Sonne über Wahi-Koura
Heilerin sanft, bevor sie das Zimmer verließ.
Helena bemerkte es nicht. Überglücklich hob sie Laura aus der Wiege und legte sie an die Brust.
Sie war gerade mit dem Stillen fertig, als Louise ins Zimmer kam. Sichtlich bewegt trat sie an die Wiege. Die Sorge hatte tiefe Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Tränen rannen ihr über die Wangen.
»Mein kleiner Liebling«, flüsterte sie, als sie sanft über Lauras Köpfchen streichelte.
»Sie hatten Recht«, gestand Helena ihr zu. »Die Heilerin versteht ihr Werk.«
»Wenn ich ehrlich bin, habe ich selbst zu zweifeln begonnen«, antwortete Louise ein wenig zerknirscht. »Ich hatte Didier bereits wecken lassen, damit er notfalls in die Stadt fahren könnte.«
Helena lächelte. »Das war sehr freundlich von Ihnen.«
»Sie und Ihr Kind sollten sich heute ausruhen. Ich werde die tohunga bitten, noch einen Tag zu bleiben, für den Fall der Fälle.« Louise wandte sich zum Gehen.
»Vielen Dank!«, rief Helena, aber da fiel die Tür bereits ins Schloss.
2
Laura erholte sich in den folgenden Tagen prächtig. Ihr Appetit kehrte zurück, und weitere Fieberanfälle blieben aus. Zu gern hätte Helena sich bei der Heilerin bedankt, doch Sarah riet ihr, nichts zu sagen.
»Bei uns dankt man nicht mit Worten, sondern mit Taten. Sie sollten der tohunga ein Geschenk machen, Madam.«
Das verwirrte Helena ein wenig. Aber sie war nur zu gern bereit, sich den Gepflogenheiten der Maori anzupassen »Was hältst du denn für angemessen?«
»Vielleicht sollten Sie einen schönen Stoff besorgen. Oder Perlen für ihren Schmuck.«
»Wo kann man denn Perlen kaufen, die Ahorangi gefallen?«, fragte Helena, denn sie konnte sich vorstellen, dass die Maori auf ganz andere Dinge Wert legten als auf Strassschmuck oder die Edelsteine, die europäische Frauen trugen.
»Wenn Sie mal einen Bummel durch die Stadt machen, kann ich Ihnen einen Laden zeigen.«
»Das wäre sehr freundlich von dir.« Helena verschwieg, dass sie nach dem Angriff auf die Taufgesellschaft keine Lust auf einen Ausflug nach Napier verspürte.
Beim Mittagessen überraschte Louise Helena mit einer Ankündigung: »Ich habe mich nach einem Kindermädchen umgesehen.«
Helena ließ vor Schreck beinahe ihre Gabel fallen. »Ein Kindermädchen?«
»Ja, ich denke, dass Sie etwas Unterstützung gebrauchen können.«
»Aber bisher habe ich doch sehr gut für mein Kind gesorgt! Dass Laura krank geworden ist, liegt nicht an mangelnder Fürsorge.«
»Das habe ich auch nicht behauptet. Ich möchte lediglich eine erfahrene junge Frau, die Ihnen zur Seite steht.«
Schlagartig verging Helena der Appetit. Der Lammbraten lag ihr plötzlich wie ein Stein im Magen. Sie hält mich für unfähig, fuhr ihr durch den Kopf. »Entschuldigen Sie mich, Madame!« Wütend warf Helena die Serviette neben den Teller und verließ den Speisesaal.
In einem spontanen Entschluss rannte sie hinaus auf den Hof. Sie würde in den Weinberg laufen, um sich wieder zu beruhigen. Als sie um die Ecke des Kelterschuppens bog, stieß sie mit Newman zusammen.
»Holla, Madam, was ist denn los?«, fragte er, während er sie festhielt, bis sie sich wieder gefangen hatte.
Helena sah ihn scharf an, zwang sich jedoch zur Ruhe. »Meine Schwiegermutter will ein Kindermädchen für meine Tochter einstellen. Als ob ich nicht allein für Laura sorgen könnte!«
»Das können Sie sicher, Madam, aber ein wenig Hilfe wäre vielleicht nicht schlecht«, wandte Newman ein. »Die meisten Damen der Gesellschaft von Napier haben ein Kindermädchen.«
»Ich bin sehr gut imstande, meine Tochter allein aufzuziehen. Wenn ich noch in Deutschland wäre, hätte ich auch kein Kindermädchen.«
»Wirklich nicht?«, fragte Newman erstaunt. »Meine Mutter wäre froh gewesen, wenn sie so eine Hilfe gehabt hätte.«
Aber ich bin nicht Ihre Mutter! Helena biss sich auf die Lippen, versagte sich diesen Kommentar und marschierte davon. Was wusste Newman schon?
»Haben Sie mal drüber nachgedacht, dass Sie dank eines Kindermädchens auf dem Gut mitarbeiten könnten?«, rief er hinter ihr her.
Daran hatte Helena nicht gedacht. Bin ich denn so gefangen in den Vorurteilen gegenüber meiner Schwiegermutter?, fragte sie sich selbstkritisch und wandte sich um. »Meinen Sie wirklich, meine Schwiegermutter hätte das im Sinn gehabt?«, fragte sie unsicher.
Newman lächelte. »Ich weiß nicht, was Madame durch den Kopf geht, aber sie hat es bestimmt nicht böse gemeint. Wenn Sie das Kindermädchen
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