Song of Blood (German Edition)
dicken Teppich.
„Ich muss noch soviel über das Vampirsein lernen, Mathis. Das ist mir ja selber klar. Es ist nur so, dass Songlian mir überhaupt nichts beibringt.“ Far dachte nach.
„Na ja, beinahe nichts“, korrigierte er sich.
„Und was sollte er dir beibringen, Far? Wie man Menschen jagt, um sich Nahrung zu beschaffen? Dabei bist du selbst mehr Mensch als Vampir.“
„Und? Ist das wirklich so schlimm?“ Far fühlte sich von dieser Bemerkung getroffen. Ihm war bewusst, dass Mathis Menschen für minderwertig hielt.
„Ich sage es dir ein weiteres Mal, Baxter, dass Menschen und Vampire keine gemeinsame Zukunft haben. Sie können einfach nicht miteinander. Mäuse spielen auch nicht mit der Katze. Wahrscheinlich wirst du dies erst begreifen, wenn du deine Freunde sterben siehst und du selber jung bleibst. Sie werden im Alter runzlig und senil und siechen langsam dahin, während dein Verstand seine Schärfe behält. Und ihren Tod wirst du Jahrzehnte lang mit dir herumtragen, bis dein Gedächtnis voll ist mit den Erinnerungen an die vergangenen Jahrhunderte. Dann werden die Erinnerungen an ihre Gesichter allmählich verblassen und du wirst es endlich begreifen. Bis dahin ist es ein langer Prozess des Lernens und Verstehens.“
„Ich verstehe bloß, dass du ziemlich verbittert bist. Und sicherlich genauso einsam, wie Song es einst war“, sagte Far leise.
„Merde! Du weißt überhaupt nichts von mir. Also versuche mich nicht auf eine Couch zu verfrachten und zu therapieren.“
„Ist schon recht. Haltet mich ruhig beide weiterhin doof“, knurrte Far. „Lasst mich das Spielzeug für euch alle sein. Solange ich euch amüsieren kann, ist ja alles gut.“
„Bislang hatte ich den Eindruck, du gefällst dir in der Rolle des Spielzeugs ganz gut“, sagte Mathis.
„Scheißkerl!“ Far sprang erbost auf. „Wir lieben uns wirklich. Falls du dämlicher Greis überhaupt weißt, was Liebe bedeutet. Könnte ja sein, dass deine Erinnerungen daran ebenfalls im Laufe der Zeit verblasst sind.“
Mathis begann schallend zu lachen, was Fars Wut weiter anfachte.
„Wenigstens hörst du zu, wenn man dir etwas sagt. Und oui, du hast recht. Ich vergesse tatsächlich langsam, was wirkliche Liebe ist. Vampire lieben nicht oft, Far. Das ist eine weitere bittere Lektion, die man erst lernen muss.“ Auf einmal stand Mathis hinter ihm.
„Oui, vielleicht bin ich sogar ein wenig neidisch auf euch“, flüsterte er ihm ins Ohr. Far drehte sich zu ihm um, doch Mathis stand bereits neben dem Bett und schaute ernst auf Songlian hinunter.
„Neidisch?“, fragte Far verblüfft. Mathis zuckte mit den Achseln.
„Wann kommt es denn vor, dass sich zwei Vampire ineinander verlieben?“, sagte er leise, im schwermütigen Ton.
„Du warst selbst einmal verliebt.“
Mathis schwieg. Seine Finger strichen sanft über Songlians Wange.
„In einen Vampir?“, fragte Far hartnäckig.
Mathis sah auf. Plötzlich wirkten seine Augen viel dunkler als gerade eben zuvor.
„Lass uns von etwas anderem reden“, knurrte er.
„Wer war es?“ Far ließ nicht locker. Diesen melancholischen Blick kannte er von Mathis gar nicht.
„Baxter!“ Mathis seufzte.
Far trat an seine Seite und zupfte ihn auffordernd am Ärmel.
„Isabeau, du Quälgeist. Sie hieß Isabeau.“ Mathis machte sich mit einem Ruck von Far los und drehte ihm den Rücken zu. Als Far bereits glaubte, dass er nichts mehr sagen würde, fuhr Mathis leise fort: „Das war in den Zeiten, wo man unsereins mit Mistgabeln und Fackeln jagte. Wir sind stets vorsichtig gewesen, haben niemals ein Opfer getötet.“ Mathis schüttelte den Kopf, als könnte er es bis heute nicht fassen.
„Sie war so klein und zerbrechlich. Keine Schönheit, aber eine wahre Frohnatur. Ihr Lächeln war einfach bezaubernd. Dabei war sie genauso ein Dickkopf wie Florean.“
„Was ist passiert?“, fragte Far, obwohl er die Antwort kannte.
„Sie haben ihr eine Falle gestellt und sie zerhackt und zerstückelt und den Rest verbrannt. Ich kam zu spät, um ihr zu helfen.“ Mathis drehte sich wieder zu Far um. Seine milchweiße Haut schien noch bleicher als sonst.
„Menschen und Vampire, das geht wirklich nicht, Far. Sie werden uns immer fürchten. Egal, was wir tun“, sagte er ganz ruhig.
„Es tut mir leid.“ Far war ernsthaft betroffen.
Mathis winkte ab. „Ich muss mich entschuldigen, mon ami. Ich war dir gegenüber ungerecht, weil ich wütend auf Florean war. Auch wenn meine Liebe lange her
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