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Sonne über Wahi-Koura

Sonne über Wahi-Koura

Titel: Sonne über Wahi-Koura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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Junge hat er mir in den Ohren gelegen, dass er einmal Winzer werden wolle. Er folgte mir auf Schritt und Tritt, und manchmal hatte ich Mühe, ihn von den Pressen fernzuhalten. Aber dann wurde er erwachsen und rebellisch. Er hatte das Interesse am Wein verloren und beschäftigte sich nur noch mit Konstruktionszeichnungen und Büchern über die Fliegerei. ›Mutter‹, sagte er einmal, ›wärst du nicht neugierig, wie dein Weinberg von oben aussieht? Wärst du nicht gern der Sonne ganz nah?‹ Ich habe ihn gescholten, dass so etwas nicht im Interesse eines Weinbauern sei. Ich glaube, an diesem Abend habe ich ihn verloren ...« Louise verstummte. Tränen glitzerten in ihren Augen.
    Auch Helena kämpfte mit der Rührung. Sie ahnte, wie tief die Verletzung ging, die Laurent und Louise einander zugefügt hatten.
    Vielleicht kann ich sie durch den manaia ein wenig aufmuntern. Immerhin hat er mir heute Glück gebracht.
    »Ich habe vor einigen Wochen etwas in einem Ihrer Bücher gefunden. Die tohunga meinte, dass es ein manaia sei.« Sie legte den Greenstone behutsam auf die Bettdecke. Louise riss die Augen auf, vor Überraschung, wie Helena glaubte. »Sie erzählte mir, dass er Ihrer Großmutter gehört hat. Wenn Sie Verbindungen zu den Maori ...«
    »Nehmen Sie dieses Ding weg!«, fuhr Louise dazwischen und fuchtelte wütend mit den Händen. »Was fällt Ihnen ein, in meinen Sachen herumzuschnüffeln?« Ihre Stimme überschlug sich vor Aufregung.
    »Ich habe nicht geschnüffelt. Der Anhänger ist mir zufällig in die Hände gefallen, und ich wollte wissen, was es damit auf sich hat.«
    Louise zitterte am ganzen Leib. »Kümmern Sie sich nie wieder ...«
    Plötzlich brach sie ab und sank kreidebleich in die Kissen. Beim Anblick ihrer starren Augen fuhr Helena auf.
    »Madame?«
    Louise reagierte auch dann nicht, als Helena sie sanft an der Schulter berührte.
    Ist sie tot? Entsetzt schlug Helena die Hand vor den Mund. Dann stürmte sie hinaus.
    So schnell sie konnte, rannte sie zu dem Nebengelass, in dem Newman wohnte.
    »Wo ist Mister Newman?«, rief sie dem ersten Arbeiter zu, der ihr entgegenkam.
    »In seinem Zimmer, am Ende des Korridors.«
    Helena bedankte sich und hastete weiter.
    »Zane!« Mit aller Kraft donnerte sie gegen die Tür.
    Der Kellermeister trug kein Hemd und war offensichtlich schnell in die Hose geschlüpft, da er sie noch nicht gegürtet hatte. Wasserflecke auf seiner Brust deuteten darauf hin, dass er sich gerade gewaschen hatte.
    »Um Gottes willen, was gibt es denn?«
    »Meine Schwiegermutter ist ohnmächtig geworden. Sie müssen Fraser holen.«
    Newman griff nach seinem Jackett und stürzte nach draußen.
    »Ich konnte Didier nirgends finden. Also bin ich zu Ihnen gekommen«, rief Helena, während sie ihm zu den Ställen folgte.
    »Das war richtig. Gehen Sie wieder rein, ich komme so schnell wie möglich wieder.«
    Er verschwand im Stall und preschte nur wenig später auf einem Rappen an ihr vorbei.
    Während Helena auf den Arzt wartete, wich sie nicht von Louises Seite. Zwischendurch überprüfte sie immer wieder, ob ihre Schwiegermutter noch atmete. Der Versuch, ihr die Arznei der Heilerin einzuflößen, blieb erfolglos. Louise blickte starr nach oben und schien alle Kraft darauf zu verwenden, am Leben zu bleiben.
    Als Dr. Fraser endlich eintraf, schickte er Helena aus dem Krankenzimmer.
    Während sie unruhig vor der Tür auf und ab ging, erwog Helena, die tohunga zu rufen. Immerhin hat sie mir auch geholfen, als ich halb tot war, überlegte sie.
    Als die Tür nach einer schier endlosen halben Stunde endlich aufging, fürchtete Helena sich beinahe vor dem, was der Doktor sagen würde. Er trat mit ernster Miene zu ihr.
    »Wie geht es ihr, Herr Doktor?«
    »Sie ist wieder stabil. Aber der zweite Anfall war deutlich schwerer als der erste. Hat sie sich über irgendwas aufgeregt?«
    Helena senkte schuldbewusst den Kopf. Allerdings hatte sie nicht vor, Louises Verwandtschaft zu den Maori zur Sprache zu bringen. »Es ging ums Geschäft«, antwortete sie knapp.
    »Davon müssen Sie sie dringend fernhalten. Und auch von allen anderen Aufregungen. Offenbar ist es schlimmer, als ich dachte. Es ist ein Jammer, dass ich nicht auf eines dieser neuen Geräte von Doktor Röntgen zugreifen kann. Mit dessen Hilfe könnte ich Ihre Schwiegermutter durchleuchten und mir die schadhafte Stelle ansehen.«
    »Würde das denn etwas bringen?«
    Fraser schüttelte den Kopf. »Nein, nur die Gewissheit, wie weit das Aneurysma

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