Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
Vom Netzwerk:
Unprofessionalität geht mir auf
den Wecker. Rudjard ist heute das erste Mal dabei. Der Junge hat‘s in der
Vergangenheit nicht einfach gehabt. Also halten Sie sich gefälligst in Zaum.“
    Der
Commissaris strich langsam über seine Halbglatze. Er wischte ein paar
Schweißperlen weg, die sich in der Aufregung über das laufende Gespräch
gebildet hatten.
    „Wer
soll es dann machen?“, fragte er schließlich.
    „Ich
will, dass Bloemberg diesmal als Hauptverantwortlicher die Ermittlungen
übernimmt.“
    Fred
Maartens‘ Mundwinkel zuckte auffällig gen Erdboden, nachdem er die Bedeutung
dieses Satzes in Gänze begriffen hatte. Sein Gesicht verzog sich in einer
Weise, als hätte ihm gerade jemand gesagt, er müsse zurück in die
Polizeischule.
    „Das
können Sie nicht machen“, flüsterte er, aber Van Houden winkte genervt ab.
    „Genau
das meine ich, Commissaris. Sie verhalten sich einfach nicht, wie man es von
einer Person in Ihrer Position erwarten können muss. Die Entscheidung ist
gefallen. Sie werden Inspecteur Bloemberg unterstellt und Sie werden alles
dafür tun, damit dieser Fall schnell aufgeklärt wird. Das ist alles. Und jetzt
können Sie von mir aus Ihr blödes Fußballspiel weitergucken. Ich schicke
Bloemberg nachher hierher, damit sie sich besprechen können.“
    Er
wartete Maartens‘ Reaktion auf diese endgültige Feststellung nicht mehr ab,
    manövrierte
mit seinen überflüssigen Pfunden zwischen Tischen und Stühlen hindurch und
verließ das Restaurant ohne sich noch einmal umzusehen.
     
    ***
     
    Das
Büro ähnelte einem Schlachtfeld. Die breite Glasfront auf der
gegenüberliegenden Raumseite, die einen wunderbaren Blick über das Hafenbecken
und auf den ältesten Stadtkern Rotterdams bot, war an mehreren Stellen
gerissen, obwohl es sich dabei offensichtlich um Sicherheitsglas handelte.
Alles, was nicht irgendwo festgeschraubt worden war, lag verstreut und zerstört
auf dem Boden. Wandbilder und Dekoration, schwere Aktenordner und lose Blätter,
vier große Standleuchten, Schreibtisch und Stühle, alles war heruntergerissen
und achtlos weg- oder umgeworfen worden. Allein ein großer, alter Eichenschrank
stand eisern an einer Wand des großen Raumes, aber auch hier waren die
Schranktüren und Schubladen aufgebrochen und durchwühlt worden. Ein in die
gegenüberliegende Wand eingebauter Tresor war ebenfalls geöffnet und scheinbar
geplündert worden. Aber das alles war nicht das Entscheidende. Ein Detail zog
den Blick des Inspektors an und ließ ihn für einen Augenblick alles andere
vergessen.
    In
der Mitte des mit feinstem Teppich ausgelegten Büros erstreckte sich eine
eingetrocknete, braune Lache, wie ein riesiges Einschussloch. Daneben - kreuz
und quer verteilt - lagen unzählige lange eiserne Nägel und eine schwere
Nagelpistole. Bloemberg kannte derlei Geräte von früher.
    Von
Zeit zu Zeit war es in Van Heligs Segelschule so gewesen, dass die Planken
einzelner Boote ersetzt werden mussten, wenn sie witterungsbedingt spröde oder
faulig geworden waren. Dazu hatte er damals das alte Holz herausgehebelt und
danach die neuen Bohlen mithilfe eines solchen Gerätes befestigt. Er wäre nie
auf die Idee gekommen, irgendwen auf diese Weise zu verletzen, zumal man dafür
zunächst einen erheblichen Druck auf die festzunagelnde Stelle ausüben musste.
In dieser Nacht jedoch war genau das passiert, und zwar in diesem Raum.
    Verdomme,
die haben die Metzgerei hierher verlegt , schoss es ihm durch den Kopf.
    Kees
Bloemberg legte die Stirn in Falten, dann schaute er Nasridim Hadosh an. Mit
einer flüchtigen Handbewegung bat ihn der alte Mann, einzutreten. Über seine
zitternden Lippen kam kein Ton. Der Inspektor trat durch den Türrahmen und
machte einen ersten Schritt in das Chaos.
    „Na
gut, schauen wir uns das mal an“, sagte er und bemerkte zunehmend den
beißenden, süßlich-faulen Gestank, der überall im Zimmer hing. Kees rümpfte die
Nase.
    Kalter
Schweiß, Blut und Tod, dachte
er und bemühte sich, nirgendwo draufzutreten.
    Er
näherte sich der Lache und ging dort in die Hocke. Sie war völlig in den
Teppich eingezogen und dort eingetrocknet. Blombergs Blick suchte auf dem Boden
nach verdächtigen Anhaltspunkten, aber die Jungs von der Spurensicherung hatten
entweder ganze Arbeit geleistet, alle interessanten Anhaltspunkte eingetütet
und mitgenommen oder es hatte keine gegeben. Auf der Nagelpistole und dem
danebenstehenden Luftkompressor befanden sich Reste von Fingerabdruckstaub.

Weitere Kostenlose Bücher