Sonne, Wind und Mord (German Edition)
im Ärmel
gewesen, er hatte groß auftrumpfen wollen mit der Verkündung einer dieser neuen
vielversprechenden Technologien. Er hatte viel Geld darin investiert. Und jetzt
hatte Peters ihm die Show gestohlen. Was steckte dahinter. Zufall sicher nicht!
Irgendwie war dieser Peters an seine Sachen herangekommen und hatte seine Pläne
durchkreuzt. Dass Smith mit ihm unter einer Decke steckte, war nicht abwegig.
Diese Zusammenarbeit verstand sich eigentlich von ganz allein. Peters konnte
mit den geklauten Fakten die Lorbeeren für die Arbeit anderer ernten. Smith -
als sein größter Unterstützer - würde vom Ruhm auch reichlich abbekommen, was
ihm aber wohl wichtiger gewesen sein dürfte, war die Tatsache, dass Michael
Greenly wie ein Hund im Regen dastehen würde. Der Mann, der vor der Konferenz
groß getönt hatte, dann aber völlig untergegangen war, weil andere ihm den Rang
abgelaufen hatten. Zweifelsohne wäre dies die größte persönliche Genugtuung für
den alten grantigen Senator gewesen.
Greenly saß noch immer im Konferenzsaal und
grübelte mit finsterer Miene vor sich hin. Abgesehen von zwei
Reinigungskräften, die alles für den morgigen Tag vorbereiteten, war niemand
mehr hier. Selbst Ohnanga war vor zehn Minuten gegangen. Zuvor hatte er ihm auf
die Schulter geklopft und gesagt: „Kopf hoch, Michael!“
Getröstet hatte ihn das jedoch keinesfalls.
Allein brütete Michael Greenly über seinen
Gedanken, aber er fühlte sich seltsam matt. So als habe er gerade eine sehr
lange und intensive Schachpartie verloren, obwohl er vor den letzten Zügen mit
dem Gefühl des sicheren Sieges dagestanden hatte, dann jedoch völlig
überraschend eine Niederlage hatte einstecken müssen. Der Umweltpolitiker kam
mit seinen Überlegungen nicht weiter. Natürlich wollte er etwas unternehmen,
aber er konnte nichts beweisen. Selbstverständlich konnte er Hauptkommissar Van
Houden anrufen und die beiden beschuldigen. Ohne triftige hieb- und stichfeste
Beweise jedoch, würde jemand, der halbwegs bei Verstand war, nicht den Befehl
erteilen, zwei international bedeutende, politische Gäste festnehmen zu lassen.
Selbst wenn Greenly diese erbrachte, war die Sache immer noch so heikel, dass
man sich schnell die Finger daran verbrennen konnte. Vor Monaten war die
Geschichte mit einem in der Schweiz festgenommenen Regisseur hochgekocht, der
wegen jahrelang zurückliegender Straftaten in die USA ausgeliefert werden
sollte. Proteste, Empörung, Drohungen. Ein Trommelfeuer der Medien gegen die
Schweizer Polizei war das Resultat gewesen.
Greenly wusste, dass bei der Polizei keine
Option lag. Er musste die Sache also selbst in die Hand nehmen. Wie genau er
das anstellen sollte, wusste er bisher noch nicht.
Ein eindringliches Räuspern hinter seinem
Rücken riss ihn aus den Gedanken. Verwirrt drehte Greenly den Kopf. Eine der
Reinigungskräfte stand hinter ihm und war nicht geneigt, um ihn herum putzen zu
müssen. Zwar sagte der Mann - an dessen Äußerem höchstens ein hängendes linkes
Augenlid auffiel - nichts, der Politiker verstand aber sehr wohl, dass er jetzt
besser gehen sollte. Er stand auf und verließ den Saal. Während er durchs Foyer
ging, überlegte er, wie es mit Dennis mittlerweile wohl aussah. Möglicherweise
war er schon wieder ansprechbar und konnte ihm einige nützliche Hinweise geben.
Greenly schaute auf die Uhr. Es war neun Uhr durch. Ein bisschen spät für eine
gewöhnliche Visite im Krankenhaus, andererseits war das auch keine
gewöhnliche Situation. Kurz zögerte er und wusste nicht recht, ob das
eine gute Idee war, schüttelte aber dann seine Zweifel ab. Einen anderen Plan
hatte er nicht, Dennis war der Einzige, der ihm jetzt noch helfen konnte. Wenn
er den Angreifer nicht gesehen hatte, war alles umsonst und Greenly würde mit
leeren Händen dastehen.
***
21:30 Oosterschelde, MS
Graafschap
Kees Bloemberg sah durch das Bullauge des
Schiffes der Küstenwache hinaus in die stürmischen Fluten der Oosterschelde,
die genau in diesem Augenblick seine Segelyacht verschlangen. Bert Van Heeligs
Segelboot verschwand mit einem letzten lauten Gluckern im Meer. Betrübt sah
Kees zu Boden, man hatte ihm seinen Regenmantel abgenommen und ihn in eine
warme Decke gehüllt, dazu hielt er einen großen Becher heißen Zitronentee in
den Händen. Gleiches galt für Ronald und Linda, die neben ihm saßen und ebenso
betrübt zusahen wie das Boot des Inspektors unterging. Sie waren gerade noch
rechtzeitig gerettet worden.
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