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Sonne über Wahi-Koura

Sonne über Wahi-Koura

Titel: Sonne über Wahi-Koura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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die Stimmung der Stadt uns gegenüber ab.«
    »Mit anderen Worten, ich soll mich ihnen gegenüber freundlich zeigen.«
    »So ist es.«
    Als ob ich nicht zu allen freundlich wäre!, dachte Helena, aber sie rang ihre Empörung nieder. An diesem Tag wollte sie keinen Streit und keine bitteren Gedanken. »Seien Sie unbesorgt, Madame, ich werde mich von meiner besten Seite zeigen.«
    Als alle Gäste an der Tafel Platz genommen hatten, bedankte sich Louise als Gastgeberin und ließ das Essen auftragen, bei dem die Köchin von Wahi-Koura sich selbst übertroffen hatte. Zu gebratenem Hühnchen und zartem Lamm gab es verschiedene Gemüse, Süßkartoffeln und Obst. Zu Lauras Ehren war ein Fass des Jahrganges 1900 angestochen worden. Die Gäste waren voll des Lobes über den edlen Tropfen. Louise genoss die Wertschätzung so sehr, dass sie hin und wieder sogar ein lobendes Wort über Helena fallen ließ.
    Helena schwieg dazu bescheiden und lächelte nur vor sich hin. Wer weiß, wie lange Louises gute Laune anhält, dachte sie.
    Nach dem Essen zerstreute sich die Gesellschaft im Garten. Um die Gäste vor der Sonne zu schützen, waren Schirme aufgestellt worden. Die Dienstmädchen reichten Erfrischungen auf Tabletts.
    Helena entschuldigte sich für einen Moment, um nach ihrer Tochter zu sehen. Laura schlief noch immer ruhig in ihrer Wiege, in die sie sie gleich nach der Ankunft gelegt hatte. Erleichtert spazierte Helena ein Stück durch den Park. Ihr Kopf schwirrte von den Gesprächen am Tisch. Sie versuchte, sich vorzustellen, wie die Feier abgelaufen wäre, wenn Laurent noch bei ihr wäre.
    Sie hätten gewiss nicht in Neuseeland gefeiert, aber auch in Deutschland hätte es ein großes Fest gegeben. Helena bedauerte zutiefst, dass ihre früheren Angestellten nicht daran teilhaben konnten. Besonders ihr Kellermeister war zerknirscht gewesen, als sie ihn entlassen musste.
    Ich sollte Ludwig Bergau einen Brief schreiben und ihm mitteilen, dass ich eine gesunde kleine Tochter habe, dachte sie. Immerhin war er beinahe so etwas wie ein Vater für mich.
    Als Sarah vorbeikam, nahm sich Helena ein Glas Limonade vom Tablett.
    Kaum hatte sie einen Schluck getrunken, gesellte sich eine Frau im aprikosenfarbenen Kleid zu ihr. Laut Louises Beschreibung handelte es sich um Janice Norrington.
    »Ich kann gar nicht glauben, dass Louise uns ein reizendes Geschöpf wie Sie so lange vorenthalten hat«, flötete sie und zerrte Helena am Arm mit sich.
    Demnach hatten in der Stadt alle erwartet, dass sie vorgestellt wurde.
    »Ich musste mich von einer sehr langen Reise erholen. Madame bestand darauf, dass ich mich schone.«
    »Das sieht Louise ähnlich. Ganz die fürsorgliche Glucke.«
    Helena entging nicht, dass die Frau sie wachsam musterte. »Sie sind also aus Deutschland?« Offenbar war die Dame sehr gut über sie informiert.
    »Ja, aus Hessen-Nassau.«
    »Ein Weinbaugebiet, wenn ich mich nicht irre. Mein Gatte lässt hin und wieder Wein von dort einschiffen. Ein teures, aber lohnenswertes Vergnügen!«
    Helena zwang sich zu einem Lächeln.
    »Sie haben sicher vor, Ihrer Schwiegermutter helfend unter die Arme zu greifen.«
    »Ja, das habe ich. Aber vorrangig werde ich mich um meine Tochter kümmern.«
    »Das ist sehr lobenswert von Ihnen! Inzwischen hört man immer öfter von sogenannten modernen Frauen, für die die Mutterpflichten erst an zweiter Stelle kommen. Arbeit und Vergnügen gehen ihnen vor!«
    Helenas Abneigung gegen Mrs Norrington wuchs. Obwohl sie am liebsten geflohen wäre, entschied sie sich, das Beste aus der Situation zu machen.
    »Nun, ich denke zwar auch, dass eine Frau durchaus imstande ist zu arbeiten, aber dennoch wird meine Tochter immer an erster Stelle stehen. Das wäre, glaube ich, auch der Wille meines Gatten gewesen.«
    Janices Gesicht wurde plötzlich wehmütig. »Ach ja, der arme Laurent! Es war ein furchtbarer Schock für die arme Louise. Besonders nach all den furchtbaren Dingen, die in früheren Jahren passiert sind.«
    »Furchtbare Dinge?«
    Janice betrachtete sie prüfend. »Hat man Ihnen noch nicht davon erzählt?«
    Helena schüttelte den Kopf.
    »Nun, Laurent war Louises zweiter Sohn. Der erste starb, bevor er ein Jahr alt wurde. Renard war sein Name, wenn ich mich richtig erinnere.«
    Obwohl Helena eigentlich nicht neugierig erscheinen wollte, konnte sie nicht umhin zu fragen: »Was ist denn passiert?« Laurent hatte ihr gegenüber nie etwas von einem Bruder erwähnt.
    »Der Kleine erlitt einen Zahnkrampf und

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