Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
zurück, dass seine Überwachungssatelliten die Explosionen der Wasserstoffbomben aufgefangen hatten. Außerdem hatten die Freien Außenweltler eine Debatte abgehalten und mit überwältigender Mehrheit dafür gestimmt, die neue Regierung
von Paris anzuerkennen und einen Dialog mit der Verwaltung der DMB zu beginnen.
– Das kommt ein bisschen spät, wenn du mich fragst. Aber viel mehr können wir nicht tun. Selbst wenn wir genügend Treibstoff hätten, würden wir neun Wochen brauchen, um ins Saturnsystem zu gelangen.
– Bleib in Kontakt, schrieb Macy zurück. Und ihr solltet euch schon mal darauf einstellen, ein paar Flüchtlinge aufzunehmen, falls das Ganze schiefgeht.
Sie bemerkte, dass sie Hunger hatte und schlang einen Beutel synthetischen Joghurt hinunter, der schwach nach verbranntem Gummi schmeckte. Die Holo-Uhr war neu gestellt worden und zählte nun die Minuten bis zum Eintreffen der Flotte der Geister beim Titan in weniger als einer Stunde. In dem überfüllten Raum brachen Streitigkeiten aus. Die brasilianische Botschafterin und Abbie Jones standen vor einer Memofläche und redeten mit Tommy Tabagee und anderen Mitgliedern des Sicherheitsrates auf Iapetus. Raphael, Sri Hong-Owens Vertreter, hatte sich mit Pete Bakaleinikoff unterhalten, und nun kamen beide durch die Menschenmenge auf Macy zu.
»Raphael will, dass ich die Teleskopwolke auf die Ringe richte«, sagte Pete. »Dort soll angeblich gleich etwas passieren, das alle sehen sollen.«
»Sie müssen es sofort tun, sonst verpassen Sie es«, sagte Raphael. Der Ausdruck von jos beunruhigend schönem, androgynem Gesicht war unmöglich zu deuten. »Und bitte, Macy, fragen Sie mich nicht, was passieren wird. Es ist so viel einfacher, es Ihnen zu zeigen, anstatt es zu erklären.«
Das Neutrum hatte sich bereiterklärt, nach Dione mitzukommen und bei der Überwachung der Evakuierung zu helfen. Damals hatte sich Macy gefragt, was für Hintergedanken jo dabei wohl haben mochte, und jetzt verspürte
sie ein starkes Unbehagen, das sich wie eine kalte Schlange in ihren Eingeweiden wand.
Sie sagte zu Pete: »Würde es lange dauern, die Teleskope herumzuschwenken?«
Der alte Mann fuhr sich mit der Hand über den blassen, fleckigen Schädel. »Nicht lange, nein. Aber wir würden dadurch die Sicht auf die Flotte der Geister verlieren.«
»Im Moment ist das, was bei den Ringen passieren wird, wichtiger«, sagte Raphael. »Natürlich gibt es noch andere Teleskope. Aber Ihres ist das nützlichste, weil es sich direkt über der Ringebene befindet.«
»Wahrscheinlich würde es nichts schaden, einen kurzen Blick dorthin zu werfen«, sagte Macy zu Pete.
»Das habe ich auch gedacht«, sagte er. »Aber du hast hier das Sagen.«
Sie lachte, ein nervöses Bellen. »Erzähl nicht so einen Unfug!«
»Das ist kein Unfug«, sagte Pete, setzte sich seine Spex auf und begann, mit den Händen in der Luft herumzufuchteln.
Die große Memofläche in der Mitte des Raumes wurde schwarz, und dann war eine Ansicht der karamellfarbenen Kugel des Saturns und der sonnenbeleuchteten Seite seiner Ringe zu sehen. Ein breiter Bogen, der aus einzelnen Fäden und Bändern verschiedener Helligkeit und Farbe bestand, in Braun und Beige und geisterhaftem Grau. Dazwischen befanden sich dünne schwarze Lücken und der breite, rußfarbene Streifen der Cassinischen Teilung.
Raphael lachte, trat mit verführerischer Anmut an die Memofläche heran und zeigte auf eine Ansammlung winziger heller Lichter nahe der Keeler-Lücke am Außenrand des A-Rings. Fünf, zehn, zwanzig Lichtquellen, die sich eindeutig von der Ringebene wegbewegten.
»Schiffe!«, riefen mehrere Leute, und jemand anderes sagte, dass das nicht möglich sei. Es seien zu viele, und außerdem würden sie für Schiffe zu schnell beschleunigen.
»Was immer das ist, es befindet sich auf einem Abfangkurs«, sagte Pete.
Er öffnete ein Fenster mit einer schematischen Darstellung des inneren Systems und zeichnete einen Bogen, der vom Saturn wegführte und mit der Flugbahn der Geisterflotte zusammentraf, kurz vor ihrer Ankunft beim Titan.
Die Augen aller Anwesenden waren jetzt auf die Memofläche gerichtet. Raphael wandte sich ihnen zu, ein breites, glückliches Lächeln auf jos Gesicht, die Hände erhoben, als wollte jo einen Segen aussprechen. »Dies ist ein Geschenk von Sri Hong-Owen«, sagte das Neutrum. »Sie hat beschlossen, diese Samen für das unmittelbare Wohl der Allgemeinheit zu opfern.«
»Samen? Das sind
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