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Sonne über Wahi-Koura

Sonne über Wahi-Koura

Titel: Sonne über Wahi-Koura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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einschalten.«
    »Das wird nicht nötig sein, wenn es Ihnen gelingt, die Bewohner von Napier davon zu überzeugen, dass der Angeklagte allein der Schuldige ist und nicht ich als Winzerin.« Louise sah den Anwalt eindringlich an. »Was ist nun, Monsieur Reed, übernehmen Sie diese Angelegenheit für mich?«
    Wohl war Reed nicht dabei, aber er hatte keine andere Wahl. »In Ordnung, Madame de Villiers, ich werde sehen, was ich tun kann. Aber ich rate Ihnen, Hilfe zu suchen, sollte es zu weiteren Drohungen kommen.«
    Als ob mir die Polizei helfen würde!, dachte Louise bitter. Wahrscheinlich hat Manson die Constables längst auf seine Seite gebracht - vermutlich nicht durch seine Überzeugungskunst, sondern durch ein üppiges Bestechungsgeld. »Ich danke Ihnen, Monsieur Reed. Sie sind meine letzte Hoffnung in dieser Sache. Wenn Sie scheitern, ist der Weinbau des Landes verloren.«
    »Keine Sorge! Ich werde mein Bestes geben.«
    Ich hoffe nur, dass es reicht, dachte Louise resigniert, zumal seine Worte nicht so zuversichtlich klangen wie sonst.
    Nach ihrer Rückkehr vom Spaziergang zog sich Helena in ihren Salon zurück, wo sie aufgewühlt auf und ab ging. Sie hatte so viel erlebt, dass sie am liebsten Laurent davon berichtet hätte. Wieder einmal wurde ihr klar, wie sehr er ihr fehlte.
    Sie hatte noch nie Tagebuch geführt und glaubte auch nicht, dass sie Talent zum Schreiben besaß. Doch nun wünschte sie, sie könne ihre Eindrücke auf irgendeine Weise festhalten. Vielleicht sollte ich zu malen anfangen, überlegte sie.
    Nach dem Abendessen begab sie sich zu Bett, stellte aber fest, dass sie nicht einschlafen konnte. Ihr Körper war ermattet, ihr Geist hingegen hellwach. Noch immer sah sie die Maori des Dorfes vor sich. Ich muss mehr über dieses Volk herausfinden, dachte sie. Diese Idee trieb sie schließlich aus dem Bett.
    In Morgenmantel und Pantoffeln schlich sie sich mit einer Petroleumlampe in der Hand hinaus in die Eingangshalle. Der Marmorboden funkelte im Mondlicht. In der nächtlichen Stille wirkte das Haus nahezu gespenstisch.
    Wo mochte Louises Bibliothek sein? In der Nähe des Arbeitszimmers?
    Vor Aufregung pochte Helenas Herz. Welche Absichten wird Louise mir unterstellen, wenn sie mich bemerkt?, fragte sie sich bang.
    Im Gang zum Arbeitszimmer entdeckte Helena eine weitere Flügeltür. Ich hätte Didier oder Sarah längst bitten sollen, mich durchs Haus zu führen, dachte sie, als sie vorsichtig nach der Klinke griff. Aber das Zimmer war abgeschlossen.
    »Was haben Sie da zu suchen, Madame?«
    Helena wirbelte erschrocken herum. Im Licht der Petroleumlampe schien Louises Gesicht körperlos in der Dunkelheit zu schweben.
    »Madame de Villiers?« Offenbar leidet sie ebenso unter Schlaflosigkeit wie ich, kam Helena in den Sinn.
    »Ja, die bin ich wohl. Oder halten Sie mich für ein Nachtgespenst? Was machen Sie hier?«
    »Ich konnte nicht schlafen und dachte, dass mich ein kleiner Spaziergang ermüden würde.«
    »So? Ich habe gehört, dass Sie heute bereits einen ausgedehnten Spaziergang hinter sich haben.«
    Helena unterdrückte ein desillusioniertes Lächeln. Natürlich hatte Sarah ihrer Dienstherrin Bericht erstattet. »Das stimmt, aber all die Eindrücke, die ich heute gesammelt habe, lassen mich nicht zur Ruhe kommen.«
    Louise schnaufte. Als sie die Lampe ein wenig senkte, sah Helena, dass ihre Schwiegermutter vollständig angekleidet war. War sie zu dieser späten Stunde etwa noch nicht im Bett gewesen?
    »Sie wissen hoffentlich, dass es für das Kind schädlich ist, wenn die Mutter zu wenig Schlaf bekommt.«
    »Das weiß ich, Madame. Es ist ja auch nicht so, dass ich jede Nacht durchs Haus wandele.«
    »Wirklich nicht?«
    Helena seufzte. »Madame, Sie glauben doch wohl nicht, dass ich meinem Kind absichtlich Schaden zufüge? Warum halten Sie mich bloß für ein Ungeheuer?«
    Louise presste die Lippen zusammen. »Denken Sie an den Gottesdienst morgen Abend!«, versetzte sie. »Ich dulde keine Verspätung.«
    »Ja, Madame. Gute Nacht.«
    Louise verschwand, ohne den Gruß zu erwidern.

9

    Obwohl sie nur wenige Kleidungsstücke mitgenommen hatte, brauchte Helena eine Weile, um ihre Garderobe für den Kirchgang auszuwählen. Louises vorwurfsvolle Stimme hallte ihr noch im Ohr. Nach der Erfahrung mit dem dunkelblauen Kleid entschied Helena sich schließlich für das beste schwarze, das sie besaß. Der weiche Stoff schmiegte sich zwar ein wenig zu sehr an ihren Körper, besonders um den Leib spannte er

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