Sonea - Die Hueterin
Sie nickte. »Wie geht es Euch?«
Der Mann rieb sich die Hände und hielt inne, um nachzudenken, bevor er antwortete: »Ich glaube nicht, dass es funktioniert hat.«
Sonea musterte ihn nachdenklich. Er war vor fast einem Jahr zum ersten Mal ins Hospital gekommen und hatte sich geweigert zu erzählen, was ihm fehlte. Sie hatte etwas Peinliches und Privates vermutet, aber was er dann langsam und widerstrebend enthüllt hatte, war eine Abhängigkeit von Feuel.
Es hatte einigen Mut gekostet, das zuzugeben, das wusste sie. Er war der Typ Mann, der hart arbeitete und sich rühmte, »ehrliche« Arbeit zu tun. Aber als seine Frau bei der Geburt ihres ersten Kindes, das nicht überlebt hatte, gestorben war, war er so voller Trauer und Schuldgefühle gewesen, dass er die Ware eines Feuelverkäufers mit Hingabe gekostet hatte. Als der Schmerz weit genug zurückgegangen war, um seine frühere Arbeit wiederaufzunehmen, hatte er festgestellt, dass er die Droge nicht mehr aufgeben konnte.
Zuerst hatte sie ihn ermutigt, seinen Verbrauch von Feuel zu reduzieren und die Schmerzen, das ständige Verlangen und die Übellaunigkeit, die damit einhergingen, schlicht mannhaft zu ertragen. Er hatte sich gut gemacht, aber es hatte ihn erschöpft. Und sein Verlangen nach dem betäubenden, befreienden Gefühl des Feuel hatte dadurch nicht im Mindesten nachgelassen. Schließlich, nach etlichen Monaten, hatte Sonea Mitleid mit ihm und beschloss zu sehen, ob Magie den Prozess beschleunigen könnte.
Alle Heiler waren übereingekommen, dass die Abhängigkeit von Feuel keine Krankheit sei; daher galt die Benutzung von Magie zur Heilung der Sucht als eine Verschwendung des kostbaren Gutes. Sonea hatte ihnen zugestimmt, aber Berrin war ein guter Mann, den man verleitet hatte, als er am verletzlichsten gewesen war. Sie hatte ihn heimlich geheilt.
»Warum denkt Ihr, dass es nicht funktioniert hat?«, fragte sie ihn.
Er senkte den Blick, und seine Augen waren groß vor Kummer. »Ich will es immer noch. Nicht mehr so sehr wie früher. Ich dachte, es würde immer weniger werden. Aber so ist es nicht. Es ist wie... ein tropfender Hahn. Leise, aber wenn man innehält und lauscht, ist es da und nagt an einem.«
Sonea runzelte die Stirn, dann bedeutete sie ihm, näher zu kommen. Er schob den Stuhl neben ihren. Sie beugte sich vor, legte ihm die Hände an die Seiten des Kopfes und schloss die Augen.
Es war eine seltsame Erfahrung gewesen, ihn zu heilen. Es hatte ihm nichts Offenkundiges gefehlt. Kein Bruch, kein Riss und keine Infektion, mit der sein Körper bereits fertig zu werden versuchte. Meistens konnte ein Heiler aus dem Körper ersehen, was nicht stimmte, und sich von ihm bei der Anwendung von Magie zur Behebung des Schadens leiten lassen. Manchmal war das Problem zu unterschwellig, aber wenn man dem Körper erlaubte, Magie zu benutzen, um den Fehler zu bereinigen, funktionierte das fast immer.
In Berrin hatte sie einen Kummer, einen Schmerz gespürt, der an verschiedenen Stellen in ihm wohnte - in den Pfaden seiner Wahrnehmung und in seinem Gehirn. Aber er war so schwer greifbar gewesen, dass sie nicht verstanden hatte, wie sie das Problem beheben sollte. Also hatte sie sich von seinem Körper leiten lassen, und als das Gefühl des Kummers verschwunden war, hatte sie gewusst, dass ihre Arbeit getan war.
Die Schmerzen waren verschwunden, und seine Stimmung hatte sich gebessert. Er hatte jedoch nichts davon erzählt, dass ein schleichendes Verlangen nach Feuel zurückgeblieben war. Aber vielleicht war es anfangs zu gering gewesen, als dass er es wahrgenommen hätte.
Oder vielleicht hat er wieder angefangen, es zu inhalieren.
Sonea sandte ihren Geist aus und suchte in seinem Körper nach dem Gefühl des Kummers. Zu ihrer Überraschung fand sie nichts. Sie konzentrierte sich angestrengter und nahm einen natürlichen Heilungsprozess rund um einige Blasen an seinen Händen wahr und einige angespannte Muskeln in seinem Rücken. Aber was seinen Körper betraf, war er gesund und kräftig.
Sie öffnete die Augen und ließ die Hände sinken.
»Euch fehlt nichts«, sagte sie lächelnd. »Ich kann keinen der Hinweise finden, die ich zuvor verspürt habe.«
Er machte ein langes Gesicht und sah sie forschend an. »Aber... ich lüge nicht. Das Verlangen ist immer noch da.«
Sonea runzelte die Stirn. »Das ist... seltsam.« Sie betrachtete seinen festen Blick und bedachte, was sie über ihn wusste.
Er ist nicht der Typ, der lügt. Die bloße Vorstellung,
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