Sonea - Die Hueterin
suchen können.
»Ihr solltet gehen«, sagte sie zu Regin. »Wenn ich gehe und sie bereits fort ist und ich erkannt werde, dann wird die Gilde nicht zulassen, dass ich weiter nach ihr suche...«
»Ihr müsst diejenige sein, die sie fängt.«
Regin sah sie an, und sein Blick war eindringlich und unerwartet wütend. »Die Leute müssen sehen, wie Ihr es tut. Sie müssen sich daran erinnern, dass Ihr mehr seid als eine Heilerin. Dass die Einschränkungen, die man Euch auferlegt, eine
Verschwendung
sind.« Er streckte die Hand aus.
»Geht!
Bevor sie davonkommt!«
Sonea sah ihn einen Moment lang an, dann zog sie die Lasche weit auf und sprang auf die Straße. Ihr Mantel ging auf, und die Augen der jungen Frau weiteten sich, als sie die schwarzen Roben sah. Sonea knöpfte den Mantel zu. »Wie heißt du?«
»Anyi.« Das Mädchen straffte die Schultern. »Folgt mir.« Sie lief los, zurück in Richtung der alten Schlachterei.
»Hast du es Cery schon gesagt?«, fragte Sonea.
Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Ich konnte ihn nicht finden.«
Sie gelangten in ein Labyrinth aus Gassen und liefen von Schatten zu Schatten. Sonea stellte fest, dass eine seltsame Mischung aus lang vergessener Erregung und etwas Urtümlicherem ihr Herz schneller schlagen ließ.
Ich bin wie ein Jäger, der im Begriff steht, seine Beute zu fangen,
ging es ihr durch den Kopf. Dann fiel ihr wieder ein, wie es sich anfühlte, Angst zu haben und von mächtigen Magiern gejagt zu werden, und dieser Gedanke ernüchterte sie.
Trotzdem, diese Frau ist kein unausgebildetes Kind. Warum hat sie uns beobachtet? Wusste sie von Skellins Falle?
Die Frau musste davon gewusst haben. Wie hatte sie es herausgefunden? Hatte sie Forlie an ihrer Stelle dort hingeschickt? In der Nähe der alten Schlachterei bog Anyi in eine Gasse ein. Am entgegengesetzten Ende konnte Sonea eine belebte Hauptstraße sehen.
»Sie war auf dem Dach dieses Gebäudes«, erklärte sie. »Da ist eine Stelle, die man von hier aus nicht sieht, wo man hinaufklettern kann...«
Das Mädchen war im Begriff gewesen, in eine kleine Sackgasse zu laufen, aber plötzlich blieb es stehen und wich zurück.
»Das ist sie!«,
zischte sie und streckte die Hand aus.
Ihr Finger zeigte nach oben. Sonea blickte auf, nahm eine Bewegung wahr und spürte, wie ihr ein Schauer den Rücken hinunterlief. Sie zog Magie in sich hinein und riss einen Schild um sie beide herum hoch. Eine Frau schwebte in die Seitengasse hinab und verschwand in der Dunkelheit.
»Könnt Ihr sie dort drin fangen?«, fragte Anyi. Plötzlich erklang das Geräusch von eilig näher kommenden Schritten.
»Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden«, antwortete Sonea und sah Anyi an. »Wenn Regin zurückkommt, bring ihn hierher.«
Anyi nickte und rannte davon. Sonea veränderte ihren Schild so, dass das Mädchen hinausgelangen konnte. Als sie sich wieder umdrehte, stand die Frau kurz davor, aus der Gasse zu erscheinen.
Sonea trat vor und riss eine Barriere hoch, um der Frau den Weg zu versperren.
Überraschung, Schock und Unwillen huschten über das dunkle Gesicht der Frau. Dann wurden ihre seltsamen, länglichen Augen schmal. Eine Macht hämmerte gegen die Barriere. Es war kein Testangriff, sondern ein Stoß, der stärker war, als Sonea erwartet hatte, und zur gleichen Zeit schoss ein weiterer Machtstrahl auf sie zu. Die Barriere schwankte und fiel, bevor Sonea eine Chance hatte, sie zu stärken.
Die Frau huschte aus der Sackgasse und rannte auf die Hauptstraße zu. Sonea lief hinter ihr her und warf eine weitere, stärkere Barriere aus, die sie umschlingen sollte, aber die Frau zerschmetterte dieses Hindernis mit einem heftigen Angriff. Einen Moment später hatte die wilde Magierin sich unter die Menschen gemischt, die auf der Straße ihrer Wege gingen.
Sonea erreichte den Eingang der Gasse einen Moment später. Sie sah die Frau innehalten und sich umdrehen, doch sie war bereits tief in den Strom der Menschen vorgedrungen. Als sie ihre unverkennbare rötlich braune Haut sah, begriff sie, warum Cery sich so sicher gewesen war, dass es sich bei Forlie nicht um die Frau handelte, die er gesehen hatte. Als Skellins Gesicht in Soneas Erinnerung aufblitzte, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Die gleiche rötliche dunkle Haut. Die gleichen seltsamen Augen.
Diese Frau ist von derselben Rasse!
Ein Lächeln umspielte die Lippen der Frau. Ein gefährliches, triumphierendes Lächeln.
Sie denkt, ich werde es wegen all der Menschen
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