Sonne, Meer und Bea (German Edition)
zusetzen.
Der Kaffeetrinkende Clown
Paul
Das ist früh. Ich werde aus meinen Träumen geweckt, kurz bevor wir in Bangalore einfahren. Ein freundlicher Mitreisender tippt mich an und gibt mir Bescheid, dass wir in einer guten halben Stunde da sein werden. Ich bedanke mich und wecke Maja. Der Zug ist pünktlich um 6:25 Uhr im Bahnhof. Heute hätte ich mich über eine Verspätung nicht beschwert, aber es hilft nichts. So verlasse ich recht unfit den Waggon. Maja scheint es nicht viel besser zu gehen. Am liebsten würde ich sie jetzt in den Arm nehmen, aber das muss warten, bis wir das Hotel erreicht haben.
Mein Rucksack zieht unendlich an meiner Schulter. Ich gehe zu einer Sitzgelegenheit, die um einen Pfosten des Bahnhofsdaches angebracht ist, und lasse mein Gepäck auf den Stein gleiten. Maja tut es mir gleich und so setzen wir uns erst einmal hin und starren auf unseren Zug, der noch am Gleis steht. Hier in Bangalore nimmt kaum einer von uns Notiz. Ein Hunderudel streunt, auf der Suche nach etwas Essbarem, durch den Bahnhof. Ich hoffe, dass sie nicht zu uns hinüber kommen. Als einer von ihnen seinen Kopf hebt und starr in unserer Richtung schaut, versuche ich nicht zurückzustarren, damit er meine Unsicherheit nicht merkt. Glücklicherweise ist er schnell abgelenkt und der Rest des Rudels läuft weiter zum Ende des Bahnsteigs. Auch seltsame Gestalten schlendern zwischen den Fahrgästen und den anderen Bewohnern des Bahnsteiges umher. Ist es nur meine Müdigkeit, die alles bedrohlich wirken lässt, oder der Umstand, dass ich noch kein Frühstück hatte?
Nach einer kurzen Verschnaufpause machen wir uns auf den Weg. Vor dem Bahnhof liegt ein riesiger Busbahnhof, der passenderweise Majestics heißt. Wie Majestix, denke ich und sehe mich sofort auf einem Schild stehen, von zwei Untergebenen getragen. So schwer sind heute meine Beine. Wir sind gestern einfach zu viel umhergelaufen. Ich hätte auch nichts gegen ein Fläschchen Zaubertrank.
»Wenn du Miraculix siehst, sag mir Bescheid«, spaße ich zu Maja.
»Mirácoli? Du willst Nudeln zum Frühstück?« Sie schaut mich perplex an. Da hat sie meinen Spaß nicht verstanden.
»Nein, ich hätte nur gerne etwas vom Zaubertrank.« Ich erkläre Maja meine Gedankengänge.
»Ach so, ich verstehe.« Maja lacht. Zum ersten Mal seit einigen Tagen. So ernst, wie sie in der letzten Zeit war, kenne ich sie gar nicht. Eigentlich liebe ich ihr bezauberndes Lachen und ihren Sinn für Humor. Ich hoffe, sie hat ihn nicht verloren. Ich lache mit.
Am Busbahnhof entdecke ich eine kleine Gaststätte. In einer Ecke ist noch ein Platz frei. Die anderen Gäste weisen uns darauf hin, dass das hier ein Selbstbedienungslokal sei. Vorne gibt es wieder Token, die Speisekarte hängt hinter der Ausgabestelle. Ich versuche etwas Neues ausfindig zu machen und entscheide mich für Idlis. Am Tokenschalter möchte ich also einen Kaffee, einen Tee und zwei Platten Idli bestellen.
»Sorry Sir. Coffee not available. Idli not available. «
Keinen Kaffee, keine Idlis? Ich versuche es mit Dosa.
»Dosa not available !«
»Vada?«
»No, not available. Only Pongal.«
Ich schaue mir die Pampe auf dem Tablett eines Vorübergehenden an und verziehe das Gesicht. Nur Pongal.
Ich gehe zu Maja, die sich auf das Frühstück freut, und muss sie enttäuschen.
»Nur Pongal!«
Sie blickt zum Tischnachbarn hinüber.
»Lass uns weiterziehen!«, bestimmt sie.
Wir schultern unsere Rucksäcke und gehen, ohne etwas bestellt zu haben, aus dem Lokal, als unser Weg von zwei mittelgroßen Kakerlaken gekreuzt wird.
»Ist wohl besser!«, bestärke ich unseren Beschluss.
»No Pongal?«, ruft uns der Verkäufer hinterher und beginnt hämisch zu lachen.
Nein, antworte ich ihm sauer und versuche ihm verstehen zu geben, dass ich Idlis will, dass ich Kaffee will und keine Kakerlaken. Er verzieht die Miene und sein Lachen verstummt. Treffer! Paul ist fieser als er. Dafür lachen jetzt die anderen Gäste. Ich weiß nicht genau, ob über mich oder den Verkäufer. Um nicht groß grübeln zu müssen, fasse ich es einfach als Zustimmung auf und lasse den Laden hinter mir.
Wir überqueren den Rest vom Majestics mit Hilfe einer Fußgängerbrücke, von der man einen atemberaubenden Blick auf das Treiben und die Geschäftigkeit des Busbahnhofes hat. Was auf den ersten Blick chaotisch erscheint, folgt eigentlich einer Ordnung. Die Hektik, mit der die Fahrgäste in die Busse springen, ist gepaart mit einer Lässigkeit, die mir in Indien
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