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Songkran

Songkran

Titel: Songkran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Matti
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Jahrzehnte langes Exil angesehen, in das er Ende der Vierziger Jahre von rechtsreaktionären Generälen getrieben wurde. Der Kalte Krieg, der in Korea, und später in Vietnam, die asiatische Erde rot färbte, verhinderte seine Rückkehr nach Thailand bis zu seinem Tod. Die rechten Militärs triumphierten während seiner Abwesenheit; seine Verdienste für ein modernes, demokratisches Thailand konnten sie ihm nicht nehmen.
    Sowohl für die Polizistin als auch für die Chemiestudentin war die historische Lebensleistung dieser Jahrhundertpersönlichkeit keine Unbekannte, obwohl die beiden Frauen kaum Details wie Jahreszahlen oder ähnliches nennen konnten.
    Wans dezente Kleidung bestand aus einem langen, weißen Baumwollrock und einer dünnen, roten Wolljacke, die geöffnet war und mit der schwarzen Bluse darunter harmonisierte. Der Dutt, den sie am Morgen vor dem Spiegel fixiert hatte, kontrastierte mit Nois langen, glänzend schwarzen Haaren, die bis zum Bund ihrer körperbetonten Jeans reichten.
    „Ich habe leider nicht viel Zeit und werde Ihnen auch kaum etwas sagen können“, begann Wan und blickte auf ihre silberne Armbanduhr. „Um zwei Uhr beginnt meine Vorlesung im Rangsit Campus.“
    Noi nickte. Auf der Internetseite der Thammasat Universität hatte sie sich kundig gemacht. Die Fakultäten der Naturwissenschaften lagen außerhalb Bangkoks.
    „Vielen Dank, dass Sie sich trotzdem die Zeit genommen haben. Ich werde Sie nicht lange aufhalten“, sagte Noi.
    Eine frische Brise vom angrenzenden Fluss ChaoPraya wehte herüber und machte die Mittagshitze erträglicher.
    „Wie ich Ihnen am Telefon schon gesagt habe, ermittle ich im Fall des verschwundenen Chemiestudenten Ukrist.“
    Wan nickte.
    „Sie wissen, dass Ukrist ermordet wurde?“, fragte Noi gerade heraus.
    „Nein, das wusste ich nicht“, antwortete Wan stockend. Tränen traten aus ihren Augen. Sie nahm ihre modischen Brillengläser ab. Mit einem Taschentuch tupfte sie sich die Tränen ab.
    „Es tut mir sehr leid.“ Noi bedauerte die Gefühlskälte ihrer Frage. Erst jetzt, im Anblick der weinenden Wan, empfand sie Empathie für Ukrist und für die Menschen, die ihn liebten.
    „Geht es?“, fragte Noi.
    Wan nickte ihr zu.
    „Lassen Sie uns zum Anfang kommen. Wann und wie haben Sie Ukrist kennen gelernt?“ Noi holte einen kleinen Schreibblock aus ihrer Umhängetasche, auf dem sie ihre Gesprächsstrategie in Stichpunkten notiert hatte. Mit Gun war sie die wichtigsten Punkte durchgegangen.
    „Wir haben uns im ersten Semester kennengelernt, ich glaube, in einer Einführungsvorlesung in anorganischer Chemie.“
    „Wie lange ist das jetzt her?“
    „Zwei Jahre.“ Wan setzte ihre Brillengläser wieder auf.
    „Waren Sie befreundet?“
    „Ja.“
    „Ihre Professorin hat mir erzählt, dass Sie mit Ukrist und zwei weiteren Studenten eine Hausarbeit geschrieben haben.“
    „Mit Muu und Dam. Beide sind tot. Ein Autounfall hat die Polizei gesagt.“
    Noi nickte bestätigend. Ein freundlicher Verkehrspolizist von Surat Thani hatte ihr am Telefon den Unfallhergang geschildert: Aus unbekannten Gründen war das Auto, ein VW-Bus, von der Landstraße abgekommen und in den Straßengraben gestürzt. Die Tatsache, dass das Fahrzeug Feuer gefangen hatte, wurde von der Polizei von Surat nicht hinterfragt. Die Gerichtsmedizin in Bangkok identifizierte die bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Insassen anhand von Zahnunterlagen als Muu und Dam.
     „Fanden sie es nicht merkwürdig, dass die beiden einen Unfall hatten, zur gleichen Zeit als Ukrist vom Erdboden verschwand?“
    „Natürlich. Aber ich kann mir das bis heute nicht erklären.“
    „Wie war die zeitliche Abfolge? Wann war der Autounfall und wann verschwand Ukrist?“
    Wan versuchte, den Ablauf in ihrem Gedächtnis zu rekonstruieren.
    „Bitte, erinnern Sie sich“, insistierte Noi sanft.
    „Alle Drei sind am Morgen nicht in die Uni gekommen. Keiner hat auf meine Anrufe geantwortet. Am nächsten Tag habe ich dann von Nat erfahren, dass ihr Bruder und Dam tödlich verunglückt waren.“
    „Nat?“
    „Die Schwester von Muu.“
    Noi schrieb einige Wörter in ihren Notizblock, um etwas Zeit zu gewinnen.
    „Wurde bei der Polizei eine Vermisstenanzeige für Ukrist aufgegeben?“
    „Wenige Tage nach dem Verschwinden sind Ukrists Eltern aufs Polizeirevier gegangen und haben ihn als vermisst gemeldet.“
    „Gab es denn etwas Ungewöhnliches in den Wochen davor? Ist Ihnen etwas aufgefallen?“
    „Sie meinen im

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