Songkran
Besprechungen der SOKO sollten Sie immer teilnehmen, damit Sie auf dem Laufenden bleiben.“
Gun erhob sich aus seinem Stuhl. Er nahm ein Stück Kreide zur Hand und ließ es durch die Finger wandern.
„Der Polizeichef hat unsere Polizeistation beauftragt, die Bombenleger zu schnappen. Die nächste Forderung ist in einer Woche fällig. Bis dahin müssen wir diese harte Nuss geknackt haben.“
Nachdenklich schaute er in die Runde und taxierte die Gesichter seiner Mitarbeiter.
„Es stehen uns also arbeitsreiche Tage bevor. Was wissen wir über die Bombenleger?“, fuhr er in leisen, aber bestimmten Worten fort. Guns Mitarbeiter waren mit dieser Art, Fragen zu stellen, vertraut.
„Sir, ich denke, dass die Terroristen im Umfeld von irgendwelchen Entwicklungshilfegruppen zu finden sind. Wie nennt man diese Gruppen auf Englisch noch?“
„Wir wissen was Sie meinen, Mex“, sagte Gun, dessen Englischkenntnisse, wie die der Kollegen am Tisch, mangelhaft waren.
„ NGO , Sir!“, warf Mex erleichtert ein und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Selbstbewusst fuhr er fort: „Vermutlich um die dreißig Jahre alt. Die Anruferin kam aus Bangkok. Das hat Kollegin Som herausgehört. Vermutlich höheres Bildungsniveau.“
„Könnte sein“, unterbrach Gun die Ausführungen seines Stellvertreters. „Wir sollten die Organisationen und Gruppierungen unter die Lupe nehmen, die sich für Frauenrechte oder gegen die Prostitution einsetzen.“
Gun schrieb NGO an die Tafel. Mit fester Hand unterstrich er die drei Buchstaben. Die Kreide zerbrach in zwei Teile.
„Ich habe die Kollegin Noi gebeten, uns bei den Ermittlungen zu helfen. Ich glaube, für eine Frau wie Noi öffnen sich bei den NGOs mehr Türen als für uns.“
Bis jetzt hatte er mit Noi nicht gesprochen, aber er wusste von gemeinsamen Gesprächen, dass die junge Kollegin auf eine derartige Chance brennend wartete.
Als Mex die Neuigkeit über Noi hörte, verkrampfte sich seine Gesichtsmuskulatur. Seine Anmachversuche stießen bei ihr auf Granit. Einladungen zum after-work lehnte sie entschieden ab. Ein Dämpfer seiner Männlichkeit, den der gutaussehende Charmeur nicht gewohnt war.
„Seit der militante Widerstand in Pattani und den anderen südlichen Provinzen wieder aufflammt, können wir diese muslimischen Gruppen nicht ganz ausschließen“, gab der Kollege zu bedenken, der links von Gun am Tisch saß. „Immerhin herrscht in den drei Provinzen seit Juli das Kriegsrecht.“
„Bis jetzt gibt es keine Hinweise, dass diese Gruppen in Bangkok aktiv sind. Aber es ist nicht auszuschließen“, antwortete Gun und stellte sich hinter seinen Holzstuhl. Mit beiden Händen umfasste er die Lehne.
„Und andere islamistische Gruppen?“, fragte der gleiche Kollege, während er sich ein Glas Wasser einschenkte.
„Ein islamistischer Hintergrund à la Al Quaida oder Jemaa Islamiya scheint mir bei diesen Begleitumständen sehr unwahrscheinlich. Und bis jetzt gab es nie einen Beweis, dass die im Süden aktiv geworden sind“, gab Gun zu bedenken.
„Und die Verhaftung dieses südostasiatischen Osama Bin Laden im letzten Jahr in Ayutthaya?“ Der Polizeikollege trank einen Schluck Wasser und behielt das Glas in der Hand.
„Dieser Hambali?“, fragte Gun.
„Ja, angeblich ein enger Vertrauter von Bin Laden.“
„Sie haben recht. Wir dürfen den militanten Islam nicht von vornherein ausschließen. Im Focus stehen da wohl die malaiischen Organisationen in Pattani, Narathiwat und Yala. Welche Organisationen sind zur Zeit aktiv? Wer könnte da involviert sein? Kümmern Sie sich bitte darum.“
Die beiden Männer sahen sich an und nickten. Gun überlegte, was er an die Tafel schreiben sollte. Er entschied sich für Al Quaida .
„Der Namen der Gruppe im Bekennerschreiben lässt auf einen buddhistischen Hintergrund schließen“, fuhr Gun fort. „Kollegen, ich musste mich auch erst mal im Lexikon schlau machen. Phra Si An ist der volkstümliche Name von Sri Ariya Mettrai , einem Nachfolger von Buddha. Dieser soll auf der Welt erscheinen und ein Zeitalter der Gerechtigkeit und des Überflusses etablieren.“
Zweifelnd zog Gun die Schulterblätter nach oben. Obwohl er sich als gläubiger Buddhist wahrnahm, war er sich über viele Glaubensinhalte seiner Religion im Unsicheren. So war der Kreislauf der Wiedergeburten eine Sache, deren Eintrittswahrscheinlichkeit er lapidar mit fünfzig-fünfzig angegeben hätte.
„Der Sangha müsste mehr über diesen
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