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Sonne über Wahi-Koura

Sonne über Wahi-Koura

Titel: Sonne über Wahi-Koura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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sich ungewöhnlich schwer an auf der Haut. Wahrscheinlich werde ich es schon durchgeschwitzt haben, bevor wir in Napier sind, dachte Helena. Und dann hat Madame wieder einen guten Grund, mir etwas vorzuwerfen. »Seit wann ist Madame eigentlich Witwe? Sie hatte doch einen Ehemann, oder?«
    »Natürlich hatte sie den.« Sarahs Hände zitterten beim Schließen der Knöpfe so deutlich, dass es Helena nicht entging.
    Vielleicht sollte ich das arme Mädchen nicht weiter in Verlegenheit bringen. Es gibt noch andere Leute auf dem Gut, die ich fragen kann, überlegte sie und wandte sich zum Gehen, ohne die Antwort abzuwarten.
    Louise wirkte ungeduldig, dabei hätte Helena schwören können, dass sie zum Umziehen keine zwanzig Minuten gebraucht hatte. Kommen jetzt die Vorwürfe?, fragte sie sich. Doch ihre Schwiegermutter musterte sie nur schweigend und wandte sich dann unvermittelt um.
    Draußen wurden sie von Didier in Empfang genommen. Die Hitze war noch drückender geworden.
    Helena schnappte nach Luft und blickte zu den Wolken auf, die sich wie eine Daunendecke über den Himmel breiteten. Hoffentlich bricht das Gewitter nicht los, wenn wir gerade unterwegs sind, dachte sie.
    Die Kirche von Napier war gut gefüllt. Damen in leichten Sommerkleidern fächelten sich Luft zu, während ihre Begleiter in Anzügen schwitzten.
    Auch Helena machte die Hitze zu schaffen. Das Seidenkleid klebte an ihrem Körper, und ihre Füße waren geschwollen. Sie wünschte, sie säße jetzt auf der Bank vor dem Weingut. Unsicher sah sie in die Runde. Zahlreiche Leute musterten sie unverhohlen.
    Louise stolzierte hoch erhobenen Hauptes an allen vorbei zu der ersten Bank, die offenbar für ihre Familie reserviert war.
    Schließlich trat ihnen doch jemand entgegen. Der Mann trug einen dunklen Anzug und hatte das Haar sorgfältig mit Pomade geglättet. Seine goldene Krawattennadel glitzerte im Abendlicht.
    »Guten Abend, Madam, ich freue mich, Sie wiederzusehen.«
    Helena erkannte den Anführer der Abstinenzler.
    »Mister Manson, dies ist ein Gotteshaus. Also setzen Sie sich besser wieder! Ich sehe ohnehin keinen Anlass, mich mit Ihnen zu unterhalten.«
    »Wer ist denn die junge Dame?«, fragte er ungerührt.
    »Meine Schwiegertochter. Und jetzt entschuldigen Sie uns.«
    Louise bedeutete Helena mitzukommen.
    Nachdem sie sich beide gesetzt hatten, flüsterte Louise: »Sie werden sich niemals mit diesem Mann abgeben, haben Sie verstanden?«
    »Warum sollte ich das tun?«, fragte Helena. »Ich glaube nicht, dass ich mich von einer Horde Abstinenzler belagern lassen möchte. Das Benehmen dieser Leute war unerhört.«
    Louise schnaufte empört. »Es ist unerhört, wie dieser Mann und seine Gefolgsleute versuchen, den Winzern in der Stadt das Wasser abzugraben. Sie versuchen alles, um uns das Geschäft zu vermiesen und uns zu vertreiben. In einigen Städten haben sie es bereits geschafft. Doch ich werde nicht klein beigeben.«
    Die Entschlossenheit ihrer Schwiegermutter beeindruckte Helena.
    Während der gesamten Feier spürte sie die bohrenden Blicke der Menschen im Nacken. Louise hatte mit niemandem gesprochen. Wahrscheinlich fragen sich alle, wer ich bin, überlegte Helena.
    Als sie das Gotteshaus verließen, trat ein Mann im blauen Gehrock zu ihnen. Helena schätzte ihn auf Ende vierzig. Sein schwarzes Haar glänzte vor Pomade, und sein Kinn war glatt rasiert.
    »Madame de Villiers!« Er verneigte sich vor Louise und gab auch Helena einen formvollendeten Handkuss. »Es freut mich, Sie zu sehen. Darf ich fragen, wer die junge Dame ist?«
    »Das ist meine Schwiegertochter, Helena de Villiers.«
    Augenblicklich wirkte der Mann betroffen.
    »Helena, das ist Mister Jonathan Reed, der Anwalt unserer Familie.«
    Hat sie mich eben beim Vornamen genannt? Und von unserer Familie gesprochen? Helena war sprachlos.
    »Ich bedaure Ihren Verlust sehr, Madam. Die Nachricht vom Tod Ihres Gatten hat uns alle erschüttert.«
    »Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen.«
    Helena entging nicht, dass Louise sie aufmerksam beobachtete.
    »Wie Ihre Schwiegermutter gerade überaus freundlich erwähnte, bin ich der Anwalt der Familie de Villiers. Sollten Sie also irgendwelche Schwierigkeiten haben, stehe ich Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.«
    »Danke. Ich werde gern darauf zurückkommen, wenn es nottun sollte«, erklärte Helena lächelnd.
    »Wenn ich Ihnen Ihre Schwiegermutter für einen Moment entführen dürfte?«
    »Selbstverständlich, Mister Reed!«
    Der Anwalt

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