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Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Titel: Sonne, Meer und Bea (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Christopher
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Größen. Kakerlaken! Eine kleine Schwarze huscht unter der Badezimmertür hervor, eine größere braune bewegt sich behände die Wand hinauf und eine riesige liegt auf dem Rücken in der Ecke. Nun, wo wir genauer hinschauen, sehen wir immer mehr. Viel zu viele um sie zu fangen und raus zu setzen oder sie zu ignorieren. Ich bin kurz vorm Ausflippen und verharre vor Schreck nur noch starr mitten im Raum. Aufmerksam beobachte ich die Kakerlaken, damit sie mir ja nicht zu nahe kommen. Dafür wird Paul aktiv, inspiziert das Bett und klopft zwei Exemplare hinunter. Dann hängt er unser Moskitonetz auf, stellt die Rucksäcke aufs Bett und schiebt die Enden des Netzes unter die Matratze, damit keine Kakerlake mehr ins Bett gelangen kann.
    »Komm, wir machen jetzt einfach Sightseeing und gehen Essen.« Besorgt fügte er hinzu: »Eine Nacht wirst du es doch aushalten, oder?« Da stehe ich allerdings bereits auf dem Flur. Nur schnell weg aus dem Horrorhotel.

Paul
    Für den Rest des Tages steht noch Sightseeing an. Da es aber schon so spät ist, spare ich das Fort Golkonda für morgen auf und locke Maja mit der Möglichkeit am Char Minar, dem Wahrzeichen Hyderabads, die Basare zu besuchen. Hier soll sie die Kakerlaken vergessen. Wir laufen die Straße hinunter, vorbei an einem großen Textilkaufhaus und an vielen kleinen Boutiquen, die Burkas in allen möglichen Facetten anbieten. Ich bin erschrocken, wie viele Frauen in Hyderabad in Burkas herumlaufen. Die gesamte Atmosphäre ist beklemmend. Zwischen den vielen bunten Fahnen wirken die Frauen in Schwarz wie ein Antipode.
    In mir kommt die Furcht hoch, ob wir überhaupt züchtig genug gekleidet sind und nicht gleich ein Moralisierungs-Mob um die Ecke kommt, um uns erst zurechtzuweisen und danach gleich zusammenzuschlagen. Ich fühle mich unwohl auf der Straße, aber trotz aller Befürchtungen ist die Atmosphäre friedlich. Hinter einer Kurve taucht das Char Minar vor uns auf. Es ist merkwürdig: Ich bestaune muslimische Kulturgüter, freue mich auf Kebab, was ich mir heute Abend mit Sondererlaubnis von Maja genehmigen darf, aber weshalb misstraue ich dann der Alltagskultur?
    Das Char Minar steht wie der Triumphbogen in Paris auf einer Verkehrsinsel, während die Autos um es herumtosen. Wir schaffen es auf die Mitte zu kommen und ich bin froh, heute noch etwas erreicht zu haben. Doch die Ernüchterung kommt jäh. Das Char Minar hat vor einer halben Stunde zugemacht, keine Chance es zu besichtigen und von oben die Stadt zu bewundern. Mag Hyderabad mich nicht? Vielleicht findet Maja wenigstens etwas auf dem Basar, der kurz hinter dem Char Minar beginnt. Dann war der Tag nicht vollends für die Katz! Doch es ist Freitag. Die meisten Geschäfte haben geschlossen und die Rollläden hinunter gezogen. Gerade einmal eine Handvoll Händler bieten ihre Waren feil. Ich zweifel an mir. Ich zweifel an der Stadt. Ich zweifel an der Situation.
     

Maja
    Ich habe die Nacht überlebt, obwohl so richtig vorbei ist sie nicht, denn draußen ist es noch dunkel. Unser Reisewecker zeigt 5:46 Uhr und 29°C! Da ist es über Nacht kaum abgekühlt. Kein Wunder, dass ich total geschwitzt habe. Am liebsten würde ich unter die Dusche springen, aber da war ja was …! Meine Laune ist auf dem Tiefpunkt.
    An Schlaf war nicht zu denken. Nie zuvor in meinem Leben habe ich mich so unwohl gefühlt. Auch wenn wir geschützt unter dem Netz lagen, mein Verstand spielte nicht mit. Ständig krabbelte mir irgendwas auf der Haut und ich konnte mir noch so oft sagen, dass er nur Schweiß sein wird oder Dreck, aber keine Kakerlake. Trotzdem wurde ich einfach nicht ruhig. Dies lag sicherlich auch an der Lautstärkekulisse. Unser Zimmer befindet sich direkt neben dem Aufzug. Nicht nur, dass die ganze Nacht über Stimmen- und Schrittgewirr vor der Tür herrschte, der Aufzug spielte zudem bei jeder Betätigung die Lambada-Melodie. Als es 6 Uhr wird, halte ich es nicht mehr aus. Ich muss hier raus. Ich stupse Paul an, der, wie sich nun herausstellt, ebenfalls wach ist und nur noch seine Augen ausruhen wollte. Um 6:05 Uhr sind wir fertig zum Abmarsch und stehen mit dem Sonnenaufgang draußen auf der Straße. Unschlüssig, wie wir den Tag überstehen sollen, denn heute Abend steht uns schließlich erneut eine Nachtzugfahrt bevor.

Paul
    Die Nacht war kurz. Maja wirkt als hätte sie durchgemacht, mit dicken Rändern unter den Augen. Sie scheint noch schlechter geschlafen zu haben als ich. Ein paar Mal bin ich in der Nacht von

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