Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
geschleudert und landete auf dem Hintern, sprang jedoch sofort wieder auf, Wut und Furcht sirrten in ihrem Kopf. Ein Mann schrie, dass jemand das verdammte Ding erschießen sollte, aber niemand war bewaffnet. Ein Offizier der Luft – und Raumwaffe griff sich eine Gabel vom Büfett und stach damit in das Kugellager am Hals des Avatars. Macy packte ein Tablett, das von einer schwebenden Drohne getragen wurde, und hämmerte damit gegen den Kopf des Avatars, bis der Bildschirm einen Riss bekam und dunkel wurde und der Avatar sich abschaltete, entweder, weil er zu stark beschädigt war oder weil Euclides Peixoto die Verbindung unterbrochen hatte. Das würde sie nie erfahren.
Sie half dem Offizier dabei, die leblose und erstaunlich leichte Hülle des Avatars von Loc Ifrahims Körper herunterzuziehen. Er lag inmitten einer sich ausbreitenden Blutlache. Sein Blick war nach oben gerichtet, und er atmete nicht. An seinem Handgelenk konnte Macy keinen Puls finden. Sie öffnete seine Lippen und legte ihren Mund auf den seinen. Während sie sein Blut schmeckte, blies sie ihm ihren Atem in den Mund und presste ihre verschränkten Hände auf seine Brust, eins, zwei, drei, dann erneut beatmen. Sie war immer noch damit beschäftigt, als zwei Medizintechniker eintrafen. Aber alle Versuche, Loc Ifrahim wiederzubeleben, waren zum Scheitern verurteilt.
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– Zum ersten Mal in seinem Leben hat der arme Kerl versucht, etwas Gutes zu tun, schrieb Macy. Aber irgendein alberner Streich, den er Euclides Peixoto gespielt hat, ist nach hinten losgegangen und hat ihn das Leben gekostet. Ich habe ihn noch nie gemocht, aber es tut mir ehrlich leid, dass er tot ist. Ich denke, am Ende war aus ihm tatsächlich ein anderer Mensch geworden. Er wollte uns wirklich helfen. Natürlich hatte er auch dabei seine Hintergedanken. Er wollte an dem, was er als Wendepunkt in der Geschichte bezeichnete, teilhaben, um ein wenig Macht und Einfluss zu gewinnen. Aber trotzdem. Es tut mir leid, dass er tot ist. Und ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde.
– Euclides Peixoto ist derweil ebenfalls auf der Jagd nach Ruhm und Ehre. Er nähert sich dem Rand des Saturnsystems an der Spitze einer kleinen Flotte. Bereit, den Geistern entgegenzutreten. Wir wissen nicht, wie sein Gefechtsplan aussieht, aber er hat einen Großteil der militärischen Ausrüstung der DMB mit in die Schlacht genommen. Sämtliche brasilianische Schiffe natürlich und die europäischen Einmannjäger der Waldblume . Er verfügt also über zwei größere Kriegsschiffe, zwei Staffeln Einmannjäger und darüber hinaus über eine kleine Flotte umgebauter Schiffe aus dem Außensystem. Außerdem besitzt er ein kleines Arsenal Wasserstoffbomben.
– Wenn er die Geister tatsächlich besiegen sollte und nicht gelogen hat – und wir sind uns immer noch nicht sicher, wie viel von der kleinen Rede, über die ich dir in meiner
letzten Nachricht berichtet habe, der Wahrheit entspricht und wie viel nur Prahlerei und Einbildung war –, wird er sich mit den Besatzern im Jupitersystem verbünden. Der General, der die Besatzungsmacht dort anführt, ist vom alten Schlag und hat sich bisher geweigert, die neue Regierung Großbrasiliens anzuerkennen. Selbst wenn also für uns hier alles gut läuft, müssen wir uns immer noch überlegen, was wir deswegen unternehmen wollen.
Macy schrieb noch eine Weile weiter. Sie saß mit überkreuzten Beinen auf dem Bett in ihrer Kapsel, die Lichter zu einem schwachen Leuchten heruntergedreht. Es war zwei Uhr morgens Lokalzeit. Sie war hundemüde, erschöpft von ihrer Trauer, der Schwerkraft des Iapetus und den Überresten verbrauchten Adrenalins in ihren Adern. Nach dem Mord an Loc Ifrahim hatte eine lange Sitzung des Sicherheitsrates der DMB mit den Delegierten der freien Städte stattgefunden. Als einzige Vertreterin der Freien Außenweltler war Macy um ihre Teilnahme gebeten worden. Sie hatte ganz hinten gesessen, während ihre Haare noch von der Dusche trockneten, die sie genommen hatte, um Loc Ifrahims Blut abzuwaschen. Mit wachsender Ungeduld hatte sie dem Hin und Her der Argumente gelauscht, und es hatte kein Anzeichen dafür gegeben, dass es jemals zu einer Einigung kommen würde. Alle schienen sich auf ausgetretenen Pfaden zu bewegen und Ansichten zu verteidigen, zu denen sie schon vor langer Zeit gelangt waren. Sie legten viel zu viel Eigennutz und zu wenig Vertrauen oder Einigkeit an den Tag. Macy war erstaunt, dass niemand die
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