Sonne über Wahi-Koura
ist ein großes Glück, dass ich ihn habe.«
Der Sekretär lächelte geschmeichelt, blickte aber nicht von seinem Pult auf.
»Monsieur Pelegrin, würden Sie das bitte Madame zur Unterschrift vorlegen?« Helena streckte ihm eine schwarze Ledermappe entgegen.
»Natürlich, Madam.«
Mit der Mappe unter dem Arm verließ Pelegrin das Zimmer. Jetzt konnte sie endlich ungestört mit Zane reden.
»Wollten Sie der Heilerin nicht noch das Geschenk bringen?«, fragte er. »Ich würde Sie gern ins Dorf begleiten. Monsieur Pelegrin wird sicher auch ein Weilchen ohne Sie auskommen.«
Helena betrachtete ihre Finger, die mit Tintenflecken übersät waren. Eine kleine Pause könnte wirklich nicht schaden.
»Gut, ich komme«, sagte Helena und verließ das Büro.
Newman führte sie auf einen kleinen Pfad in Richtung Fluss. Hier war es angenehm kühl. Die Wolken über ihnen wirkten wie ein zarter Schleier auf blauem Grund.
»Das war wirklich eine gute Idee«, sagte Helena, während sie sich bei Zane einhakte. »Hier draußen fühle ich mich gleich leichter.«
»Kein Wunder bei all dem Papierkram, den Sie erledigen müssen. Für mich wäre das nichts.«
Helena pflückte einen Farnwedel und betrachtete versonnen die Samen an der Unterseite. »Wenn ich ehrlich bin, habe ich davon geträumt, wieder ein Weingut zu führen. Allerdings hätte ich mir bessere Umstände gewünscht.«
»Wissen Sie, was meine Mutter immer sagt?«, fragte Newman und antwortete gleich selbst. »›Egal, was dir im Leben widerfährt, Gott wird sich schon was dabei gedacht haben.‹«
»Eine fromme Aussage.«
»Aber sie stimmt. Schmerzen und Freude gehören gleichermaßen zum Leben. Große Verluste gleicht Gott meist wieder aus.« Er blieb stehen und sah sie eindringlich an. »Sie haben hier eine neue Heimat gefunden und eine wunderbare Tochter geboren, Helena. Und vielleicht finden Sie eines Tages ja auch eine neue Liebe.«
Helena war rot geworden. Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Erleichtert stellte sie fest, dass es hinter ihnen raschelte.
Ein Ruf ertönte, und die beiden Wächter traten aus dem Gebüsch.
»Wir wollen zur tohunga«, erklärte Helena und hob das Stoffbündel hoch. »Ich habe ein Geschenk für sie.«
Die Männer bedeuteten ihnen stumm, weiterzugehen.
Im Dorf herrschte rege Betriebsamkeit. Einige Männer kehrten von der Jagd zurück, während die Frauen vor ihren Hütten Mahlzeiten zubereiteten oder einfach nur miteinander plauderten.
Als Helena der Hütte der Heilerin zustrebte, kam diese ihr bereits entgegen. »Haere mei, tamahine von Huia. Was dich führt her? Ist Huia nicht gut?«
»Es geht ihr noch nicht gut, aber sie trinkt deine rongoa. Ihretwegen bin ich aber nicht hier. Ich möchte dir ein Geschenk machen.«
Sie streckte Ahorangi ihr Mitbringsel entgegen. »Du hast für mich und meine Familie so viel getan, dass ich dir auch etwas Gutes tun möchte.«
Ein Lächeln huschte über das Gesicht der Heilerin. Sie nahm das Päckchen entgegen und sagte: »Ihr kommen in meine Hütte und seien meine Gäste.«
Helena winkte Newman, der etwas zurückgeblieben war, aufmunternd zu. »Kommen Sie, Zane, die tohunga lädt uns ein.«
Die Einrichtung der Hütte war spärlich. Rings um die Feuerstelle lagen gelbe Fasermatten, an den Wänden stapelten sich Körbe mit Kräutern. Eine zusammengerollte Matratze in einer Ecke diente der Heilerin wohl als Schlafstätte.
Selten hatte Helena so einen aromatischen Duft eingeatmet. Er entströmte nicht nur den Körben, sondern auch kleinen Sträußen, die vor dem Fenster trockneten. Einige der Pflanzen hatte sie bereits an den Wegrändern entdeckt, andere waren ihr völlig fremd.
Zane und Helena ließen sich auf den Matten nieder. Die Heilerin stellte einen Korb mit Früchten und Fladenbrot vor ihnen ab und setzte sich dann ebenfalls.
»Selten pakeha kommen zu mir, um nur zu besuchen«, erklärte sie. »Viele suchen Rat.«
»Wie oft verirren sich denn Fremde hierher?«
»Nicht oft. Einige kommen zu handeln, aber reisen schnell weiter.«
»Gehen Sie hin und wieder in die Stadt?«, erkundigte sich Zane.
Die tohunga winkte ab. »Stadt nichts für mich. Ich bin alte Frau und werde gebraucht hier. Aber viele junge Leute wollen da leben, auch Männer aus unserem Stamm. Sagen, das Leben dort besser ist. Aber ich sehe, dass sie in Stadt vergessen Ahnen. Mana ihnen nicht mehr wichtig, und sie wollen auch kein moko, damit man nicht weiß, dass sie Maori sind.«
Helena verstand die
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