Sonne, Meer und Bea (German Edition)
Secunderabad ein. Die nächste Station wird Hyderabad sein. Auf dem Bahnsteig stehen verschiedene Händler und reichen uns Sachen durch das Fenster. Maja versucht durch sie hindurchzusehen, aber es muss ihr schwerfallen, wenn sie Bananen, Kekse oder Plastikkämme direkt vor die Nase gehalten bekommt. Sie wendet sich mir zu und ich deute an, dass wir uns langsam fertigmachen können. In der Hoffnung, dass ihr langes Warten doch nicht unnütz war, blicken die drei Händler vor dem Fenster zu uns hinein und beobachten, wie wir die Rucksäcke packen. Sie warten auch immer noch, als wir uns wieder setzen. Der Zug hält gut eine halbe Stunde in dem Bahnhof. Irgendwann wird es den Dreien zu viel und sie verziehen sich unverrichteter Dinge.
Schließlich kommen wir in Hyderabad an, wenn auch mehr als drei Stunden zu spät. Wir verabschieden uns von den Mitreisenden und stehen auf dem Bahnhof. HYDERABAD KANCHEGUDA steht auf dem Schild. Ich schlucke. Maja bemerkt sofort, dass etwas nicht stimmt.
»Sind wir hier nicht richtig?«
Ich druckse herum: »Doch, fast.«
»Fast heißt, wir sind nicht am richtigen Ort.«
»Na doch, wir sind in Hyderabad.«
»Aber?«
Ich krame die Karte hervor und studiere sie eingehend.
»Ich dachte, wir kämen dort an, am Hauptbahnhof, aber wir sind woanders.«
Maja lässt ihren Rucksack zu Boden gleiten und schaut mich entsetzt an. Ich versuche sie zu beruhigen, dass es nicht so schlimm sei, nur dass wir eben eine Rikscha zum anderen Bahnhof nehmen müssen.
»Und dort gehen wir erst einmal richtig frühstücken«, sage ich bestimmt und steuere zielsicher aus dem Bahnhofsgebäude heraus. Maja schultert ihren Rucksack und folgt mir mit etwas Abstand zu den Rikschas.
Auf dem großen Vorplatz des „richtigen“ Bahnhofs werden wir von dem Rikscha-Fahrer wieder herausgelassen. Ich möchte nicht zu früh ins Hotel, da wir erst morgen Abend weiterfahren. Außerdem habe ich Hunger. Wir nehmen unsere Sachen und schauen nach einem Laden, in den man einkehren kann. Auf der Bahnhofsstraße finden wir aber keinen, der unseren Ansprüchen gerecht wird. Heute bin ich sehr anspruchsvoll, was uns zu Coffee Day in einer kleinen Einkaufspassage am Ende der Straße führt. Burger und Kaffee sind zwar langweilig, aber genau das, wonach mir der Sinn steht.
Dass die Stadt mit Fahnen feierlich geschmückt ist, hätte mich früher stutzig machen sollen. Nach der Stärkung befinden wir uns auf der Suche nach einem Hotel. Aber alles, was wir zu hören bekommen ist: »No room ! Sorry!« Wir sind schon fast alle in unserer Preisklasse beschriebenen Hotels abgelaufen, sogar ein Teureres, was uns ebenfalls bescheinigte: »Rooms not available !« In der Stadt sei das Deccan Festival und deswegen dürfte es nicht so leicht sein, ein Zimmer zu bekommen. In höchster Verzweiflung springen wir auf einen alten Mann an, der schon eine Weile neben uns herumhüpft, um uns ein bestimmtes Hotel anzupreisen. Eigentlich wollte ich ihn ignorieren, denn, wenn man Schleppern nachgibt, zahlt man am Ende drauf. Aus reiner Nächstenliebe und grenzenloser Gastfreundschaft macht das schließlich niemand.
Als wir ihm unsere Aufmerksamkeit schenken, strahlt sein Gesicht und er führt uns über zwei kleine Gassen zu einem Hotel, das von außen gar nicht so übel aussieht. Sogar einen Aufzug hat es und die Preise sind trotz der Provision erträglich. Ich bin froh, dass wir doch noch ein Hotel gefunden haben.
Maja
Ich könnte heulen. Ich bin mit den Nerven am Ende. Das Hotelzimmer hätte ich niemals genommen, aber wir hatten keine Wahl. Sauber ist das ganze Gebäude nicht, aber wir haben uns schnell für ein Zimmer entschieden, ehe wir heute gar keine Unterkunft mehr bekommen hätten. Unglücklich stelle ich meinen Rucksack ab und werfe den ersten Blick ins Bad. Ein alter rottiger Boiler hängt dort, voll von Spinnenweben. Und der Boden ist mit einer schleimigen gelben Schicht überzogen. Ich knalle die Tür sofort wieder zu. Die Dusche muss heute ausfallen und aufs Klo muss ich wohl im Restaurant gehen. In diesem Raum werde ich so wenig Zeit wie möglich verbringen. Ich schaue, ob sich im Zimmer ebenfalls Spinnen versteckt haben, als ich plötzlich etwas Schwarzes über das Bett flitzen sehe.
»Das war jetzt aber keine Spinne, oder?«, sage ich panisch zu Paul.
»Äh, was denn?«
»Na, das schwarze Tier auf dem Bett!«
»Meinst du nicht das an der Wand?«
Auf einmal sehen wir ganz viele dieser Tiere im Zimmer krabbeln. Und das in allen
Weitere Kostenlose Bücher