Sonea - Die Heilerin: Roman
dieser Zeit wird man ihr Verhalten noch einmal betrachten, und wenn es als befriedigend erachtet wird, darf sie zurückkehren.«
Die zuschauenden Magier und Novizen stießen einen schwachen Seufzer aus, dem ein leises Raunen von Gesprächen folgte, aber es wurde sofort wieder still in der Halle, als Osen weitersprach.
»Die Strafe für Lady Lilia, die zugibt, versucht zu haben, schwarze Magie zu erlernen, und Erfolg dabei hatte, ist der Ausschluss aus der Gilde. Ihre Kräfte werden blockiert werden, und sie wird an einem geziemend sicheren Ort verbleiben müssen. Ihre Strafe werden wir in zehn Jahren noch einmal überdenken.«
Kein Seufzer kam von den Magiern und Novizen in der Halle. Stattdessen setzte das Gemurmel unverzüglich ein und wurde lauter. Osen runzelte die Stirn, da er den Ton der Unzufriedenheit hörte. Lilia wurde flau im Magen.
Sie denken, die Strafe sei nicht hart genug. Sie denken, ich sollte hingerichtet werden. Sie …
»Bevorzugung«, sagte jemand hinter ihr laut.
»Naki hat sie dazu gebracht, es zu tun!«, erklärte eine andere Stimme.
»Nein! Von euch ist schon immer ein schlechter Einfluss ausgegangen«, kam die Antwort.
»Bitte, eskortiert Lady Naki und Lady Lilia aus der Gildehalle«, sagte Osen, dessen mit Magie verstärkte Stimme die Streitigkeiten übertönte. Es wurde ein wenig stiller im Raum, und die beiden Magier, die Lilia und Sonea zuvor begleitet hatten, traten vor und bedeuteten ihr, auf einen Nebeneingang in der Nähe zuzugehen.
»Wir sind auf deiner Seite, Lilia!«, rief jemand.
Für einen winzigen Moment wurde ihr leichter ums Herz, dann rief jemand: »Mörderin!«, und sie sackte wieder in sich zusammen. Ich werde eingesperrt. Für zehn Jahre. Und länger, denn ganz gleich wie gut ich mich benehme, ich werde immer noch wissen, wie man schwarze Magie benutzt, und das bedeutet, dass ich immer noch eine Verbrecherin sein werde. Oh, wie sehr ich mir wünschte, sie könnten nicht nur meine Kräfte, sondern auch meine Erinnerungen blockieren. Warum habe ich mich von Naki überreden lassen zu versuchen, schwarze Magie zu erlernen?
Weil sie Naki liebte. Weil keine von ihnen gedacht hatte, dass es funktionieren würde. Aber es hatte funktioniert, was erklärte, warum es verboten war, etwas über schwarze Magie zu lesen. Die Gilde hatte nicht zugeben wollen, dass es möglich war, denn dann würde jemand mit bösen Absichten sich ein Buch beschaffen und es versuchen. Ich hätte das wissen müssen.
Und dann begriff sie, was sie und Naki getan hatten. Jetzt wissen alle, dass man schwarze Magie aus Büchern lernen kann. Wir haben ein Geheimnis aufgedeckt, das hätte verborgen bleiben sollen. Und wie die schwarze Magie ist es ein Geheimnis, dessen Entdeckung man nicht ungeschehen machen kann.
Es war ein langer Tag für Lorkin gewesen. Nicht nur weil Kalia ihren Ärger an ihm ausgelassen hatte, nachdem er aus der Krankenstation geschlüpft war, sondern weil er hatte zusehen müssen, wie es mit der Gesundheit des kranken Kindes bergab ging, während er sich die ganze Zeit gefragt hatte, wie er sie mit Magie heilen sollte, ohne dass Kalia es sah und ihn daran hinderte.
Sein Dilemma hatte sich jedoch auf eine überraschende Art und Weise gelöst. Irgendwann am späten Abend waren die Eltern des Mädchens zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht wollten, dass ihr Kind in der sehr öffentlichen, häufig lauten Krankenstation starb, sondern daheim bei seiner Familie. Kalia hatte versucht, es ihnen auszureden, aber sie hatten sich bereits entschieden.
Dies hatte Kalia aus dem Gleichgewicht gebracht, und sie war während des Rests des Tages geistesabwesend gewesen. Zweifellos ist sie damit beschäftigt zu versuchen herauszufinden, ob sie aus der Situation Gewinn ziehen kann, ohne selbst schlecht dazustehen.
Zwei weitere Patienten litten schwer am Kältefieber: eine alte Frau und ein halbwüchsiger Junge, die beide bereits andere gesundheitliche Probleme gehabt hatten. Kalia verließ den Raum nicht, um das kranke Mädchen zu besuchen – vielleicht, weil man sie nicht darum gebeten hatte, vielleicht, weil sie befürchtete, Lorkin werde in ihrer Abwesenheit die anderen gefährlich kranken Patienten mit Magie heilen. Sie ließ Lorkin bis spät in die Nacht arbeiten, dann entließ sie ihn endlich, als eine hochrangige Magierin ihren kranken Ehemann herbrachte und bezweifelte, dass es klug von Kalia sei, so lange zu arbeiten und sich derart zu erschöpfen, obwohl andere Magierinnen sich
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