Sonea - Die Hueterin
aufgebaute Lehmwände handelte.
Am Ende des Flurs angelangt, trat der Sklave beiseite und warf sich zu Boden. Dannyl und Lorkin gingen in einen großen Raum, dessen weiße Wände mit Wandbehängen und Schnitzereien geschmückt waren. Auf einem von drei niedrigen Hockern saß ein Mann, der jetzt aufstand und sie anlächelte.
»Willkommen. Ich bin Ashaki Tariko. Ihr müsst Botschafter Dannyl und Lord Lorkin sein.«
»So ist es«, erwiderte Dannyl. »Es ist uns eine Ehre, Euch kennenzulernen, und wir danken Euch für die Einladung in Euer Heim.«
Der Mann war einen Kopf kleiner als Dannyl, aber sein kräftiger Körperbau weckte den Eindruck von Stärke. Seine Haut war von dem typisch sachakanischen Braunton - heller als die eines Lonmars, aber dunkler als der honigbraune Teint eines Elyners. Aufgrund der Falten um Mund und Augen schätzte Lorkin ihn auf ein Alter zwischen vierzig und fünfzig. Er trug eine mit bunter Stickerei bedeckte kurze Jacke über einem schlichten Untergewand sowie eine Hose aus dem gleichen Tuch wie die Jacke, wenn auch nicht so kunstvoll geschmückt.
»Kommt und setzt Euch zu mir«, lud Ashaki Tariko sie ein und deutete auf die Hocker. »Ich habe Wächter auf der Straße postiert, die mich über Euer Kommen verständigt haben, so dass ich eine Mahlzeit für Eure Ankunft bereithalten konnte.« Er wandte sich an den auf dem Boden liegenden Sklaven. »Melde der Küche, dass unsere Gäste eingetroffen sind«, befahl er.
Der Mann sprang auf und eilte davon. Während Lorkin Dannyl zu den Hockern folgte, sah er ein Aufblitzen von etwas Metallischem an Tarikos Hüfte und schaute genauer hin. Der Ashaki trug am Gürtel eine reich verzierte Scheide, aus der der ebenfalls kunstvoll gearbeitete Griff eines Messers ragte. Die Waffe war recht schön, mit Juwelen besetzt und mit goldenen Einlegearbeiten versehen.
Dann überlief Lorkin ein kalter Schauer.
Es
ist das Messer eines Schwarzmagiers. Ashaki Tariko ist ein Schwarzmagier.
Einen Moment lang stieg eine Woge der Furcht in ihm auf, die seltsam berauschend war, aber das Gefühl verebbte schnell und ließ einen enttäuschenden Zynismus zurück.
Ja, und das Gleiche gilt für deine Mutter,
dachte er, und plötzlich wusste er, dass das Leben in einem Land voller Schwarzmagier nicht gar so aufregend und neuartig sein würde, wie er es sich vorgestellt hatte.
Seine Gedanken wurden durch einen Strom von Männern und Frauen unterbrochen, die sehr schlicht gekleidet waren: Sie hatten sich ein Tuch um den Leib gewickelt, das von einer Schnur um die Taille zusammengehalten wurde. Jeder trug ein Tablett voller Speisen oder Krüge und Kelche. Exotische Gerüche drangen an seine Nase, und sein Magen begann zu knurren. Jeder Sklave ging auf Ashaki Tariko zu, streckte ihm mit gesenktem Kopf seine Last entgegen und kniete dann vor ihm nieder. Der Erste hielt die Utensilien, mit denen der Gastgeber und seine Gäste essen würden: für jeden einen Teller und ein Messer mit einer gegabelten Spitze. Dann wurden die Kelche dargeboten und mit Wein gefüllt. Zu guter Letzt wurden Schalen dargeboten, von denen der Herr des Hauses die erste auswählte, dann Dannyl, dann Lorkin. Tariko entließ jeden Sklaven mit einem leisen »Geh«.
Der Herr des Hauses zuerst,
sagte Lorkin sich im Stillen vor.
Magier vor Nichtmagiern, Ashaki vor landlosen freien Männern, Alter vor Jugend, Männer vor Frauen.
Nur wenn eine Frau Magierin
und
Oberhaupt ihrer Familie war, wurde sie vor den Männern bedient.
Und Frauen essen ohnehin oft getrennt von den Männern. Ich frage mich, oh Ashaki Tariko eine Ehefrau hat.
Das Essen war kräftig gewürzt, manches davon so scharf, dass er innehalten und sich zwischen den Bissen den Mund mit Wein abkühlen musste. Er widerstand so lange wie möglich, sowohl in der Hoffnung, dass er sich später an die Schärfe gewöhnen würde, als auch, weil er sich nicht bis zur Besinnungslosigkeit betrinken wollte - schon gar nicht an seinem ersten Abend als Gast im Haus eines sachakanischen Schwarzmagiers.
Während Dannyl und ihr Gastgeber über die Reise durch das Ödland, das Wetter, das Essen und den Wein sprachen, beobachtete Lorkin die Sklaven. Diejenigen von ihnen, die als Letzte ihre Lasten präsentiert hatten, hatten am längsten gewartet, doch ihre Arme zitterten nicht. Es war sehr seltsam, diese stummen Menschen im Raum zu haben, die praktisch ignoriert wurden, während Tariko und Dannyl sich unterhielten.
Diese Leute sind Tarikos Besitz,
rief er sich
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