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Sonne über Wahi-Koura

Sonne über Wahi-Koura

Titel: Sonne über Wahi-Koura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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etwas doch nicht zum ersten Mal, sagte sie sich. Du wirst Monsieur Rouget schon überzeugen.
    »Sind Sie bereit?«, fragte Newman, nachdem er Helena aus der Kutsche geholfen hatte.
    Sie nickte und tastete dann nach dem Medaillon und dem manaia unter dem hochgeschlossenen, mit Spitzen verzierten schwarzen Taftkleid.
    Die Möblierung im Stil des Empires verlieh dem Lions die Eleganz vergangener Tage. In Helenas Vorstellung sahen so englische Männerclubs aus. Zigarrenrauch hing in der Luft der Eingangshalle, die mit Mahagonisesseln vollgestellt war. Zwischen zahlreichen exotischen Kübelpflanzen saßen die Gäste, plauderten oder vertieften sich in eine Lektüre. Der Portier hinter dem Empfangstresen, der in einer tadellos sitzenden blauen Livree steckte, grüßte die Neuankömmlinge freundlich.
    »Dahinten ist er«, sagte Newman, während er unauffällig auf einen Tisch neben der Treppe deutete. Ein mittelgroßer, in einen dunkelgrauen Anzug gekleideter Mann blickte gerade von seiner Zeitung auf. »Ich drücke Ihnen die Daumen, Helena.«
    »Vielen Dank«, entgegnete sie und straffte sich.
    Schon faltete Rouget die Zeitung zusammen, erhob sich und kam mit langen Schritten auf sie zu. »Guten Tag, Mister Newman. Darf ich fragen, wer denn Ihre reizende Begleitung ist?«, rief er. »Ich habe Madame de Villiers erwartet!«
    »Das ist Helena de Villiers«, antwortete der Kellermeister lächelnd. »Die Schwiegertochter von Madame.«
    »Freut mich sehr«, antwortete der Weinhändler und gab Helena einen formvollendeten Handkuss. »Ich bin Rodolphe Rouget und ehrlich gesagt ziemlich überrascht. Was verschafft mir das Vergnügen?«
    »Madame fühlte sich heute nicht wohl«, antwortete Helena diplomatisch. »Da sie mich seit geraumer Zeit in die Geschäftsführung eingewiesen hat, gab sie mir den Auftrag, mit Ihnen zu verhandeln.«
    Rougets Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Es ist doch hoffentlich nichts Ernstes.«
    »Keine Sorge, Monsieur Rouget! Meine Schwiegermutter wird Sie beim nächsten Treffen wieder selbst begrüßen. Jetzt hoffe ich, dass wir die Verhandlungen zu einem guten Abschluss bringen können.«
    Der Weinhändler musterte Helena von Kopf bis Fuß, bevor er ihr und Zane bedeutete, ihm in den Speisesaal zu folgen.
    »Schwierige Zeiten sind über den Weinhandel hereingebrochen«, begann er, als alle drei an einem abseits stehenden Tisch Platz genommen hatten. »Die Weingüter leiden unter der drohenden Prohibition. Das geht Wahi-Koura sicher nicht anders, n'est-ce pas?«
    »Nun, wir beobachten das mit Sorge.« Helena tauschte einen kurzen Blick mit Newman, bevor sie fortfuhr. »Aber ich kann Ihnen versichern, dass sich das nicht auf unsere Produktivität auswirkt. Nicht wahr, Mister Newman?«
    »So ist es, Madam. Im Gegensatz zum Vorjahr haben wir den Ertrag sogar noch gesteigert.«
    »Das bedeutet, dass wir gern jene Lücken ausgleichen werden, welche die bankrotten Weingüter in Ihr Lager gerissen haben, Monsieur Rouget. Zu einem guten Preis, versteht sich.«
    Rougets Miene blieb geschäftsmäßig ernst. Dennoch blitzte so etwas wie Bewunderung in seinen Augen auf. »Ihre Schwiegermutter hat ganz offensichtlich eine aufmerksame Schülerin. Also gut, sprechen wir über den Preis.«
    Rodolphe Rouget erwies sich als ein harter, aber fairer Kunde. Helena bot ihm so gut wie möglich die Stirn. Am Ende des Gespräches durften beide Parteien mit dem Ergebnis zufrieden sein. Und Madame ist es sicher auch, dachte Helena, als sie dem Weinhändler zum Abschied die Hand schüttelte.
    Voller Überschwang über die erfolgreichen Verhandlungen beschloss Helena, den Gang zur Kirche mit einem kleinen Bummel durch die Stadt zu verbinden.
    »Ich muss mich ein wenig abreagieren, sonst fange ich noch zu tanzen an«, flüsterte sie Zane zu, als sie das Hotel verließen.
    »Das wäre für die Leute hier sicher ein netter Anblick«, gab er lächelnd zurück. »Madame würde das allerdings gar nicht gutheißen.«
    »Aus diesem Grund sehe ich davon ab und schaue mir stattdessen die Stadt zu Fuß an, bevor wir den Reverend aufsuchen. Würden Sie mich begleiten?«
    »Mit großem Vergnügen.« Zane strahlte.
    Nachdem er Didier gebeten hatte, ohne sie zur Kirche zu fahren und dort auf sie zu warten, hängte Helena sich bei Zane ein.
    »Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Augen der ganzen Stadt auf Sie gerichtet sind, Helena«, sagte er, als die Kutsche davonrollte.
    »Ich bezweifle, dass man mich hier kennt.

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