Sonne über Wahi-Koura
um.
Am liebsten hätte sie vor Freude aufgejauchzt. Aber sie befahl sich, ruhig zu bleiben. Würdevoll schritt sie zu Louises Arbeitszimmer, um ihr die Nachricht zu überbringen.
Eine Woche später polierte Didier den Wagen auf Hochglanz, spannte die Apfelschimmel an und kutschierte Louise, Helena und die kleine Laura nach Napier. Newman war schon vorgeritten, denn vor der Taufe mussten sich die Paten einem Gespräch mit dem Reverend unterziehen.
Als sie die Stadtgrenze überquerten, wurde Helena ein wenig mulmig zumute. Wachsam ließ sie den Blick schweifen, während sie ihre Tochter fest an sich drückte.
Einige Passanten, die die Gehsteige bevölkerten, grüßten, andere eilten vorüber, ohne ihnen Beachtung zu schenken. Hin und wieder ernteten sie missgünstige Blicke, doch niemand rief etwas oder zeigte auf andere Weise eine Abneigung gegen Louise, sodass Helena sich allmählich entspannte.
Vor der Kirche wurden sie bereits von den Gästen erwartet. Inmitten all der weißen oder pastellfarbenen Roben der Frauen und den hellen Sommeranzügen der Männer wirkten Louise und Helena in ihren Trauerkleidern wie schwarze Edelsteine. Selbst dieses freudige Ereignis hatte Louise nicht dazu bewegen können, ihre Witwentracht abzulegen. Ebenso wie Helena trug sie schwarzen Satin.
Laura war in eine mit Spitzen gesäumte Decke gewickelt, die mit grünen Weinranken und roten Blüten bestickt war.
Louise hatte mit Tränen in den Augen erklärt, dass sie in dieser Decke schon den kleinen Laurent zum Taufbecken getragen habe.
Der Gedanke daran machte Helena traurig. Aber sie tröstete sich damit, dass Laurent gewollt hätte, dass sie an diesem Tag allen Kummer vergaß und sich nur freute. Helena straffte sich und sah auf.
Zane Newman stand plötzlich vor ihr. Sein Anblick raubte ihr den Atem. In seinem dunkelgrauen Gehrock, der perfekt zu den schwarzen Hosen, den blank polierten Stiefeln und der weinroten Krawatte passte, sah er ausgesprochen attraktiv aus.
Helena konnte die Augen nicht von ihm abwenden. Ihr Herz klopfte plötzlich so wild wie an dem Tag, als sie Laurent begegnet war. Benimm dich nicht wie ein verliebter Backfisch!, schalt sie sich. Du bist hier auf einer Taufe und nicht bei einer Tanzveranstaltung.
»Madame.« Er verbeugte sich zunächst in Richtung seiner Dienstherrin, dann gegenüber Helena. Sein Lächeln wärmte ihr Herz. »Misstres de Villiers.«
»Sie haben sich tadellos zurechtgemacht, Mister Newman«, bemerkte Louise. »Ich hoffe, Sie haben Reverend Rutherford davon überzeugt, dass Sie ein gottesfürchtiger Mann sind.«
»Nach besten Kräften, Madame.«
»Gut, dann wollen wir den Leuten hier zeigen, dass sie immer noch mit den De Villiers rechnen müssen.«
Beim Betreten der Kirche drehten sich beinahe alle Köpfe nach ihnen um. Eine alte Dame wurde im Rollstuhl zu ihnen geschoben.
»Meine Liebe!«, begrüßte sie Louise, worauf sich die beiden Frauen umarmten. »Endlich lerne ich mal deine Schwiegertochter kennen. Was für ein reizendes Geschöpf!«
Errötend reichte Helena ihr die Hand.
»Ich bin eine alte Freundin Ihrer Schwiegermutter und war überglücklich, als ich hörte, dass Ihr Kind gesund zur Welt gekommen ist. Meine herzlichsten Glückwünsche!«
»Vielen Dank, das ist sehr freundlich von Ihnen.«
»Leider werde ich nicht an der Feier teilnehmen können. Meine Knochen schmerzen so furchtbar, dass ich mich gleich nach der Zeremonie wieder hinlegen werde. Aber die Taufe des Kindes, das die Zukunft von Wahi-Koura sein wird, wollte ich mir nicht entgehen lassen.«
Sie zwinkerte Louise zu, dann gab sie ihrer Pflegerin das Zeichen, sie auf ihren Platz zu schieben.
Im selben Moment erschien der Reverend, und die Orgel begann zu spielen.
Helenas Knie zitterten vor Aufregung. Alle Augen waren auf sie gerichtet, und sie wusste nur zu gut, dass Louise ihr jede noch so kleine Verfehlung vorhalten würde. Um sich ein wenig zu beruhigen, suchte sie nach einem festen Punkt in der Kirche - und fand ihn in Gestalt von Zane Newman, der zusammen mit Louises elegant gekleideter Freundin, Myrna Hathaway, bereits neben dem Altar stand.
Während Helenas Herz wie wild pochte, strahlte er Ruhe und Gelassenheit aus.
Helena atmete tief durch. Allmählich legte sich ihre Nervosität. Überrascht stellte sie fest, dass der Altar mit Trauben und Weinranken geschmückt war. Ob Louise das veranlasst hatte?
Als sie schließlich mit den Taufpaten an das Taufbecken trat, lächelte Newman ihr
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