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Sonne über Wahi-Koura

Sonne über Wahi-Koura

Titel: Sonne über Wahi-Koura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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weil ich die Tür laut zuschlage, muss sich niemand Sorgen um mich machen!«, unterbrach Louise sie.
    Helena wurde unwohl zumute. Louises Blick durchbohrte sie regelrecht. »Verzeihen Sie«, fuhr sie enttäuscht fort und wandte sich zur Tür. »Ich wollte Sie nicht behelligen. Ich dachte nur, ich kann Ihnen irgendwie helfen.«
    »Warten Sie!« Louise löste sich vom Fenster und trat hinter den Schreibtisch. »Sie sollen wissen, was vorgeht, denn es betrifft indirekt auch Sie. Heute hat es einen schweren Angriff auf den Weinbau in diesem Land gegeben.«
    Helena zog überrascht die Augenbrauen hoch. Will sie sich mir tatsächlich ein wenig öffnen?
    »Hat Ihnen dieser Manson wieder Schwierigkeiten bereitet?«, fragte sie behutsam.
    »Nicht direkt, aber im Prozess ist offensichtlich geworden, dass der Staatsanwalt seine Ansichten teilt.«
    Louise verstummte für einen Moment, als frage sie sich, ob es richtig sei, sich ihrer Schwiegertochter anzuvertrauen. »Sie haben von dem Mord in Napier gehört?«
    Helena nickte. »Als die Abstinenzler hier waren.«
    »Der Angeklagte ist ein Maori. Er hat seine Verlobte im Vollrausch erschlagen.«
    Helena schlug erschrocken die Hand vor den Mund. »Das ist ja furchtbar!«
    Louise ballte die Fäuste. »Natürlich fällt das in dieser Stadt auf uns zurück. In der Verhandlung hat der Staatsanwalt dazu aufgerufen, etwas gegen den Weinanbau zu unternehmen. Wenn das wirklich passiert, ist unsere Existenz gefährdet.«
    Deshalb ist sie manchmal so grob. Sie sorgt sich um das Gut. Helena verstand allmählich, was in ihrer Schwiegermutter vorging.
    »Man kann Sie nicht für den Mord verantwortlich machen.«
    Louise schüttelte schnaubend den Kopf. »Sie verstehen mich nicht.«
    »Ich verstehe Sie sehr gut, Madame! Aber kein Gericht der Welt kann Ihnen wegen der Tat eines anderen den Prozess machen.«
    »Natürlich werden sie mich nicht anklagen. Doch sie können die Prohibition über diese Region verhängen. Das bedeutet, dass es unter Strafe verboten sein wird, Wein und anderen Alkohol zu produzieren. Alles, was meine Familie hier so sorgsam aufgebaut hat, wird mit einem Federstrich zerstört!« Louise ließ die Schultern hängen.
    »Gibt es etwas, womit ich Ihnen helfen kann?«, fragte Helena versöhnlich.
    »Laurent müsste hier sein«, entgegnete Louise niedergeschlagen. »Sie hätten das alles niemals gewagt, wenn er hiergeblieben wäre.«
    Helena sah ihr Gegenüber erschüttert an. Ich habe wieder einmal verloren, dachte sie. Sie wird mich am Ende auch noch für den Verlust des Weinguts verantwortlich machen.
    »Kümmern Sie sich um das Kind, mehr erwarte ich nicht!«, schnappte Louise nun und deutete unwirsch zur Tür. »Und jetzt lassen Sie mich bitte allein. Ich habe noch viel zu erledigen.«
    Helena antwortete nicht. Enttäuscht über die Wendung, die das Gespräch genommen hatte, verließ sie wortlos den Raum.

2

    Jacob Manson stand vor dem Fenster seines Büros und genoss die Morgensonne, die durch das hohe Fenster fiel. Er lächelte siegesgewiss, denn nach der Gerichtsverhandlung fühlte er sich seinem Ziel endlich nahe. Bald wird Louise de Villiers nichts anderes übrig bleiben, als zu verkaufen, dachte er.
    So lange schon bemühte er sich darum, ihr Land abzukaufen. Land, für das er bessere Verwendung hatte, als dort Wein anzubauen oder diese dummen Maori darauf zu dulden, die sich der Zivilisation hartnäckig verweigerten. Elendes Gesindel! Doch Madame hatte stets abgelehnt. »Du wirst mich noch anbetteln, dein Land zu nehmen, Louise«, flüsterte er hämisch, wenn es erst verboten ist, Wein herzustellen.
    Es klopfte. Manson begab sich hinter den Schreibtisch und bat den Besucher herein.
    Der mittelgroße Mann trug die ergrauten Locken streng gescheitelt. Der maßgeschneiderte dunkelgraue Anzug schmiegte sich makellos an seinen sehnigen Körper.
    »Willkommen, Mister Silverstone!«, rief Manson, während er mit ausgestrecktem Arm auf ihn zuging. »Es freut mich sehr, Sie zu sehen.«
    »Das Vergnügen ist ganz meinerseits, Mister Manson.«
    Die Männer schüttelten einander die Hände, bevor sie auf zwei ledernen Sofas Platz nahmen. Manson erinnerte sich noch gut an ihr erstes Zusammentreffen.
    Auf der Suche nach neuem Weidegrund war Henry Richard Silverstone, ein begüterter Viehbaron aus Auckland, vor Monaten in der Napier National Bank vorstellig geworden. Natürlich war es nicht die Aufgabe einer Bank, Land zu vermitteln, aber es kam bisweilen vor, dass Landbesitzer

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