Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
Sohn habe ich ein paar … Vorteile mit auf den Weg gegeben«, sagte Sri.
»Ist er hier?«
»Er leitet eine Forschungseinrichtung in der Antarktis.«
»Schade. Er und ich, wir haben etwas gemeinsam.«
»Mein anderer Sohn, Berry, lebt hier. Möglicherweise lässt es sich einrichten, dass du ihn kennenlernen kannst.«
»Meine Mutter hat mich erschaffen«, sagte Yuli. »Sie ist kein besonders geselliger Mensch. Andere Menschen versteht sie einfach nicht. Meistens versteht sie nicht einmal sich selbst. Aber als Großbrasilien vor zehn Jahren Kontakt zum Außensystem aufgenommen hat, glaubte sie, dass zum ersten Mal die Möglichkeit einer echten und dauerhaften Versöhnung mit der Erde bestand. Und sie beschloss, daran mitzuarbeiten. Sie glaubte, einen wertvollen Beitrag leisten zu können – wie bei dem Biom in Rainbow Bridge. Und
weil sie sich von den ganzen politischen Intrigen nicht ablenken lassen wollte, hat sie eine Mannschaft von Ratgebern um sich versammelt, und sie hat mich geschaffen und mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich sollte ihr erklären, was die Leute von ihr wollten und wie sie am besten mit ihnen umgehen sollte. Aber das Komische war: Sie hat nicht auf mich gehört. Wenn ich ihr einen Rat gegeben habe, hat sie meinen Worten stets aufmerksam gelauscht und sie dann verworfen. Sie hat einfach so weitergemacht wie immer. Als die sogenannte gemeinsame Expedition der Erde im Saturnsystem eingetroffen ist und ein äußerst provokantes Verhalten an den Tag zu legen begann, habe ich ihr geraten, die Vorstellung aufzugeben, dass ein Frieden mit der Erde möglich sei. Und ich habe ihr gesagt, dass sie sich von den Leuten fernhalten solle, die entgegen den Tatsachen immer noch glaubten, dass sich ein Krieg vermeiden ließe. Aber sie hat nicht auf mich gehört. Nein, sie hat sich zur Galionsfigur der Friedensbewegung gemacht und ihre Freiheit den Prinzipien dieser Leute geopfert. Und meine Freiheit ebenfalls. Als der Krieg ausgebrochen ist und uns die Flucht gelang, habe ich ihr geraten, bei Macy Minnot zu bleiben, die zwar nicht gerade die Hellste ist, aber schon einiges überlebt hat. Und wieder war sie der Meinung, dass sie es selbst besser weiß, und ist alleine losgezogen. Wahrscheinlich um zu schmollen, sich ihre Wunden zu lecken und darüber nachzudenken, an welcher Stelle sie sich geirrt hat.«
»Mein Ratschlag wird auch oft nicht beachtet«, sagte Sri. »Ich weiß, wie frustrierend das sein kann.«
Sri versuchte, eine Verbindung zu dem Mädchen herzustellen, indem sie ihr gegenüber Mitgefühl zum Ausdruck brachte und Gemeinsamkeiten betonte, wie die beiden Psychologen es ihr geraten hatten. Aber Yuli lachte nur und sagte spöttisch: »Glauben Sie wirklich, dass wir uns in irgendeiner
Weise ähnlich sind? Vielleicht ähneln Sie ein klein wenig meiner Mutter. Aber Sie und ich, wir haben nichts gemeinsam. Wenn Sie wollen, sage ich Ihnen auch, warum.«
»Bitte«, erwiderte Sri so ruhig wie möglich.
»Ich hoffe um Ihretwillen, dass Sie Ihren Sohn nicht allzu sehr verändert haben, Professor Doktor. Ich hoffe, Sie haben kein wirklich übermenschliches Monster aus ihm gemacht. Ein Geschöpf, das Menschen wie Ihr General zu Recht fürchten. Denn wenn Sie das getan haben, wird er Sie vernichten. So ist das nun mal mit den Monstern. Sie sind nicht dankbar für die sogenannten Gaben, die sie erhalten haben. Möglicherweise sind sie froh darüber, weil sie dadurch aus der Menge herausstechen, oder sie hassen sie aus genau dem gleichen Grund. Aber sie werden niemals dankbar sein. Warum? Weil diese Gaben sie von anderen Menschen unterscheiden, ihrem Schöpfer eingeschlossen. Ja, die alte Geschichte, Frankenstein und sein Monster, der Stoff, aus dem Milliarden billiger Romane, Filme, Sagas und Musicals entstanden sind. Aber der Grund, warum diese Geschichte so lange überlebt hat, ist einfach der, dass sie eine grundlegende Wahrheit enthält: Die Monster sind immer einsam, weil sie keine normalen Beziehungen zu normalen Menschen haben können. Die Menschen fürchten und verfolgen die Monster, weil sie anders sind. Und die Monster verachten und quälen die Menschen, weil sie trotz ihrer Schwäche und Unterlegenheit etwas besitzen, das den Monstern fehlt: die Kameradschaft der Menge. Deshalb sind die Monster so voller Verachtung. Und diese Verachtung verwandelt sich in Hass, der Hass wird zu Wut, und dann beginnt das ganze Gerenne und Geschrei und das Töten und die Zerstörung. Ich sollte das wissen«,
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