun, wenn ihr Zustand sich verschlechtert, aber wenn ihr Körper nicht dagegen ankämpft …« Er ließ den Satz in der Luft hängen und schüttelte den Kopf.
Die Eltern nickten mit grimmiger Miene.
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