Sonne, Meer und Bea (German Edition)
der Musik des Aufzuges aufgewacht und habe mich gefragt, ob das Moskitonetz wirklich dicht ist. Aber die Schwere meiner Augen hat immer wieder gesiegt.
»Lass uns aufstehen. Ich kann nicht mehr«, fleht Maja mich an. Noch nicht einmal frisch machen möchte sie sich. Wir sichern das Moskitonetz, damit kein Viech in unsere Rucksäcke krabbeln kann und wir ihm eine kostenlose Weiterreise ermöglichen. Ungeduldig auf der Bettkante sitzend, wartet Maja, bis ich von der Toilette wiederkehre, springt auf und zerrt mich regelrecht aus dem Zimmer. Mit zerwuselten Haaren und ohne mir die Zähne geputzt zu haben, betreten wir den Aufzug, der uns sogleich mit Lambada begrüßt. Maja scheint innerlich zu platzen. Schnell schließe ich die Fahrstuhltür und mit einem Ruck geht es nach unten. Der Rezeptionist schaut uns schlaftrunken an, sich wohl fragend, warum wir so früh schon auf den Beinen sind. Das frage ich mich auch. Draußen ist nichts los. Links hinten, auf dem Bürgersteig, liegen ein paar Personen, die noch tief und fest schlafen. Wir gehen an ihnen zügig vorbei. Erst auf der Hauptstraße kommt Maja zur Ruhe.
»Ob der Coffee Day schon auf hat?«, frage ich zweifelnd. Wir schlendern die Straße hinunter. Hinter den Häusern ruft ein Muezzin zum Gebet. Die Morgendämmerung ist vorbei und ich freue mich auf meinen Kaffee. Wir überqueren die Straße, doch die Passage, in der sich der Coffee Day befindet, ist unbelebt. Kein Licht brennt, keine Tür ist geöffnet. Kein Kaffee für mich. Maja meint nur kurz »Oh«, und scheint sich nicht für den frühen Ausflug verantwortlich zu fühlen. »Was machen wir jetzt?«
Am liebsten würde ich antworten: »Komm, lass uns ins Hotel zurück und noch ein wenig schlafen.« Aber dann kann ich mir sicher sein, dass mir so Einiges um die Ohren fliegen wird. So unsensibel, wie Maja mich oft hinstellt, bin ich doch nicht.
»Was denkst du?«, stelle ich ihr eine Gegenfrage.
»Keine Ahnung, ich denke du hast einen Plan!«
Einen Plan. Genau. Aber ich will kein Öl ins Feuer gießen, außerdem bin ich viel zu müde, um wegen so etwas einen Streit vom Zaun zu brechen.
Ich überlege scharf: »Irgendwas wird doch bestimmt auf haben. Wir schauen uns einfach mal um.«
Damit ist Maja zufrieden. Wir laufen in der Gegend herum, die Straße in Richtung Char Minar hinunter. Auf der rechten Seite sehen wir einen Laden, der voller Gäste ist. Erleichtert betreten wir ihn und suchen ein freies Plätzchen. Erst jetzt stelle ich fest, dass es ausschließlich Männer sind, die hier ihren Tee trinken. Alle in weiß gekleidet, viele mit einem Käppi. Wir hingegen leuchten mit bunter Kleidung und strahlen auch deswegen aus der Masse heraus. Wir nehmen ebenfalls Tee. Einige Gäste starren zwar etwas, aber es herrscht eine freundliche Distanz zu uns. Ich glaube, die Männer sind gerade aus der Moschee gekommen und stärken sich nach dem Gebet mit einem Tee. Dabei frage ich mich, ob sie das täglich machen, so zwischen Aufstehen und auf die Arbeit gehen.
Leider ist der Laden zu voll um etwas zu frühstücken. Die Gäste scheinen alle ihre Routine zu haben und ich gehe davon aus, dass ich ihre Abläufe aufs Empfindlichste störe, wenn ich uns jetzt noch etwas zu Essen aussuchen würde. So stehen wir nach fünfzehn Minuten wieder auf der Straße und das Spiel beginnt von vorne.
»Was machen wir jetzt?«, fragt Maja.
»Was denkst du?«
»Keine Ahnung. Hast du keinen Plan?«
»Lass uns noch etwas umschauen. Irgendwo muss man doch auch Frühstück bekommen.«
Und so laufen wir weiter umher, bis wir im Souterrain eines Gebäudes auf der linken Straßenseite erneut einen Laden sehen, in dem etwas Betrieb herrscht. Hier geht es bedeutend ruhiger zu. Wir nehmen einen Tee mit Minzgeschmack und begutachten die kleine Speisekarte. Es gibt Vada, und da ich die kenne, bestelle ich uns beiden je einen Teller. Das Café ist gemütlich eingerichtet, mit Teppichen und kleinen Sitzgruppen. Wir genießen unser Frühstück, doch als wir fertig sind:
»Was machen wir jetzt?« Als hätte jemand auf die Wiederholen-Taste gedrückt.
»Ach was weiß ich. Keinen Plan.«
»Ich habe jedenfalls keine Lust auf Sightseeing!«
»Und was sollen wir stattdessen machen?«
»Weiß ich nicht.«
»Zurück ins Hotel willst du ja bestimmt auch nicht, oder?«
»Genau.«
Ratlos blicke ich Maja an. Golkonda ist gestrichen. Alternativen müssen her. Ich schlage vor, mit dem Bus nach Secunderabad zu fahren, vielleicht gibt es da ja eine
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